Hierzulande hat sich bald jeder Finanzkonzern einen eigenen Wagniskapital-Fonds zugelegt. Allianz X aus Deutschland spielt allerdings in einer anderen Liga.

Einmal Nazim Cetin (Bild unten) sein: Der Chef des Wagniskapital-Fonds Allianz X verfügt derzeit über nicht weniger als 1 Milliarde Euro, die er in digitale Geschäftmodelle investieren darf. Damit kann der Venture-Fonds des deutschen Finanzkonzerns Allianz sogar nach «Einhörnern» greifen, nach den begehrtesten Startups mit Milliardenbewertung also.

Einfach mal andocken

Einige dieser raren Kreaturen finden sich bereits im Beteiligungs-Portefeuille von Allianz X. So die deutsche Neobank N26, die auch in der Schweiz den angestammten Banken das Zahlungsgeschäft streitig macht. Oder das New Yorker Insurtech Lemonade, dessen mit 2,75 Milliarden Dollar bewertetes Börsendebut im letzten Juli viel Geld in Cetins Kassen spülte.

Dabei darf der Fondschef bei der Suche nach Investments den Blick weit schweifen lassen. «Wir schliessen bei der Digitalisierung nichts aus», sagte er jüngst gegenüber dem deutschen Handelsblatt (Artikel bezahlpflichtig). Synergien zum Mutterkonzern Allianz sind dabei nicht zwingendes Kriterium. Eher begreife man sich als Docking-Station, an der Partner ankoppeln, erklärte Cetin.

Cetin 500

Spät dazugestossen

Geschäftsmodelle andocken und sehen, was daraus entsteht: Dieses Vorgehen macht inzwischen auch bei Schweizer Banken und Versicherern Schule. Die meisten von ihnen haben sich dazu ebenfalls Wagniskapital-Fonds zugelegt, von denen nicht wenige bestens dotiert sind.

Relativ spät zum dazugestossen ist vergangenen Oktober die Grossbank UBS. Die Schweizer Marktführerin plant mit dem Programm UBS Next, rund 200 Millionen Dollar in digitale Startups zu investieren. Ein Teil der Summe ging dabei an die bekannte Wagniskapital-Geberin Anthemis, die weltweit in Startups investiert und mit der auch der Basler Allversicherer Baloise zusammenarbeitet.

Digitale Ökosysteme im Fokus

finews.ch wertete das neue Programm als Zeichen, dass die Grossbank nun vermehrt zukauft, anstatt vor allem auf Inhouse-Entwicklungen zu setzen. So beteiligte sich das Institut am Immobilien-Startup Houzy, dessen Angebot nun Teil eines neuen digitalen «Ökosystems» rund ums Wohnen bei der UBS wird.

Auch die Versicherer Helvetia, Zurich und Baloise arbeiten mit ihren jeweiligen Wagniskapital-Programmen an Ökosystemen. Die UBS-Rivalin Credit Suisse (CS) betreibt das eher klassisch ausgerichtete Investmentvehikel Credit Suisse Entrepreneur Capital, das mit 200 Millionen Franken dotiert ist und in KMU und Startups aller Art – darunter auch Fintechs – investiert. Hinzu kommt der Swiss Entrepreneur Fund, an dem neben der CS auch die UBS und der Versicherer Mobiliar beteiligt sind.

Insurtech führte Reigen an

Die ZKB betreibt ihrerseits einen Wagniskapital-Fonds, der seit Jahren breit in Startups verschiedener Branchen investiert, wobei aber eher der staatliche Leistungsauftrag an die Bank im Vordergrund steht.

Das Geld für Jungfirmen sprudelt dabei in Massen, wie zumindest die Statistik des letzten Jahres zeigte. Gemäss dem Swiss Venture Capital Report flossen der Schweizer Startup-Szene 2019 knapp 2,3 Milliarden Franken zu – 1 Milliarde Franken mehr als im Vorjahr. Gut 360 Millionen Franken gingen dabei an Fintechs, für die sich die Banken und Versicherer besonders interessieren. Alleine das schweizerisch-deutsche Insurtech Wefox holte dabei 234 Millionen Franken. Grosse Kapitalrunden holten auch die Fintechs Numbrs oder Loanboox ab.

Begehrte Schnellboote

Jene Transaktion bestätigte den Trend des letzten Jahres, dass bereits reife Startups mit erprobten Geschäftsmodellen das meiste Geld einsammelten; es sind diese Firmen, für die sich auch Grosskonzerne auf der Suche nach dem nächsten Digitalisierungs-Schnellboot direkt interessieren.

Die Millionen für Wefox kamen dabei vorab vom katarischen Staatsfonds Mubadala; am Schweizer Startup-Markt unterwegs waren auch der japanische Tech-Konzern Softbank oder der Staatsfonds Temasek aus Singapur. Gefehlt hatte allerdings ein weiterer potenter Geldgeber aus dem Ausland – Cetins Allianz X.

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