Von einigen verteufelt, von anderen glorifiziert – das ist Bitcoin. Härter könnten die Fronten bei diesem neuen Phänomen noch immer kaum sein. Für die einen gehört Bitcoin zu den bedeutendsten Erfindungen der Menschheit, während andere das Krypto-Asset als die grösste Blase aller Zeiten abtun, schreibt Pascal Hügli in einem Gastbeitrag für finews.ch.

Fakt ist: Zwölf Jahre nach seinem Entstehen hat der Bitcoin noch immer ein Imageproblem – einige würden gar argumentieren, dass dieses nie zuvor grösser gewesen ist. Ob unverantwortliche Energieschleuder, unreguliertes Kriminellenwerkzeug, Nährboden für betrügerische Schneeballsysteme oder veraltete Technologie – die Vorwürfe rund um Bitcoin reissen nicht ab. Und das, obschon verschiedene Interessensvertreter innerhalb der Krypto-Industrie schon Jahre dagegen ankämpfen.

Der jüngste Versuch, Bitcoins öffentliche Wahrnehmung etwas aufzupolieren, ging eben erst über die Bühne: Im Rahmen der virtuellen B-Word-Konferenz – organisiert durch namhafte US-lastige Krypto-Branchenvertreter wie ARK Invest, Square oder Paradigm – haben diverse Experten verschiedene kontroverse Punkte in Bezug auf Bitcoin abgehandelt. Das unmissverständliche Ziel bestand letztlich darin, Institutionen aufzuzeigen, warum Bitcoin nicht abzulehnen, sondern mit offenen Armen anzunehmen ist. Ist das gelungen?

Kreuzbrave Investorin und wenig eloquenter Entrepreneur

Ja und nein. Angekündigtes Highlight der aufklärerischen Konferenz war ein Gespräch zwischen der Star-Investorin Cathie Wood, Twitter-CEO Jack Dorsey und Tesla-Gründer Elon Musk. Was zu einer kontroversen Debatte unter den einflussreichsten Tech-Kennern unserer Zeit hätte werden können, entpuppte sich als wenig inspirierendes Geplänkel. Das war aber irgendwie zu erwarten. Musk ist vor allem Provokateur, Wood eine schlaue, aber kreuzbrave Investorin und Dorsey ein wenig eloquenter Entrepreneur. Vor allem die Voten des Tesla-Visionärs liessen darauf hindeuten, dass er Bitcoin noch immer missversteht.

Bitcoin betrachtet er hauptsächlich durch die Brille auf ein Zahlungssystem, obschon es sich dabei in erster Linie um ein neues, alternatives (Basis-)Geld handelt. Die Bitcoin-Blockchain ist so «ineffizient» ausgestaltet und lässt sich eben nicht beliebig skalieren, wie das Musk am Beispiel von Dogecoin immer wieder postuliert, damit die Qualitäten Bitcoins als dezentralisiertes, zensurresistentes, manipulationssicheres und für alle zugängliches Geld bestmöglich erhalten bleiben.

Wichtige Nuance

Hätte Musk den einzelnen Vorträgen der B-Word-Konferenz gelauscht, wüsste er um diese so wichtige Nuance Bescheid. Dass Bitcoin keine veraltete Technologie ist, sondern vielmehr als Grundlagen-Protokoll zu verstehen ist, auf dessen Basis Skalierungslösungen wie das Lightning-Netzwerk gebaut werden können, wurde überzeugend dargelegt. Mit einer Marktkapitalisierung von über aktuell über 700 Milliarden Dollar nach mehr als zwölf Jahren ist Bitcoin eben nicht wie die Firma Myspace, die schon nach fünf Jahren von Mitbewerben abgelöst wurde.

Die kompetenten Redner an der B-Word-Konferenz räumten nicht nur mit diesem Mythos auf. In Sachen Energie-Thematik wurde einleuchtend dargelegt, warum Bitcoins Energieverbrauch auf die Emission von Bitcoin-Einheiten und nicht auf dessen Transaktionen zurückzuführen ist. Auch wurde dargelegt, dass Bitcoin-Miner vermehrt verschwendete Energieressourcen monetarisieren und gegenwärtig gerade einmal 0,26 Prozent der weltweit produzierten Energie konsumieren. Spannend sind zudem die Zahlen der bekannten Blockchain-Forensik-Firma Chainalysis: Gemäss On-Chain-Daten 2020 seien nur gerade 2 Prozent aller Bitcoin-Transaktionen mit krimineller Absicht getätigt worden.

Ab und zu ein Aha-Moment

Insgesamt schaffte es die Konferenz hie und da für einen Aha-Momente zu sorgen. Bei Bitcoin sind es nicht die technischen, sondern die Aspekte rund um seine Community, welche diesen digitalen Vermögenswert im Vergleich zu anderen Kryptowährungen einzigartig machen. In keiner anderen Krypto-Community sind die gemeinsamen Werte derart aligniert und daher unantastbar. Während also selbst bei Bitcoin Konsensregeln wie die absolute Knappheit von 21 Millionen Bitcoin technisch grundsätzlich geändert werden könnten, wäre eine solche Änderung auf der sozialen Ebene nicht mehrheits- und daher nicht durchsetzungsfähig.

Apropos sozial. Auch über ESG und die sozialverantwortliche Komponente von Bitcoin wurde an der Konferenz einiges gesagt. So wurden beispielsweise die 1,3 Milliarden Menschen in 35 verschiedenen Ländern thematisiert, die ihre eigene Währung jährlich zwei- oder gar dreistellig entwerten sehen. Für sie und die 4,3 Milliarden Menschen, denen oftmals der Zugang zu grundlegenden Finanzanwendungen durch diktatorische Regime verwehrt wird, ist Bitcoin ein echter Segen.

Darbietung mit dem geringstem Mehrwert

Umso wichtiger also, dass dieses so mächtige Werkzeug für die wirtschaftliche Ermächtig von Milliarden von Menschen funktionstüchtig gehalten wird. Denn wie die Konferenz ebenfalls zu sensibilisieren versuchte, tauchen beim Bitcoin-Protokoll auch heute immer wieder Codefehler auf. Heute würden ungefähr 20 bis 30 Programmierer Vollzeit an Bitcoin arbeiten und mit vielen Freiwilligen rund um den Globus dafür sorgen, dass Bitcoin kontinuierlich getestet und weiterentwickelt wird. Die dezentrale Finanzierung dieser Kräfte ist und bleibt eine Herausforderung.

Und das ist auch gut so, denn an den Herausforderungen wächst Bitcoin – das hat die Kryptowährung in den letzten Jahren eindrücklich gezeigt. So wird sie wohl auch aus ihrem Image-Problem herauswachsen. Ob die B-Word-Konferenz dazu beigetragen hat?

Ja, sofern man sich die einzelnen Vorträge aufmerksam zu Gemüte geführt hat. Leider werden die meisten nur die Diskussion mit Elon Musk verfolgt haben – just jene Darbietung mit dem geringsten Mehrwert.


Pascal Hügli ist Leiter Research für den Vermögensverwalter Schlossberg & Co. Nebenbei engagiert er sich als Moderator, Debattierer und Dozent an der HWZ. Mit seinem neuen Newsletter Insight DeFi möchte er kompetent und prägnant über die Ereignisse und Chancen der neuen dezentralen Welt von Bitcoin und Co. informieren. Auch ist er Autor des Buches «Ignorieren auf eigene Gefahr: Die neue dezentrale Welt von Bitcoin und Blockchain».

 

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