Der Skandal des deutschen Bezahldienstleisters Wirecard ist auch ein Skandal für die Prüfgesellschaft EY. Wirecard-Manager Jan Marsalek übertölpelte die Buchprüfer eins ums andere Mal – mit bühnenreifen Inszenierungen.

Jan Marsalek ist ein bunter Hund und ein Geheimniskrämer. Der von Interpol gesuchte operationelle Chef (COO) des in einen Milliarden-Betrugsskandal verwickelten deutschen Fintechs Wirecard zeigte sich gerne als Bonvivant in Münchens Schickeria. Gleichzeitig pflegte er offenbar auch Beziehungen zum russischen Geheimdienst und soll die Absicht gehabt haben, in Libyen eine Privatarmee auf die Beine zu stellen.

Im Wirecard-Betrug spielte Marsalek offenbar eine Schlüsselrolle. Der 40-jährige Österreicher hatte die Prüfgesellschaft EY jahrelang hinters Licht geführt und Gelder auf Konten vorgetäuscht, die nicht existierten.

Ein Illusionstheater

Das deutsche «Manager Magazin» (Artikel bezahlpflichtig) schreibt dazu, Marsalek habe ein regelrechtes Illusionstheater inszeniert, um die erfahrenen Revisoren der deutschen EY-Gesellschaft zu täuschen.
Besonders gefordert sei Marsalek zwischen Anfang Januar und Ende April gewesen, in den Wochen und Monaten also, bevor EY hätte die Wirecard-Zahlen testieren sollen.

Der Manager habe alles getan, um die Mär vom wachstumsstarken und ertragreichen Börsenstar und DAX-Mitglied fortzuspinnen, heisst es in dem Artikel. Der Schulabbrecher ging dabei sehr weit, wie das «Manager Magazin» aus dem Sonderbericht der forensischen Ermittler von KPMG entnommen hat.

Schauspieler engagiert

Aufgebaut war das Illusionstheater rund um die 1,9 Milliarden Euro, die Wirecard angeblich auf Treuhandkonten bei zwei philippinischen Banken deponiert hatte. KPMG berichtet, dass ihren Sonderprüfern die Existenz der Konten sowie die Höhe der eingelegten Summen Anfang März bei einem Besuch in den Niederlassungen der BDO Unibank und der Bank of the Philippine Islands mündlich bestätigt wurde. Auch die EY-Leute seien mit dem gleichen Resultat aus den Philippinen zurückgeflogen.

In einer Videokonferenz, die EY-Mitarbeiter zudem im April mit Vertretern der Banken führte, versicherten diese erneut, Treuhandkonten und Einlagen existierten.

EY bemerkte den Schwindel erst in letzter Sekunde – kurz vor der geplanten Veröffentlichung der testierten Wirecard-Zahlen. Marsalek, so wird nun gemutmasst, habe Bankmitarbeiter bestochen und Schauspieler für die Videokonferenz engagiert.

Erst zuletzt in der Zentrale nachgefragt

Immerhin prüften die EY-Leute diese Bankmitarbeiter und bemerkten, dass diese gar nicht existierten. Erst dann erkundigte sich EY in den Zentralen der Banken, anstatt den Zweigstellen-Mitarbeitern zu vertrauen.

Ausserdem forderten sie vier Probeüberweisungen à 110 Millionen Euro, um die Existenz der 1,9 Milliarden Euro hinreichend belegen zu können. Als die Geldtransfers ausblieben und die Banken die Bestätigungen zu Fälschungen erklärten, verweigerten die Prüfer das Testat.

COO Marsalek soll die Scharade angeführt haben, sein Anwalt äusserte sich dazu nicht. Markus Braun, der inhaftierte CEO von Wirecard, beharrt darauf, von den Fälschungen in der Bilanz nichts gewusst zu haben.

Ohne EY wäre Wirecard nicht in den DAX gekommen

Jedenfalls hatten Braun und Marselek lange wenig von EY zu befürchten. Ohne die Testate der vergangenen zehn Jahre wäre Wirecard nie in den deutschen Leitindex DAX aufgestiegen, so das «Manager Magazin». «Die Prüfer waren zahnlos wie Ameisenbären.»

Bei der Prüfung der Treuhand-Konten bei der OCBC Bank in Singapur habe sich EY mit Bestätigungen der Treuhandfirma Citadelle zufrieden gegeben. An das Geldhaus selbst wandten sie sich mit Hinweis auf das strikte Bankgeheimnis in Singapur nie. Immerhin ging es bei diesen Gelder um rund ein Viertel der Vermögenswerte in der Wirecard-Bilanz.

EY fürchtet um die Kunden

Pikant ist, dass die Prüfer der Beratungsfirma KPMG die Kollegen von EY mit diesem Sonderbericht regelrecht in die Pfanne hauen. Die EY-Berater, die in Deutschland mit Beratungen im vergangenen Jahr knapp 40 Prozent des Umsatzes und einen Grossteil der Gewinne eingefahren haben, fürchten nun um ihre Kunden dort.

Zwei interne Untersuchungen leitete Deutschland-Chef Hubert Barth inzwischen ein, um die Vorwürfe auszuräumen, dass bei Wirecard die internen Kontrollsysteme versagt hätten. Die globale Zentrale in New York drängt auf schnelle Resultate.

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