Liechtensteins Regierungschef Adrian Hasler ist überzeugt, dass der Finanzplatz Liechtenstein eine positive Zukunft hat, wenn er die Chancen aktiv nutzt und die Kommunikation nach aussen stärkt.


Herr Adrian Hasler, das diesjährige Finance Forum Liechtenstein steht unter dem Titel «The Future of Finance». Woran denken Sie dabei?

Wenn ich mir die Themen des Finance Forum Liechtenstein der vergangenen Jahre anschaue, erkenne ich einen zentralen Punkt: den Wandel. Ich bin der Meinung, dass es richtig ist, am diesjährigen Forum nicht von «Disruption» zu sprechen und die Risiken dieses Wandels hervorzuheben, sondern optimistisch in die Zukunft zu blicken.

Aus der Sicht Liechtensteins ist Optimismus nämlich durchaus berechtigt. Es zeigt sich klar, dass die Zukunft des Finanzwesens im Zusammenhang mit den weiteren Entwicklungen in der Welt zu sehen ist. Die Megatrends sind überall dieselben.

An welche Megatrends denken Sie?

Drei Themen haben für mich eine besondere Bedeutung. Dynamik, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Das sich verändernde Umfeld, die rasche Weiterentwicklung der internationalen Standards und auch die technologischen Entwicklungen zeigen eine hohe Dynamik.

«Wenn alle dieselben Regeln einhalten müssen, setzen sich die Standortvorteile durch und über diese verfügen wir»

Diese Dynamik wird weiter zunehmen. Sie bietet aber auch Chancen für diejenigen, die sich den Veränderungen nicht verschliessen, sondern offen gegenüber treten.

Die internationalen Regeln tragen nicht nur zur Dynamik, sondern zu einer hohen Komplexität bei. Regeln, die im besten Falle weltweit gelten, sind im Interesse Liechtensteins. Sie schaffen Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen. Wenn alle dieselben Regeln einhalten müssen, setzen sich die Standortvorteile durch und über diese verfügen wir. Dies schafft Raum für kompetente Beratung und neue Geschäftsfelder – und damit Potential, sich gegenüber anderen Standorten positiv abzugrenzen.

Ein weiterer Megatrend ist die Digitalisierung.

Die Digitalisierung ist ein zentraler Innovationstreiber. Sie hilft einerseits, interne Prozesse und Schnittstellen mit Kunden effizienter zu gestalten. Andererseits ergeben sich neue Unternehmenskonzepte, die erst über die Digitalisierung möglich werden. Dabei nimmt die Blockchain-Technologie eine besondere Rolle ein.

«Neue Technologien bieten viele Anwendungsfelder, um unsere Welt nachhaltiger zu gestalten»

Wir haben die starke Innovationskraft dieser Technologie erkannt und sehen grosse Chancen für den Finanzplatz Liechtenstein sowie für den gesamten Wirtschaftsstandort. Das Blockchain-Gesetz, dessen Erarbeitung ich am Finance Forum vor zwei Jahren ankündigen konnte, ist seit dem 1. Januar 2020 in Kraft.

Und wie sehen Sie die Verbindung zum Megatrend Nachhaltigkeit?

Das Thema Nachhaltigkeit hat in den vergangenen Monaten sowohl auf politischer als auch regulatorischer Ebene – aus meiner Sicht zu Recht – immer stärker an Bedeutung gewonnen. Dieser Trend wird sicher weiter zunehmen.

Staatliche Institutionen, Unternehmen, Investoren und Verbraucher müssen verantwortungsvoll handeln, damit der nachfolgenden Generation ein intaktes gesellschaftliches, ökologisches und wirtschaftliches System hinterlassen wird.

Die Schaffung von Transparenz, inwieweit Anlageprodukte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, wird sehr bald zum Standard werden. Neue Technologien bieten viele Anwendungsfelder, um unsere Welt nachhaltiger zu gestalten. Diese Botschaft senden wir aktiv nach aussen.

Die neue Finanzplatzstrategie setztmehr auf Kontinuität als Umwälzung. Warum?

Es ging mir darum, eine klare Orientierung für die Finanzplatzteilnehmer und die Politik zu schaffen und nicht um einen Marketingeffekt. Es handelt sich dabei nicht um eine völlig neue Positionierung, sondern um eine Standortbestimmung und konsequente Weiterentwicklung.

«Wir müssen glücklicherweise nicht disruptiv sein»

Es mag sein, dass darin für Experten keine grossen Überraschungen zu finden sind. Die Strategie beinhaltet auch keine Umwälzungen. Einschneidende Veränderungen sind vor allem dann notwendig, wenn Fehler gemacht oder absehbare Entwicklungen zu spät erkannt wurden. Wir müssen glücklicherweise nicht disruptiv sein, aber dennoch konsequent unseren eingeschlagenen Weg weitergehen.

Was heisst dies konkret?

Dazu gehört eine neue Art der Kommunikation. Die positive Wahrnehmung des Finanzplatzes ist ein wichtiger Standortfaktor. Eine aktive Kommunikationsstrategie ist daher Teil der strategischen Positionierung des liechtensteinischen Finanzplatzes.

Wir haben hierzu gemeinsam mit Finanzplatzverbänden eine Public-Private-Partnership ins Leben gerufen. Mit dem Verein «Liechtenstein Finance» werden die Kommunikation gebündelt und die Wahrnehmung Liechtensteins als aktiver und internationaler Finanzplatz positiv gestärkt.

Dabei wird uns helfen, dass in Zukunft dieselben Rahmenbedingungen für den Erfolg entscheidend sein werden, die unser Land bereits heute auszeichnen: Stabilität, Offenheit für Innovation und Know-How.


Finance Forum mit hochkarätigen Gästen

Die sechste Ausgabe des Finance Forums Liechtenstein am 11. März 2020 in Vaduz steht unter dem Titel «The Future of Finance». Die führende Finanztagung bietet interessante Referenten wie Joschka Fischer, ehemaliger deutscher Vizekanzler und Aussenminister, Romeo Lacher, Verwaltungsratspräsident Julius Bär, Sabine Keller-Busse, Chief Operating Officer UBS, sowie Liechtensteins Regierungschef Adrian Hasler.

Talkgäste sind Fritz Kaiser, Chairman Kaiser Partner, Edi Wögerer, CEO Bank Frick, Thomas Wüst, CEO ti&m, und Günther Dobrauz, Leader PwC Legal Switzerland.

Zum Abschluss des Events spricht Führungscoach Wolfgang Jenewein zu Führung im Wandel. Die Tagung vernetzt jeweils rund 600 hochkarätige Entscheidungsträger der Finanzbranche aus dem deutschsprachigen Raum.