Top-Manager fliegen wieder – in Flugzeugen von Vistajet-Besitzer Thomas Flohr. Der Schweizer Unternehmer hat die Geschäftsreise-Fliegerei disruptiert. Nun hat er eine globale Business-Travel-Vision.

Die Passagierflieger der grossen Airlines sind noch mehrheitlich «gegroundet», doch die Businessjets von Thomas Flohr sind in der Luft. Der 60-jährige Besitzer von Vistajet hatte beim Ausbruch der Corona-Pandemie entschieden: «Wir werden alle unseren Angestellten behalten, und wir werden unsere Flugzeuge nicht am Boden lassen», sagte der Schweizer Unternehmer unlängst in einem Interview mit der Nachrichtenagentur «Bloomberg».

«Rückblickend war das die richtige Entscheidung.» Flohr hatte in den Monaten vor Corona massiv investiert. Exakt 43 neue Flugzeuge vergrösserten die Vistajet-Flotte auf 115 silber-rote Jets, die Passagiere nun auch via App buchen konnten.

Wirtschaft ist und bleibt global

Inzwischen sei Vistajet wieder auf 85 Prozent des Verkehrsaufkommens von vor der Coronakrise. «Unternehmer und die Geschäftsreisen der C-Suite haben wieder zugenommen», so Flohr. «Sie müssen dahin, wo attraktive Geschäfte zu machen sind. Die Wirtschaft ist und bleibt global, egal was die Leute erzählen.»

Geschäftsreisen mit Privatjets bieten nun noch mehr Vorteile als zuvor: Zur Flexibilität komme die viel grössere soziale Distanz in Privatjets im Vergleich zu grossen Passagierflugzeugen hinzu.

Während eines gewöhnlichen Fluges habe ein Passagier mehr als 700 Berührungspunkte, in Privatjets seien es etwas mehr 20, so Flohr. «Die Fluggäste wollen eine Kabine mit Leuten teilen, die sie kennen. Es ist egal, ob das in der Ersten Klasse ist, in der Businessklasse oder in der Economy.»

Durch Tech-Karriere reich geworden

Für den in Erlenbach am Zürichsee aufgewachsenen Flohr schien die Welt immer etwas zu klein zu sein. Festgefahrene Strukturen aufzubrechen, sei einer seiner grossen Antriebe im Leben gewesen. Einst wollte er Pilot werden – und 2003, dank einer erfolgreichen Tech-Karriere reich geworden, kaufte er sich seinen ersten eigenen Privatjet.

Dieser wurde aus dem engeren Bekanntenkreis so gut genutzt, dass Flohr kurz darauf noch ein Flugzeug kaufte und dann noch eins: 2004 gründete er Vistajet. Seine Absicht war nicht, den Branchenleader Netjets frontal anzugreifen, sondern bloss das Geschäftsmodell zu revolutionieren.

Warum sollte man dafür fünf Millionen ausgeben?

Anstatt – wie andere Anbieter – den Kunden einen Anteil am Flugzeug zu verkaufen, offerierte er seiner Klientel ein Konto, das sie mit Flugstunden füllen können. «Um von A nach B zu fliegen, muss man doch nicht ein Stück eines Flugzeugs kaufen», ereifert sich Flohr. «Das ist Blödsinn. Warum sollte man dafür fünf Millionen Dollar ausgeben? Kaufe einfach die ersten 50 Flugstunden. Auf dieser Basis haben wir das Unternehmen aufgebaut.»

Während ein Privatjet durchschnittlich auf 250 Flugstunden im Jahr kommt, sind Flohrs Jets viel näher an den 4'000 Flugstunden, die Passagierflugzeuge im Laufe eines Jahres in der Luft sind. Mit seinem Geschäftsmodell à la Sharing Economy verringert Flohr auch die Anzahl Leerflüge. Entweder besitzt Vistajet das Flugzeug und verkauft Flugstunden an die Mitglieder. Oder ein Kunde besitzt das Flugzeug und Vistajet garantiert eine monatliche Rückzahlung.

Reisebudgets werden angepasst

Flohr verneint nicht, dass diese Art der Fliegerei sehr teuer ist – 10'000 Dollar pro Flugstunde – aber er ist überzeugt, dass seine Klientel die Vorzüge mehr denn je zu schätzen weiss. «Ich glaube, die Reisebudgets werden nun angepasst», sagte er. Vielleicht werde auch weniger geflogen. Doch wenn es geschehe, dann wollten Kunden sichergehen, dass sie die Vorzüge eine Privatjets hätten.

Zurzeit bleibt den globalen Geschäftsnomaden vielfach nur die Wahl Privatjet. Viele Flugrouten liegen still, da sie für die Airlines zurzeit nicht profitabel seien. Eine Erholung sieht Flohr nicht. «Den Airlines geht es wahrscheinlich besser, wenn sie ihre Flugzeuge am Boden behalten, als wenn sie mit einer Auslastung von nur 30 Prozent fliegen.»