«Das CS-Aus führte zu einer Öffnung des Marktes für KMU-Finanzierungen»

Sie gilt als eine der wichtigsten Institutionen, wenn es um langfristige Direktinvestitionen in Schweizer KMU geht: Seit 25 Jahren ermöglicht die Renaissance Anlagestiftung Pensionskassen den Zugang zu einer Anlageklasse, die für die Schweizer Wirtschaft zentral ist, aber am Kapitalmarkt selten effizient erschlossen wird: nicht börsenkotierte, etablierte Unternehmen mit hohem Wertschöpfungspotenzial.

Mit ihrem Evergreen-Modell verfolgt Renaissance einen einzigartigen Ansatz in der Schweiz. Die Stiftung hält Beteiligungen ohne zeitliche Begrenzung und unterstützt Unternehmen in ihrer nachhaltigen Entwicklung. Diese langfristige Perspektive zahlt sich aus: Die Anlagegruppe erzielte seit 2019 eine annualisierte Internal Rate of Return (IRR) von 12 Prozent sowie eine durchschnittliche Dividende von 7 Prozent.

Für 2025 weist sie per Ende September eine IRR von 11 Prozent, ein Umsatzwachstum von 6 Prozent und ein durchschnittliches EBITDA von über 20 Prozent aus. Das Investitionsvolumen stieg im laufenden Jahr auf 278 Millionen Franken (+47 Prozent gegenüber 2024).

Dabei profitiert die Anlagestiftung auch von den neuen Bedingungen, die auf dem Finanzplatz Schweiz nach dem Aus der Credit Suisse (CS) herrschen, wie Christian Waldvogel, Managing Partner, im Interview mit finews.ch erklärt. 


Der Niedergang der CS hat grosse Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten von nicht börsenkotierten KMU in der Schweiz. Welches Bild präsentiert sich Ihnen?

Die Übernahme der CS durch die UBS hat zwar einen wichtigen Marktakteur für die Finanzierung von KMU eliminiert. Davon betroffen sind insbesondere komplexe Finanzierungen mit Beträgen über 30 Millionen Franken, da UBS und CS bisher die beiden führenden Anbieter in diesem Bereich waren. Gleichzeitig hat dieser Schritt jedoch zu einer deutlichen Öffnung des Marktes für KMU-Finanzierungen geführt, da sich heute neue Akteure bei solchen komplexen Finanzierungen mit hohen Beträgen positionieren.

«Das relativ geringere Angebot an Bankkrediten hat die Attraktivität einer Lösung wie unserer ‹Evergreen›-Anlagegruppe erhöht.»

Unter diesen neuen Akteuren sind einige Kantonalbanken wie die Luzerner Kantonalbank oder die ZKB und auch national tätige Institute wie Raiffeisen sehr aktiv. Sie bieten durchaus wettbewerbsfähige Finanzierungskonditionen. Einige internationale Banken versuchen ebenfalls, in diesen Markt einzutreten, doch ihre Präsenz ist bisher eher noch gering. 

Welche Branchen oder Unternehmensgrössen leiden besonders?

Die Auswirkungen betreffen keine spezifischen Branchen, sondern vielmehr die Höhe der von KMU benötigten Fremdfinanzierung.

Wie verändert das die Nachfrage nach alternativen Kapitalquellen wie Ihrer Evergreen-Lösung?

Das relativ geringere Angebot an Bankkrediten infolge der Übernahme der CS hat die Attraktivität einer Lösung wie unserer «Evergreen»-Anlagegruppe erhöht, da diese mehrheitlich in Eigenkapital investiert und nur in begrenztem Umfang Bankkredite einsetzt – typischerweise unter 15 Prozent. Dies ist bei klassischen Private-Equity-Fonds nicht der Fall, da diese ihre Akquisitionen in hohem Masse mit Bankkrediten finanzieren, typischerweise über 50 Prozent, sofern dies durch die Profitabilität der Unternehmen möglich ist.

Ihr Portfolio weist trotz hoher Marktschwankungen stabile IRR und geringe Volatilität auf. Welche Eigenschaften der Schweizer KMU erklären diese Resilienz? 

Das Renaissance-Portfolio umfasst erstens ausschliesslich KMU, die in der Vergangenheit ihre Resilienz und ihre Fähigkeit bewiesen haben, Herausforderungen der Schweizer Wirtschaft wie die US-Zölle oder die Aufhebung des Mindestkurses 2015 zu meistern. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass das Durchschnittsalter der von Renaissance gehaltenen KMU über 70 Jahre beträgt, darunter drei Unternehmen, die über hundert Jahre alt sind.

Zweitens fokussiert Renaissance seine Investitionen auf KMU, die eine führende Position in klar definierten Nischenmärkten mit hoher Wertschöpfung und begrenztem Wettbewerb innehaben. Wir sind nicht in breiteren globalen Märkten wie der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau investiert.

Drittens ist die Anlagegruppe in Schweizer Franken gezeichnet und investiert ausschliesslich in Schweizer KMU – ebenfalls in Franken. Somit ist Renaissance nicht direkt den Wechselkursrisiken ausgesetzt, die sich in jüngster Zeit erheblich auf Private-Equity-Fonds ausgewirkt haben, die in Dollar oder Euro gezeichnet und investiert sind. 

Viele Schweizer Pensionskassen sind traditionell zurückhaltend gegenüber illiquiden Anlagen. Was hat dazu geführt, dass mittlerweile über 45 Kassen in Renaissance Evergreen investieren?

Wir konnten sie von unserem Geschäftsmodell überzeugen: eine jährliche Liquidität dank Dividendenausschüttungen – jeweils 7 Prozent in den letzten sechs Jahren – bereits ab dem ersten Jahr der Investition, eine Performance über derjenigen der kotierten Schweizer Aktien (annualisierte IRR von 12 Prozent über die letzten sechs Jahre), eine deutlich geringere Volatilität als bei Schweizer Aktien sowie reale und greifbare Vermögenswerte in Form von Schweizer KMU mit einem über Jahrzehnte hinweg nachgewiesenen Track Record.

«Viele Schweizer KMU werden von internationalen Industriekonzernen übernommen. Dies stellt ein Risiko dar.»

Wo sehen Sie noch ungenutztes Potenzial?  

Viele Schweizer KMU werden von internationalen Industriekonzernen übernommen. Diese Art von Übernahme stellt ein Risiko für die langfristige Beständigkeit der Unternehmen dar, zumindest in der Schweiz. Um eine Erosion des industriellen Gefüges zu vermeiden, sollten die Führungskräfte dieser Unternehmen häufiger erwägen, ihre Unternehmen mit Hilfe von Schweizer Kapital – wie jenem von Renaissance – selbst zu übernehmen. Dadurch würden diese Schweizer KMU in Schweizer Händen bleiben und ihre Führungskräfte würden zu Aktionären und Mitinhabern ihres eigenen Unternehmens. 

Inwiefern könnte der Rückzug eines systemrelevanten Instituts wie der CS ein strukturelles Argument für Pensionskassen sein, vermehrt direkt in Schweizer KMU zu investieren?

Die Übernahme der CS durch die UBS hatte keine Auswirkungen auf Investitionen in Schweizer KMU, da diese beiden Banken im Bereich der Eigenkapitalfinanzierung von Schweizer KMU nicht aktiv sind. Somit hat die Übernahme der CS im Bereich des Eigenkapitals keine Lücke geschaffen – im Gegensatz zu den Bankfinanzierungen.

Wie wählen Sie die von Ihnen begleiteten Unternehmen aus?

Die Auswahl basiert im Wesentlichen auf drei Kriterien: der Positionierung des Unternehmens in einem Nischenmarkt mit hoher Wertschöpfung, der nachgewiesenen Fähigkeit des Unternehmens, wirtschaftliche Herausforderungen anhand seiner bisherigen Leistungen zu meistern, sowie dem langfristigen Engagement der Geschäftsleitung, die systematisch gemeinsam mit Renaissance investiert.

«Schweizer KMU machen zwei Drittel der Arbeitsplätze und mehr als 50 Prozent des Schweizer BIP aus.»

Welche Eigenschaften machen sie besonders attraktiv für institutionelle Investoren?

Schweizer KMU sind reale und greifbare Vermögenswerte. Viele KMU haben anhand ihrer vergangenen finanziellen Leistungen gezeigt, dass sie in der Lage sind, wirtschaftliche Krisen zu überstehen und sich kontinuierlich durch neue Produkte oder Dienstleistungen mit hoher Wertschöpfung zu erneuern, was hohe Margen ermöglicht. 

In diesem Jahr haben Sie ein Investitionstempo von 90 Millionen Franken erreicht – ein Plus von 47 Prozent. Spiegelt das eine Verlagerung institutionellen Kapitals Richtung Realwirtschaft und Stabilität – oder eher eine Reaktion auf die Schwankungen der Börsen?

Dies zeigt sicherlich ein wachsendes Interesse der Schweizer Pensionskassen an nicht kotierten Schweizer KMU, die ihre Resilienz unter Beweis gestellt haben. Zudem sind Investitionen in Schweizer KMU in Franken denominiert und somit nicht von der Währungsabwertung betroffen, wie dies bei ausländischen Fonds der Fall ist, die hauptsächlich in Dollar und Euro investieren. Man darf nicht vergessen, dass Schweizer KMU zwei Drittel der Arbeitsplätze und mehr als 50 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts ausmachen.