Herausforderndes Umfeld für Zentralbanken

Preisschocks, wie sie der Ukraine-Krieg ausgelöst hat, die demografische Entwicklung, der Klimawandel und das Aufkommen digitaler Währungen verstärken den Druck auf die Hüter der Preisstabilität und sind mit Forderungen nach der Ausweitung ihres Grundauftrags verbunden.

Die Unabhängigkeit der Zentralbanken im konsequenten Verfolgen der Preisstabilität, die während nahezu vier Jahrzehnten das Fundament für wirtschaftliche Stabilität, Wirtschaftswachstum und Wohlstand bildete, ist in letzter Zeit verstärkt unter Druck geraten.

Die Zentralbanken sahen sich vermehrt mit öffentlichen Forderungen konfrontiert, Zinsschritte vorzunehmen. Ausserdem mischen sich zunehmend politische Kreise in geldpolitische Entscheide ein.

Darüber hinaus fordern geopolitische Spannungen die Resilienz des geldpolitischen Systems heraus. Allen voran der Ukraine-Angriffskrieg. Der unmittelbare Unterbruch der Versorgungsketten bei Kriegsausbruch, insbesondere im Bereich der Energie, sorgte für einen kräftigen Inflationsschub. Eine striktere Geldpolitik vermochte die Teuerung wieder in den Zielbereich zurückzuführen und verhinderte, dass sich der Kostenschock verfestigen konnte.

Fragmentierung der Weltwirtschaft als Risikofaktor

Allerdings markierte der Ukraine-Krieg einen Wendepunkt in der Globalisierung. Das zuvor hocheffiziente, globalisierte Handelsmodell wandelte sich zu einem fragmentierten Modell regionaler Blöcke mit verstärkten Handelsbeschränkungen, die die Transaktionskosten erhöhten. Allein 2023 zählte die Weltbank 3000 neu auferlegter Beschränkungen. Zum Vergleich: 2015 waren es noch lediglich 600. In diese Tendenz reihen sich nun die jüngst verkündeten Handelsbeschränkungen der neuen US-Regierung ein.

In einer fragmentierten Weltwirtschaft wird sich das Wachstum tendenziell verlangsamen, der Inflationsdruck und die Anfälligkeit für Preisschocks steigen, was letztlich den Wohlstand gefährdet.

Diese Herausforderungen treffen die Zentralbanken in einem Umfeld, das bereits durch eine alternde Bevölkerung, stagnierende Produktivität und den Klimawandel geprägt ist. Da der steuerliche Spielraum der Regierungen darauf zu reagieren, eingeschränkt ist, und sich Reformen politisch nur schwer durchsetzen lassen, sehen sich Zentralbanken zunehmend mit Forderungen konfrontiert, ihren Auftrag zusätzlich auf gesellschaftliche Herausforderungen auszuweiten.

Resilienz in Zeiten des Wandels

Vor diesem Hintergrund berücksichtigen sie zum einen vermehrt Klimarisiken in ihrer Geldpolitik. Zum anderen müssen sie sich mit den Chancen und Risiken auseinandersetzen, die von digitalen Währungen ausgehen respektive das Potenzial von digitalem Zentralbankengeld ausloten.

Der Spagat, den sie zwischen Wahrung der Preisstabilität und den Erwartungen der Öffentlichkeit machen müssen, verlangt nach einem entsprechenden Risikomanagement.

Verschiedene Exponenten erwarten vor diesem Hintergrund, dass sich die Geldpolitik der Zentralbank stärker an effektiven Daten wird orientieren müssen statt an Mittelfristprognosen, vor allem in Ländern mit hoher Inflation. Eine erhöhte Volatilität und Unsicherheit verlangen zudem nach einer sorgfältigen Kommunikation, um das Vertrauen in die Geldpolitik Zentralbanken aufrechtzuerhalten.

Beurteilung aus erster Hand

An der FINANZ’25 unterhält sich Marc Dittli, Chefredaktor von «The Market», am 2. April 2025 mit Petra Tschudin, Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, im Rahmen eines Fireplace Talks über die aktuellen Herausforderungen der Zentralbanken. Die 26. Ausgabe der grössten Schweizer Finanzmesse findet am 2. und 3. April 2025 unter dem Motto «Das Morgen gestalten» in der Halle 550 in Zürich Oerlikon statt.