Finanzinstitute haben eine ihrer zentralsten Rolle in einer Ära vergessen, in der sich Daten zum wertvollsten Gut der Welt entwickeln, erklärt Serguei Beloussov, CEO und Co-Gründer von Acronis, gegenüber finews.ch.


Serguei Beloussov, zwischen 10 und 20 Prozent Ihrer Kundschaft gehören der Finanzdienstleistungsbranche an. Was stand für sie während der Krise im Vordergrund?

Es war eine Kombination – aus Kundenschutz, aber auch zunehmend aus Remote-Büros und der Sicherung von allem, was sich am Arbeitsplatz befindet.

Wie sehr hat Acronis also von der Krise profitiert?

Wir liegen beim Neugeschäft leicht über den Zielvorgaben. Wir vertreiben in der Regel über Managed Service Provider, die kleine und mittlere Unternehmen zur Verwaltung ihrer Infrastruktur nutzen. Aus diesem Grund ist unser Geschäft hoch skalierbar. Wir sind während der Krise gewachsen, aber vielleicht nicht so dramatisch wie, sagen wir, Zoom.

Apropos Zoom: Einige Banken haben die Nutzung aus Sicherheitsgründen verboten. Wir sprechen jetzt über Zoom miteinander – bedeutet das, dass es sicher ist?

Der Löwenanteil des Videokonferenzmarktes wird von Microsoft, Google, Cisco und Zoom gehalten. Keiner von ihnen ist sicher oder privat, wenn nicht Software wie unsere hinzugefügt wird.

Welche Schwachstellen sehen Sie auf dem Schweizer Finanzdienstleistungsmarkt?

Ein grosses Problem sind Banken, die die Kommunikation ihrer Mitarbeiter mit Kunden einschränken. Eine Einschränkung macht sie nicht sicherer. Die Leute laufen um die Sicherheitsmassnahme herum, weil die sicheren Methoden zu umständlich sind. Für Banken ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass Ihre Mitarbeiter und Ihre Kunden auf die produktivste Art und Weise kommunizieren. Wenn nicht, werden sie einen produktiveren Weg finden, der unsicher sein könnte.

Was sind weitere Schwachstellen?

Banken sind nur sicher, wenn der Kunde sicher ist. Daher müssen sie dafür sorgen, dass der Kunde von einem sicheren Gerät aus mit ihnen kommuniziert. Wenn nicht, dann ist alles, was sie in Sachen Sicherheit tun, ein bisschen verlogen. Banken sprechen seit etwa 15 Jahren davon, ihren Kunden bei der Sicherung ihrer Geräte zu helfen.

Die meisten Privatbanken verfügen über sichere digitale Anwendungen.

Es geht nicht nur um die Anwendung. Es geht auch darum, den Kunden dabei zu beraten, wie er sein Mobiltelefon oder seinen Desktop sichern kann, um kommunizieren zu können. Sicherheitsbeauftragte in Banken neigen zu der Annahme, dass es für die Bank kein Problem darstellt, wenn sich jemand in das Gerät eines Kunden einhackt. Rechtlich gesehen ist es das nicht, aber praktisch gesehen ist es das ganz sicher. Was ist, wenn der Kunde aufgrund eines Hacks einen finanziellen Verlust erleidet?

Was können Banken dagegen tun?

Menschen gehen für Transaktionen oder Investitionen zu Banken, aber ich glaube, ihre Beschützerrolle ist ein wenig in Vergessenheit geraten. Banken können den Kunden viel mehr auch als Sicherheitsberater dienen. Spezialisierte Sicherheitsunternehmen verstehen das Wesen dieser Beziehung nicht unbedingt so gut wie eine Bank.

Mit welchen Banken auf dem Schweizer Markt arbeiten Sie zusammen?

Ich bin mir sicher, dass jede Bank ein wenig von unserer Software verwendet, die Frage ist nur, wer sie auf breiter Ebene einsetzt. Ich kann keine Namen nennen, aber es ist unser Heimatmarkt und wo wir den höchsten Marktanteil haben.

Was sind Ihre finanziellen Ziele?

Wir haben einen Umsatz von etwa 600 Millionen Dollar und unser Ziel ist es, in diesem Jahr um etwa 50 Prozent zu wachsen.

Gibt es momentan Fusionen oder Übernahmen, die Sie interessieren könnten?

Es geht immer um Cyber-Schutz: Entweder verbessern wir unseren durch ein Unternehmen in den Bereichen Privatsphäre sowie Sicherheit und Schutz oder eine Kombination aus beiden. Wir schauen uns aber auch Unternehmen an, die unser Partnerangebot verbessern.

Wie sieht es mit einem Börsengang aus?

Unsere Finanzinvestoren wie Goldman Sachs werden nach einem Ausstieg suchen, und wir werden das auch tun. Ich denke, es ist gesund für das Unternehmen, liquide Anteile zu haben. Zusätzlich ist es einfacher für Fusionen und Übernahmen, oder weil wir unsere Mitarbeiter in unserem Geschäft mit Anteilscheinen motivieren müssen. Es besteht keine Eile. Weder in diesem noch im nächsten Jahr. Vielleicht 2022 oder 2023 – bei der gegenwärtigen Situation ist das schwer vorherzusagen.


Serguei Beloussov ist CEO und Co-Gründer von Acronis, einer in Schaffhausen ansässigen Cyber-Sicherheitsfirma. Die Fintech-Firma hat im vergangenen Jahr eine Finanzierung in Höhe von 147 Millionen Dollar von der US-Investmentbank Goldman Sachs erhalten. Beloussov, der die Staatsbürgerschaft Singapurs besitzt, hat mehrere Firmen gegründet oder mitgegründet, darunter Qwave, eine Risikokapitalfirma, die sich auf Investitionen in die Materialwissenschaft konzentriert. Der 48-Jährige hat am Moskauer Institut für Physik und Technologie in Informatik promoviert. 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.3%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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