Bei der PostFinance bleibt kein Stein auf dem anderen: Nach der Kernbanken-Transformation mit gleichzeitiger CRM-Erneuerung hat die Nummer 1 im schweizerischen Zahlungsverkehr bereits weitere kundenzentrierte Projekte in Planung.

Wie das Finanzinstitut dem ehrgeizigen Ziel näherkommen will, zur führenden digitalen Bank der Schweiz zu werden, erklärt Markus Fuhrer, Leiter IT und Operations bei der PostFinance.

Herr Fuhrer, vor fünf Jahren haben Sie die Leitung des Programms Core Banking Transformation zur Erneuerung der Bankensoftware übernommen – eines der grössten IT-Projekte der Schweiz. Mit welcher Vision sind Sie ins Projekt gestartet?

Es war eine neue Herausforderung, weil das Projekt wie ein Unternehmen im Unternehmen aufgestellt war: Mitarbeitende verschiedener Bereiche galt es, auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören. Wichtig ist, dass sich die Mitarbeitenden als Teil der Lösung verstehen.

Denn nicht ein Plan oder die Technologie haben die Core Banking Transformation erfolgreich gemacht, sondern der Teamgeist. Wir haben als Unternehmen das interdisziplinäre Arbeiten gelernt – eine wichtige Fähigkeit für erfolgreiches Zusammenarbeiten im Hinblick auf unser Ziel, die führende digitale Bank der Schweiz zu werden.

Welche Hürden waren zu meistern?

Zu Beginn wurde die Core Banking Transformation intern als reines IT-Projekt verstanden. Wir mussten das Business erst überzeugen, dass diese Umstellung die ganze Bank betrifft und es in ihrem Interesse ist, sich zu engagieren. Mitten in der Definition der Anforderungen wurde uns klar, dass wir die neuen Zahlungsformate nach ISO 20022 ins Projekt integrieren mussten.

Dies kostete uns enorme personelle Ressourcen und brachte PostFinance an die Belastungsgrenze. Die Erfahrung, dass wir zwei solche Vorhaben integrieren und stemmen können, hat unser Selbstvertrauen gestärkt.

Wovon konnten Sie sich befreien – und wie?

Unser altes System war zwar sehr stabil und leistungsfähig, aber es war ein Monolith. Mit zwei Releases pro Jahr waren wir wenig flexibel. Ausserdem wurde das Schnittstellen-Management immer aufwändiger. Und wir hatten zunehmend Mühe, Informatiker zu finden, die mit der Programmiersprache ADA vertraut sind. Wir haben schon vor der Erneuerung des Kernbankensystems unsere Systemlandschaft aufgeräumt.

Mit der Core Banking Transformation haben wir nun die funktionale und technische Entkoppelung der IT-Architektur vorangetrieben. Das Payment- oder Kartengeschäft beispielsweise können wir unabhängig vom Kernsystem agil weiterentwickeln. Wir haben nun keine Legacy-Lösungen mehr im Einsatz und haben diverse wichtige Komponenten ausgetauscht.

Zu Ostern war es so weit – das neue System ging als Big Bang live. Ihr Fazit?

Das System lief von Anfang stabil und «performant». Wir hatten nur am ersten Morgen einen kurzen Unterbruch, weil gleichzeitig mehr als doppelt so viele Nutzer wie üblich zugreifen wollten. Ganz reibungslos ging es allerdings nicht: In den ersten Wochen tauchten zahlreiche Fehler auf, jedoch nichts Gravierendes.

Die meisten Probleme traten im Bereich Notifications auf. Den Go-live haben wir viermal geübt, davon dreimal in realen Zeitfenstern. Wir haben in vier Tagen über 3'000 Tasks in der richtigen Reihenfolge bewältigt. Mit diesen Erfahrungen sind wir guten Mutes in den echten Go-live gestartet. Mit der Stabilität nach der Umsetzung eines so grossen Vorhabens können wir sehr zufrieden sein.

Die IT gilt als strategisches Element in der Digitalisierung bei der PostFinance. Welche Pläne haben Sie für die PostFinance der Zukunft?

Alle sprechen von agilen Methoden, Vorgehen und Tools, um Flexibilität und Geschwindigkeit für die Weiterentwicklung zu gewinnen. Dies wird aber nur funktionieren, wenn man insbesondere in die technische Entkopplung der IT-Landschaft investiert, Stichwort «Microservices». Wo nötig, wollen auch wir diese Entkopplung weitertreiben.

Wir setzen auch DevOps im Unternehmen um. Dies tun wir im Rahmen der Transformation von der PostFinance zum digitalen Powerhouse. Im Jahr 2020 wollen wir die führende digitale Bank der Schweiz sein. Im Unternehmen ist die IT dabei strategischer Partner auch in der Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen mit Technologien wie Machine Learning, Analytics und Robotics.

Die BSI darf seit 20 Jahren als externer strategischer Partner in verschiedenen Projekten mitwirken, unter anderem mit dem CRM-System für Berater und Kundendienst-Mitarbeitende, der Schalterapplikation V-MaX in den Poststellen und dem Backoffice der Onboarding-Applikation. Warum haben Sie sich für die BSI entschieden?

Die Firma BSI geht auf Kundenwünsche ein und kennt unsere Prozesse und unsere Kultur. Wir haben eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der BSI etabliert. Die Präsenz der qualifizierten Mitarbeitenden von der BSI bei der PostFinance ist bei komplexen Projekten sehr nützlich. Das erleichtert die Zusammenarbeit.

Gibt es ein spannendes Folgeprojekt, auf das Sie sich freuen?

Mit der Umsetzung der Vision Digital Powerhouse haben wir uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, zur führenden digitalen Bank der Schweiz zu werden. Wir möchten unseren Kundinnen und Kunden zeigen, wie einfach digitales Banking auf einem mobilen Endgerät ist. Dafür wollen wir unseren Kunden das digitale Onboarding erleichtern, treiben die digitale Transformation unseres Kerngeschäfts weiter voran und kommen mit neuen Geschäftsmodellen auf den Markt.


Markus Fuhrer ist seit 28 Jahren bei der PostFinance tätig. Er ist Wirtschaftsinformatiker, hat ein Advanced Management Diplom in Unternehmensführung und war in vielen IT- und Führungspositionen tätig – unter anderem sechs Jahre als stellvertretender IT-Leiter sowie IT-Leiter des Bereichs Finanz und Distribution. Seit September 2014 ist er CIO und Mitglied der Geschäftsleitung. Im Juli 2017 wurden IT und Operations unter seiner Führung zusammengelegt. Fuhrer ist seither als «Leiter IT und Operations» sowohl CIO als auch COO und damit Chef der gesamten «Delivery Factory» bei PostFinance.