Die meisten unabhängigen Vermögensverwalter müssen sich bis Ende 2022 der Finanzaufsicht unterstellen. Das ist umständlich und zeitraubend – doch es lässt sich aus eigener Kraft schaffen, wie ein Erfahrungsbericht zeigt.

«Die Bewilligung zu erlangen ist ein Kraftakt, aber auch ohne externe Hilfe zu schaffen», sagte Ronald Winiger, Gründer und Chef der Zürcher Vermögensverwaltung sihlinvest ag gegenüber finews.ch.

Der gesamte Prozess habe bei seinem Unternehmen, das mit fünf Mitarbeitenden zu den kleineren Vertretern der Branche zählt, insgesamt rund neun Monate gedauert. «Wir haben Anfang März begonnen und in der vergangenen Woche lag die Bewilligung vor.»

Verzögerung wegen Homeoffice

Bevor Vermögensverwalter und Trustees ein Bewilligungsgesuch bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) einreichen können, müssen sie die Bestätigung einer Aufsichtsorganisation (AO) erhalten. Die Anträge bei der AO habe man vergangenen August eingereicht und die Bestätigung Ende September erhalten, sagte Winiger.

Dann sei das Bewilligungsgesuch bei der Finma gestellt worden. Mit einigen Nachfragen und Anpassungen sei dann die Lizenz Ende November erteilt worden. Ohne Homeoffice und mit mehr Nachdruck hätte man es wohl auch schneller erledigen können, so der Vermögensverwalter weiter.

«Hilfreiche und konstruktive» Behörden

Winiger charakterisierte die Kommunikation mit den Behörden als «hilfreich und konstruktiv». «Wir hatten nie das Gefühl, dass man uns Steine in den Weg legen will.» Es handele sich aber um einen Behördenvorgang, der auch durchaus mal etwas zäh ablaufen könne. Auch seien die Anforderungen für alle Vermögensverwalter gleich, unabhängig von der Grösse. Das sei eher ein Giesskannenprinzip. Am Ende habe der Antrag einem Umfang von rund 650 Seiten gehabt, also einen gut gefüllten Aktenordner.

Die Arbeit am Antrag sei nebenher zum Betrieb erledigt worden und habe zu keinen Beeinträchtigungen geführt. Grosse Anpassungen habe er nicht vornehmen müssen, so Winiger weiter. Jedoch habe man die Eigenmittel etwas erhöht und die Statuten entsprechend geändert.

Die Prozesse hinterfragen

Das Ganze habe aber auch dazu geführt, dass man die Arbeit und Organisation des eigenen Unternehmens einmal neu betrachtet und Prozesse hinterfragt habe. «Wir mussten zum Beispiel erstmals ein Organigramm erstellen oder Stellvertreter für bestimmte Verantwortlichkeiten benennen», so Winiger weiter. Genau diesen «Kassensturz» des Geschäftsmodells werten auch andere Beobachter als hilfreich.

Einen Rat hat der Sihlinvest-Chef für seine Kollegen noch: «Wer sich bis jetzt noch nicht mit dem Thema beschäftigt hat, sollte das schnellstens tun.»

Die Uhr tickt

In der Schweiz müssen bis Ende 2022 gegen 2'000 Vermögensverwalter und Trustees eine Bewilligung von der Finma erlangen. Laut Liste der Finma (Stand 2. Dezember) sind aktuell 42 so weit und 70 bei den inländischen Gruppengesellschaften, wobei hier ein grösser Teil auf die Firmen der Aquila Gruppe entfällt.

Die Frist für die Bestätigungen einer Aufsichtsorganisation, eine Bedingung für den Antrag bei der Finma, läuft schon Mitte kommenden Jahres ab. Wer ohne Bewilligung arbeitet, riskiert strafrechtliche Konsequenzen.