«Eurobond-King» Hans-Jörg Rudloff verstorben

Sein Ableben am 1. Dezember 2025 ist von zwei Freunden sowie in einem Schreiben seiner persönlichen Assistentin bestätigt worden. Als erstes Medium berichtete die «International Financing Review» darüber.

«Es ist mit schwerstem Herzen, dass ich Sie über das Ableben von Hans-Jörg informiere. Er war einer der ganz Grossen und wird unglaublich vermisst werden», heisst es in dem E-Mail sinngemäss.

Architekt der europäischen Kapitalmärkte

Der schweizerisch-deutsche Doppelbürger gilt als einer der Hauptarchitekten der europäischen Kapitalmärkte. Als Sohn einer Bernerin und eines Deutschen verbrachte seine ersten sieben Lebensjahre in Bern. Danach zog die Familie nach Deutschland. Für sein Studium kehrte Hans-Jörg Rudloff in die Schweiz zurück.

Seine Karriere begann 1965, als er nach seinem Studienabschluss zur Credit Suisse (CS) in Genf kam. Drei Jahre später zog er nach New York und schloss sich Kidder Peabody an, wo er insgesamt elf Jahre blieb.

Rückkehr zur Credit Suisse

In London traf er seinerzeit auch auf seinen Mentor, einen anderen grossen Veteranen der Finanzindustrie: Albert Gordon. Dieser führte Kidder Peabody aus der Weltwirtschaftskrise 1929 heraus. Bis zu seinem Tod im Alter von 107 Jahren im Mai 2009 war Gordon der letzte Veteran an der Spitze eines Wall-Street-Unternehmens, der den Börsencrash 1929 noch selbst miterlebt hatte.

Im Jahr 1980 kehrte Rudloff zur CS zurück. Während dieser zweiten Zeit bei der Schweizer Grossbank hob der Eurobond-Markt richtig ab und verzehnfachte sich bis 1990 von 18,5 Milliarden Dollar im Jahr 1980.

Als Eurobond (auch EU-Anleihe) gelten vereinfacht gesagt Staatsanleihen – meist in der Eurozone –, bei denen EU-Staaten gemeinsam Kredite mittlerer und längerer Laufzeit am Kapitalmarkt aufnehmen. Vorteil dieser Vehikel ist, dass durch die Risikoverteilung auf verschiedene Länder insgesamt niedrigere Zinsen fällig werden, als wenn nur ein einzelnes Land einen Kredit aufnähme.

Grosse Weggefährten

Im Zentrum dieser bahnbrechenden Entwicklung standen zunächst Siegmund Warburg und Evan Galbraith, bald aber auch einige Schweizer CS-Koryphäen.

Dazu gehörten Robert L. Genillard, Rainer E. Gut sowie Oswald J. Grübel – und Rudloff, der sich in diesem Umfeld einen Namen als einer der grössten und einflussreichsten Schweizer Banker im Ausland machte. Mit seinen Weggefährten trug er massgeblich zum Wachstum der Credit Suisse First Boston (CSFB) bei.

Vizepräsident bei Novartis

Im Jahr 1998 wechselte er zum britischen Finanzkonzern Barclays, als der damalige CEO Bob Diamond Barclays Capital aufbaute. Zeitweilig sass er auch als Vizepräsident im Verwaltungsrat des Schweizer Pharmakonzerns Novartis sowie in anderen Aufsichtsgremien. Im Jahr 2003 zählte er unter anderem auch zu den Mitgründern der unabhängigen Vermögensverwaltungs-Gruppe Marcuard Heritage in Zürich, der er auch eine Zeit lang als Chairman vorstand.  

Rudloff kündigte 2014 nach fast 50 Jahren an den Märkten seinen Rückzug aus dem Investmentbanking an und trat als Chairman des Investmentbanking-Geschäfts von Barclays zurück. Doch er blieb noch viel länger in diesem «Business» aktiv. Zeit seines Lebens blieb er bodenständig, zugänglich, humorvoll sowie den Werten und Tugenden des Schweizer Bankwesens zugetan: zuverlässig, diskret, nobel und erstklassig. 

Letzte Party

«Er wünschte sich eine letzte ‹Party›, bei der wir uns alle an ihn erinnern, seinen Verdiensten Respekt zollen und an die guten Zeiten anknüpfen können», heisst es in der eingangs erwähnten E-Mail seiner Assistentin abschliessend.