Steve_Hanke_qDer US-Ökonom und frühere Reagan-Berater Steve Hanke über die wachsende Bedeutung von Gold und die Zukunft des Euro.

Der Amerikaner Steve Hanke gehört zu den führenden Ökonomen auf dem Gebiet der Geldpolitik und der internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Neben seiner akademischen Tätigkeit an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore hat er sich immer wieder auch als Währungsberater zahlreicher Regierungen (Argentinien, Bulgarien, Uruguay oder Ecuador) betätigt.

Ausserdem stand er in den frühen achtziger Jahren als Senior Economist im Council of Economic Advisors im Dienste von US-Präsident Ronald Reagan. Am Rande der 8. Gottfried von Haberler-Konferenz in Vaduz FL unterhielt sich finews.ch mit Hanke über die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank sowie über die Bedeutung von Gold und die Zukunft der europäischen Einheitswährung.

Herr Hanke, wird es den Euro in fünf Jahren noch geben?

Wahrscheinlich schon. Allerdings darf man heutzutage nichts mehr ausschliessen. Darum arbeitet die Finanzwissenschaft zunehmend mit Szenarien. Doch zurück zu Ihrer Frage. Den Euro wird es in fünf Jahren noch geben, wohl aber ohne Griechenland, weil das Land bis dahin komplett implodiert haben wird. In den nächsten paar Jahren wird es in Griechenland bloss noch schlimmer werden.

Warum?

Die Geldmenge schrumpft bereits um 18 bis 19 Prozent pro Jahr, und das bereits seit Anfang 2010. Zahlreiche Experten berechnen laufend neue Modelle, doch man gibt sich noch immer allzu optimistisch. Griechenland mag ein kleines Land sein, doch wenn es implodiert, wird dies eine enorme Dynamik auf die Märkte haben.

Wie stellen Sie sich ein solches Szenario vor?

Es käme zu einem massiven Dollar-Anstieg, und angesichts der weit verbreiteten Konjunkturaussichten würden die Rohstoffpreise rasch sinken. Am ehesten vergleichbar wäre dies mit der Situation kurz nach dem Lehman-Kollaps im Herbst 2008. Damals stieg der Greenback gegenüber dem Euro um 28 Prozent, der Ölpreis wie auch die Rohstoffpreise im Allgemeinen brachen ein – selbst das Gold verlor damals an Boden.

Sollte Gold in Krisensituationen als «sicherer Hafen» nicht eher an Wert gewinnen?

Eigentlich schon. Ich war lange «bullish» auf Gold, musste im letzten Jahr aber einsehen, dass selbst das gelbe Edelmetall in derart chaotischen (Währungs-)Situationen vor Kurseinbrüchen nicht gefeit ist. Dennoch halte ich die Goldnotierungen für stabiler als die Rohstoffpreise.

Trotz aller der Turbulenzen in den letzten Monaten entwickelte sich das Gold erstaunlich schwach.

Der Grund dafür ist, dass der Dollar relativ stark ist gegenüber dem Euro. Das dämpft tendenziell die Goldpreisentwicklung. Doch langfristig gesehen befindet sich das gelbe Edelmetall weiterhin in einem Bullenmarkt.

Warum meinen Sie?

Technisch gesehen neigt Gold kurzfristig tatsächlich zur Schwäche. Doch wenn man die langfristigen Charts konsultiert, weist der Trend eindeutig nach oben.

Wie lange noch?

Solange die Probleme mit unserem Weltfinanzsystem anhalten. Gold ist und bleibt attraktiv, zumal mehr und mehr davon im übertragenen Sinne in Exchange Traded Funds und andere, vergleichbare Finanzprodukte fliesst. Die Schweiz will ja sogar einen Goldfranken einführen. Zudem ist die Nachfrage in China und Indien hoch, gerade wenn die Rupie zur Schwäche neigt.

Das alleine untermauert noch keinen langfristigen Trend.

Richtig. Aber Gold ist heute im Prinzip auch ein Teil unseres monetären Systems. Das steht zwar nirgends auf einer Agenda, aber informell hat Gold schon längst eine wichtige Rolle in unserem Finanzsystem übernommen.

Wie wirkt sich das aus?

Die Leute wollen heute einen Teil ihres Vermögens in Gold anlegen oder haben das bereits getan. Dieser Trend wird noch lange weiter gehen. Ausserdem ist Gold heute sehr liquid geworden, nicht zuletzt dank der vielen ETFs und weiteren Finanzprodukten, die in der Pipeline sind. Damit nähert sich Gold immer mehr unserem Geld – als Zahlungsmittel und sichere Sparanlage. So besehen ist Gold ganz klar ein Teil unseres monetären Systems avanciert.