Man solle nie versuchen, den Markt zu «timen», sagt Derendinger und meint damit, den perfekten Moment finden zu wollen, um zu investieren. Das sei illusorisch, erklärt er, der in seiner nunmehr bald 30-jährigen Karriere im Finanzwesen bereits eine Reihe von Zyklen und damit verbundene Kurseinbrüche erlebt hat. Wichtig sei, über Jahre konsistent zu investieren.

«Diversifikation über die Zeit ist der wichtigste Erfolgsfaktor im Geschäft mit Privatanlagen», betont er. Wie beim Wein gebe es gute und schlechte Jahrgänge, aber auch in schlechten Jahren ausgezeichnete Winzer. «Über die Jahre gleichen sich diese jedoch aus, so dass man mit einem gut konstruierten Portfolio selbst eine Finanzkrise gut überstehen kann, wie wir sie vor elf Jahren erlebt haben», sagt Derendinger.

Schwierige Anfangsjahre

Um beim Vergleich mit dem Wein zu bleiben, sagt Derendinger auch: «Private-Equity-Investitionen sind wie einen Rebberg pflanzen. Der Aufbau eines Portfolios verläuft langsam. Die ersten paar Jahre sind immer schwierig, weil es seine Zeit dauert, bis die ersten Ausschüttungen folgen und das Engagement eine Wachstumskurve aufweist», erklärt er. Das sei nicht jedermanns Sache.

Selbst wenn das Tief- und Negativzinsumfeld sowie die stolz bewerteten Börsen viele institutionelle Anleger dazu gebracht haben, sich vermehrt mit alternativen Investmentformen zu befassen, ist der Auf- und Erklärungsbedarf zu diesem Thema noch enorm, wie Derendinger weiter feststellt.

Gespräche, viele Gespräche

«Man muss die Investoren an das Thema heranführen und wissen, was ihre Bedürfnisse sind – welchen Zeithorizont sie haben, wie hoch ihr Private-Equity-Anteil gemessen am Gesamtportfolio sein kann, und welche Baissen sie aussitzen können. Und diese ganze Aufklärungsarbeit ist nicht mit einem einzigen Mal getan», betont der Fachmann, sondern müsse immer aufs Neue geschehen. «Man kann den Kunden nicht einfach etwas zum Lesen geben, es braucht Gespräche, viele Gespräche.»

Neben den Privatmarkt-Mandaten, welche die Firma Alpha Associates betreut, gilt ihr Augenmerk vor allem der kotierten Private Equity Holding, einer Investmentgesellschaft, die vor 15 Jahren aus dem Schweizer Lebensversicherer Swiss Life herausgelöst wurde und nach Fehlinvestitionen im Boom der New Economy zur Jahrtausendwende massiv restrukturiert werden musste.

Indem Derendinger und seine Mitstreiter sich in der Folge mit eigenem Geld an der Gesellschaft beteiligten – inzwischen halten sie 35 Prozent der Aktien – signalisierten sie der Anlegergemeinde ihre Absicht, das Unternehmen nachhaltig zum Erfolg zu führen.

Misstrauen vieler Anleger

Dafür war allerdings über viele Jahre auch einiges an Überzeugungsarbeit nötig. Denn die Private Equity Holding notiert an der Börse bis heute mit einem Discount, also zu einem tieferen Kurs als die im Portefeuille gehaltenen Anlagen in ihrer Gesamtsumme. Dies illustriert gut das Misstrauen, das viele Investoren in Bezug auf Privatmarktanlagen respektive auf PE-Investmentgesellschaften hegen, die kotiert sind.

Vor diesem Hintergrund trafen die Verantwortlichen von Alpha Associates 2010 zwei Massnahmen: Erstens begannen sie, Aktien der Private Equity Holding periodisch zurückzukaufen, um eine Gewinnverdichtung zu erreichen, und zweitens verpflichteten sie sich zu einer nachhaltigen Dividendenpolitik.

Cashflow für neue Engagements

Beides trug offenbar Früchte, denn inzwischen hat sich der Discount verringert, und der Kurs der Private Equity Holding konnte die Volatilität markant senken. Vor diesem Hintergrund soll der Fokus des Unternehmens wieder vermehrt auf Investitionen zielen, wie Derendinger gegenüber finews.ch erklärt. Zwar wolle man an einer nachhaltigen Dividendenpolitik mit einem Richtwert von drei Prozent Dividendenrendite festhalten. Doch parallel dazu soll der Cashflow verstärkt in neue Engagements fliessen, denn nur so könne der Wert der Aktie auch langfristig steigen.

Trotz der eingangs von Fachleuten befürchteten Hoch- oder gar Überbewertung der Finanzmärkte sieht Derendinger selber ein intaktes Potenzial, um in den nächsten Jahren mit Privatmarktanlagen Geld zu verdienen. Attraktive Anlagemöglichkeiten ortet er nicht zuletzt in der Digitalisierung, zumal Private Equity im Venture-Bereich eine lange Tradition hat. «Fintech-Themen sind für uns nicht ganz neu», sagt er, «es gab schon vor zwanzig Jahren Software-Firmen, die mit Private Equity gross geworden sind.»

Warnung vor der Digitalisierung

Allerdings warnt Derendinger davor, Digitalisierung per se als Allheilmittel zu betrachten. «Nicht alles, was digital als Label hat, ist wirklich digital», betont er und rät den Anlegern, bewusst eine Trennung zu machen, zwischen dem, was sie an Innovationen persönlich interessiere und dessen, was viele Menschen begeistern könnte und damit auch monetisierbar sei.

Einen klaren Trend sieht Derendinger mit Blick nach Asien – ein absoluter Wachstumsmarkt, der in den Private-Equity-Portfolios noch völlig untervertreten ist. Doch selbst wenn sich dies in den nächsten Jahren höchst wahrscheinlich ändern werde, sei Vorsicht angezeigt. «Die Qual der Wahl in diesen Ländern schränkt auch ein, denn selbst wenn sich Private Equity bereits etabliert hat, ist die Erfahrung mancher Investmentteams nicht immer die beste», weiss Derendinger, «ein Markt braucht immer eine gewisse Reife, um nachhaltig attraktiv zu sein.»

Komplexe Branche

Die Schweiz mag zwar eine gewisse Tradition in Sachen Privatmarktanlagen besitzen, zumal sie ein zweifelsohne reifer Markt ist. Doch die begrenzte Grösse mache es schwierig, grössere Engagements einzugehen, sagt Derendinger, das gehe allen Schweizer Private-Equity-Investoren so. Darum würden sie ihr Einzugsgebiet über die Schweiz hinaus auf die gesamte DACH-Region, also auch auf Deutschland und Österreich ausdehnen.

Angesprochen auf die umtriebige Fintech-Szene im Zuger Crypto Valley relativiert Derendinger seine Erwartungen. «Kryptowährungen sind generell kein Thema unter Private-Equity-Managern», sagt er. Dafür fehlten diesen digitalen Zahlungsmitteln die nötige Kredibilität, um in einer an sich schon komplexen Branche wie Private Equity bestehen zu können.

Blockchain viel riskanter

Auch der Blockchain-Technologie, die in Bankenkreisen immerhin eine gewisse Akzeptanz findet, begegnet Derendinger mit Skepsis. «In welchen Bereichen braucht es sie wirklich», will er wissen und folgert: «Die Vorstellung der Blockchain als Allheilmittel hat sich mittlerweile zu Recht verflogen. Viele Peer-to-Peer-Transaktionsformen, die die Blockchain ermöglicht, sind letztlich doch viel riskanter als diversifizierte Systeme», betont Derendinger, der mit seinem Anlagegeschick in den vergangenen zwanzig Jahren durchaus eine gute Nase hatte – gerade was unkonventionelle Investments betrifft.


Peter Derendinger ist Gründungspartner und CEO von Alpha Associates. Vor Entstehen dieser Gesellschaft war er ein Jahr lang für das operative Geschäft von Swiss Life Private Equity Partners verantwortlich, dessen Geschäft Alpha Associates im Rahmen eines Spin-outs Anfang April 2004 übernahm. Nach einer Karriere als Rechtsanwalt wechselte er 1989 zur Credit Suisse, wo er verschiedene Führungspositionen innehatte und zuletzt Chief Financial Officer und Leiter des Corporate Centers der Private Banking-Division war. Er hält einen Doktortitel der Rechtswissenschaften von der Universität Fribourg, Schweiz und einen LL.M. von der Northwestern University School of Law, Chicago. Seit gut zwei Monaten ist Derendinger Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse (Schweiz).

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