Mit der Pandemie kamen die Schulden in die Schweiz – und mit den neuen Schulden steigt der Druck auf die Schweizerische Nationalbank, dem Staat mehr von ihrem Gewinn abzugeben.

Die Vertreter der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und des Eidgenössischen Finanzdepartementes (EFD) erarbeiten gegenwärtig die neue Vereinbarung über die Gewinnausschüttung. Diese wird für die kommenden vier Jahre gültig sein und regelt den Mechanismus, gemäss dem die SNB dem Bund und Kantonen wieviel Geld von seinem Gewinn abtritt.

Gemäss der jetzt gültigen Vereinbarung, welche im März 2020 ergänzt worden war, erhält die öffentliche Hand 4 Milliarden Franken für das abgelaufene Geschäftsjahr. Schon im vergangenen Jahr schüttete die SNB eine entsprechende Summe aus. 4 Milliarden war die vereinbarte Summe, weil die sogenannte Gewinnausschüttungsreserve die Limite von 40 Milliarden Franken überschritten hatte.

Ausschüttungsreserve steigt weiter

Nun hat sich seither einiges ereignet und der Bund musste, statt wie immer in den vergangenen zwei Jahrzehnten Schulden abzubauen, mehr Geld ausgeben als er einnehmen kann. Gleichzeitig aber stieg im vergangenen Jahr die Gewinnausschüttungsreserve der SNB munter an, wie die vorläufigen Zahlen der SNB vom 7. Januar zeigten. Dank dem letztjährigen Gewinn von etwa 21 Milliarden Franken, wuchs die Reserve auf annähernd 100 Milliarden Franken an.

Der Gewinn reflektiert letztlich die Interventionen der SNB im Devisenmarkt, welche dazu dienen, den als übertrieben erachteten Aufwertungsdruck auf den Franken zu mindern. Die SNB investiert die von ihr gekauften ausländischen Devisen sodann in Wertschriften.

So wurde sie über die vergangenen Jahre zu einem der grössten institutionellen Anleger der Welt und hat dank guten Marktbedingungen Milliarden an Dividenden eingestrichen. Zudem verhalfen die gestiegenen Preise der SNB zu massiven Buchgewinnen auf dem Aktienbestand, der mittlerweile etwa 150 Milliarden Franken umfasst.

Neue Begehrlichkeiten

Kein Wunder, dass dieses Geld Begehrlichkeiten weckt. Während in vergangenen Jahren vor allem mit der Lücke in der Altersvorsorge argumentiert wurde, kommt nun die Pandemie und die daraus resultierenden Zusatzkosten ins Spiel. Gemäss einem Interview, das Serge Gaillard, Chef der Eidgenössischen Finanzverwaltung der «NZZ» gewährte, führte die Pandemie auf Bundesebene zu Extraausgaben von 15 Milliarden Franken.

Eine ähnliche Summe könnte, je nach Ausgang der Pandemie, dieses Jahr dazukommen – zusammen also etwas 30 Milliarden Franken. Eine grosse Summe, aber Gaillard fügte an, dass der Bund seit 2005 genau etwa soviel Geld eingespart habe.

Tilgung der Schulden

Könnte nun nicht das Geld der SNB für die Tilgung dieser Schulden eingesetzt werden? Das ist genau, was die Sozialdemokratische Partei verlangt. «Wir fordern von der Nationalbank, dass sie sich in Form einer Einmalzahlung an diesen Folgekosten der Corona-Krise beteiligt», erklärt SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo.

Die Regierungspartei SP stellt sich in ihrer Mitteilung auf den Standpunkt, dass die Ausschüttungsreserve der SNB dem Volk gehört.

Extrem bescheiden

Die Forderung nach höheren Zahlungen findet auch unter namhaften Ökonomen Gehör. So betonte Stefan Gerlach, der Chefökonom der Zürcher Privatbank EFG, an einer virtuellen Konferenz, dass die Kapitalpuffer der SNB riesig seien und fügte an, nur teilweise spasseshalber, dass die Frage schon eher sei, wie man das Geld überhaupt wieder loswerden könne: «Die Zahlungen an die Regierung sind extrem bescheiden», so der ehemalige Vizepräsident der Irischen Nationalbank. «Der Druck auf die Nationalbank, mehr zu geben, ist gross.»

Die SNB hat sich in der Vergangenheit auch gar nicht gegen die Erhöhung der Ausschüttung gestellt, sondern lediglich betont, dass sie als unabhängige Zentralbank ausschliesslich Beiträge an die Behörden zahlen will, und eben keine zweckgebundenen Zahlungen wie zum Beispiel an die AHV. Dies soll verhindern, dass der politische Druck auf die Bank steigt.

Politischer Druck

Bei der Präsentation der Zusatzvereinbarung im März 2020 schrieb die SNB sogar: «Aus heutiger Sicht liegt das Ausschüttungspotenzial auch mittelfristig höher. Für die Ausarbeitung der nächsten Vereinbarung werden deshalb EFD und SNB die Frage prüfen, ob der Rahmen für die Ausschüttung an den Bund und die Kantone erhöht werden kann. Dabei soll der Verstetigung der Ausschüttungen und somit der Planbarkeit für Bund und Kantone eine hohe Priorität eingeräumt werden.»

Die Bedeutung der Unabhängigkeit der SNB steht auch für die FDP Schweiz im Zentrum. In einer Stellungnahme gegenüber finews.ch schreibt die FDP, dass der Parteivorstand sich gegen die Forderung der SP ausgesprochen hat. Klar könne die SNB beschliessen, mehr Geld auszuschütten, aber der Entscheid müsse unabhängig vom politischen Druck gefällt werden.

Nicht am Tisch

«Die SNB darf nicht für politische Zwecke eingespannt werden, egal um welche Anliegen es sich handelt. Für die FDP ist es zentral, dass die Geldpolitik unseres Landes unabhängig ist und bleiben muss», so die FDP.

Die politischen Parteien sitzen natürlich nicht am Tisch, wenn die SNB und EFD zusammen ein Papier erstellen über die Ausschüttungspolitik. Aber ebenso klar ist, dass der Druck auf die SNB sehr gross geworden ist.

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