Solche befristeten Pilotprojekte erhalten einen tiefen fünfstelligen Betrag. Wir stellen neben dem Geld auch eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für solche Startups frei. Dafür existiert bei der Baloise das Programm «Career Mobility», das einen Jobwechsel für ein paar Monate ermöglicht. Solche Startups funktionieren entweder virtuell, indem die Leute an verschiedenen Standorten arbeiten, oder aber sie sind alle an einem Ort, wie das im «F10» der Fall ist. In beiden Fällen versuchen die Beteiligten eine oder mehrere Dienstleistungen an den Markt zu bringen.

Und wenn das nicht klappt?

Ganz generell zielen unsere Partnerschaften und Startup-Gründungen darauf ab, eine Produkte-Pipeline aufzubauen, und zwar im Sinne eines Trichters, indem man oben möglichst viele Ideen rein gibt und diese dann stark filtert. Was unten schliesslich rauskommt, ist ein Erfolg. In der Pharmabranche läuft das seit langem so.

«Natürlich soll es weh machen»

Allein in diesem Jahr haben wir jeden Monat mehr als ein Pilotprojekt gestartet – immer im Wissen, das wir vieles gar nicht weiter verfolgen werden, sondern nur vom entstandenen Wissens-Transfer und Know-how profitieren.

Verschwenden Sie damit nicht Ihre Ressourcen?

Nein. Natürlich soll es weh machen, wenn sich etwas nicht weiter entwickeln lässt. Aber der Entscheid, etwas abzublasen kommt ja immer mit einem guten Grund und auch im Wissen, dass wir nicht unbeschränkte Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung haben. Was am Schluss aber bleibt, hat Substanz.

Ihre Gelassenheit ist bemerkenswert, sie wirkt fast schon etwas philosophisch.

Es ist völlig natürlich, dass wir viele Dinge anfangen und mit manchem wieder auf hören. Trial and Error nennt man das im Englischen.

Meinen Sie damit die in der angelsächsischen Startup-Kultur weit verbreitete Fehlerkultur?

Ja, wobei ich mit diesem Begriff Mühe habe, weil das Wort «Fehler» bei uns negativ konnotiert ist, und wir bei der Baloise der Meinung sind, dass ein Fehler nicht unbedingt ein Scheitern sein muss.

Das müssen Sie genauer erklären.

Aufhören soll immer leicht bleiben. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Vor ein paar Wochen haben wir ein Blockchain-Projekt gestoppt. Das verursachte in manchen Medien einen Riesenwirbel, obschon das für uns etwas absolut Normales ist. Es war ein gutes Beispiel dafür, dass wir herausgefunden haben, dass die Transaktionsgebühren in dem Fall zu hoch waren. Das war eine wertvolle Erkenntnis, die es uns einfach gemacht hat, das Projekt einzustellen.

«Wir können nicht alles auf den Markt bringen»

Früher musste man intern Projekte bisweilen bis ans bittere Ende durchprügeln. Heute lautet die Devise: Es kann ok sein, mit etwas aufzuhören. Wir können nicht alles auf den Markt bringen. Es braucht einen Filter.

Arbeiten Sie auch mit Influencers zusammen, die Ihre Produkte in den Sozialen Medien «hypen»?

Nein. Aber Influencer sind für mich eine wertvolle Informationsquelle. Solche Leute bringen einen Wissenstransfer zustande, den sich jedes Unternehmen nur wünschen kann. Als Unternehmen hat man selber nie dieselbe Strahlkraft. Selbst der CEO eines Grossunternehmens ist auch nur Kraft seines Amtes in den Sozialen Medien populär, aber zumeist nicht wegen seiner Informationen. Denn er ist ja voreingenommen.

«Niemand wird auf einen Schlag digital»

Dass die Baloise in Sachen Digitalisierung viel ausprobiert, ist allerdings eine Wahrnehmung, die in den Soziale Medien inzwischen sehr gut rüberkommt.

Wie hat die Baloise das geschafft?

Niemand wird auf einen Schlag digital. Es braucht eine soziale Transformation im Unternehmen selber. Die Wahrnehmung der Beschäftigten muss sich andern, damit Digitalisierungsprozesse überhaupt in Gang kommen. Dabei geht es nicht ums Heute, sondern um Kontinuität und um ein Mitdenken der Menschen am Arbeitsplatz. Letztlich geht es nicht um Technologie, sondern um Kultur – die Technologie ist nur das Mittel zum Zweck.


Der 30-jährige Jean-Michel Benkert stiess im Frühjahr 2017 zur Baloise und ist seither Teil einer Abteilung von aktuell zwölf Personen, die «Group Strategy & Digital Transformation» heisst. Unter der Leitung von Adrian Honegger umfasst sie drei Subteams, die sich grob gesagt mit Übernahmen, Partnerschaften und Beteiligungen befassen – stets mit dem Fokus auf Digitalisierung und Innovation. Benkert studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich sowie in Chicago. Zunächst wollte er eine akademische Karriere einschlagen, bis ihn ein Kollege des Berliner Startups Friday darauf aufmerksam machte, dass die Baloise Mitarbeiter für die im Oktober 2016 lancierte Digital-Abteilung suchte. Der Rest ist Geschichte.

 

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