Die Inflationserwartungen in Erfahrung zu bringen, sei jetzt besonders günstig, findet Jim Leaviss von M&G.

Jim Leaviss ist Anleihen-Experte bei M&G

Die Ergebnisse der YouGov-Umfrage von M&G zu den Inflationserwartungen im Mai 2013 deuten darauf hin, dass die Konsumenten in den meisten Staaten davon ausgehen, dass die Inflation sowohl im nächsten Jahr als auch in fünf Jahren über dem aktuellen Niveau liegen wird.

Noch nie war der Zeitpunkt, die Konsumenten nach ihrer Einschätzung zu fragen, so günstig wie im Moment. Denn die Zinsen sind zurzeit so niedrig wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Gleichzeitig stecken die Notenbanken mitten in ihrem «quantitativen Lockerungsexperiment», während die Politiker immer noch unschlüssig sind, ob ein strenger Sparkurs der richtige Weg ist oder nicht.

Wichtig für die Geldpolitik

Die Studie zielt darauf ab, die Erwartungen der Konsumenten hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Entwicklung der Inflation zu ermitteln. Umfragen zu den Inflationserwartungen der Verbraucher, von denen es eine ganze Reihe gibt, sind inzwischen zu einer entscheidenden Komponente der Geldmarktpolitik geworden.

So erwartet man in Grossbritannien, dass die Teuerungsrate auf 1- und 5-Jahresbasis die CPI-Zielvorgabe der Bank of England von 2,0 Prozent übersteigen wird.

Höhere Teuerung

Auch in sämtlichen befragten Staaten der Europäischen Währungsunion (EWU) geht man davon aus, dass die Inflation sowohl in den kommenden zwölf Monaten als auch in fünf Jahren über der angestrebten CPI-Rate der Europäischen Zentralbank von 2,0 Prozent liegen wird.

Insgesamt erwartet man in allen Ländern, dass die Inflationsrate in fünf Jahren höher sein wird als momentan, während man in vier Staaten – Hongkong, Italien, Singapur und Spanien – sogar davon ausgeht, dass die Teuerungsrate in einem Jahr mindestens 3,0 Prozent betragen wird.

Lektüre für die Notenbanker

Es gibt allerdings auch einige ermutigende Anzeichen dafür, dass die kurz- und mittelfristigen Inflationserwartungen in einigen Ländern von ihrem Niveau im Februar inzwischen wieder gesunken sind.

Eigentlich sollten die Notenbanker diesen Bericht unbedingt lesen – vor allem, weil ein Zeitraum von mehreren Jahren betrachtet wird, so dass Trends, die sich möglicherweise entwickeln, auch beobachtet werden können. Schliesslich betonen Ben Bernanke, Mark Carney und Mario Draghi immer wieder, wie wichtig die Inflationserwartungen für die Preisstabilität und die wirtschaftlichen Vorteile sind, die diese mit sich bringt.

Indikator für ungewöhnliche Veränderungen

Auch für die Konsumenten und die Märkte ist dieser Bericht relevant, und zwar insbesondere angesichts des zu erwartenden Kurswechsels bei den Notenbanken, im Rahmen dessen die Eindämmung der Verschuldung und der Arbeitslosigkeit für die Notenbanken immer wichtiger wird als die Einhaltung von Inflationszielen und die Gewährleistung von Preisstabilität.

An diesem Punkt sind wir derzeit zwar noch nicht, aber Initiativen wie die M&G YouGov Umfrage zu Inflationserwartungen könnten als Indikator für eine ungewöhnliche Veränderung der Inflationserwartungen dienen. Dann würde den Notenbanken ihre bisher härteste Bewährungsprobe bevorstehen: ihre Glaubwürdigkeit als Bekämpfer der Inflation nicht einzubüssen.