Nachhaltigkeitsberichte über Unternehmen vermitteln nicht immer ein umfassendes Bild. Das «LGT ESG Cockpit» stützt sich deshalb nicht nur auf qualitative, sondern auch auf quantitative Faktoren ab.

Von Alexander Zanker, LGT Capital Partners

Investoren, die an der nachhaltigen Ausrichtung ihrer Geldanlagen interessiert sind, benutzen sehr oft Nachhaltigkeitsbewertungen, um Standards und die Leistung von Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit zu vergleichen. Diese orientieren sich meist an den Leistungen in den drei Bereichen E, S und G, also Umwelt (Environment) Soziales (Social) und Standards der Unternehmensführung (Governance).

Dabei werden idealerweise sowohl die Produkte oder Dienstleistungen des jeweiligen Unternehmens bewertet, als auch das Unternehmen selbst analysiert. Dazu stehen grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Analyseebenen zur Verfügung:

  • einerseits die qualitative Betrachtung von Massnahmen und Initiativen eines Unternehmens, also etwa Selbstverpflichtungen, Prozess-Beschreibungen zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen, Mitgliedschaften in ESG-Organisationen, etc.
  • Andererseits liefert auch die quantitative Erfassung von bestimmten Indikatoren wichtige Informationen zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsbewertung, zum Beispiel der Ausstoss von Treibhausgasen, die Zahl der Unfälle in der Produktion oder das Lohngefüge der Mitarbeiter.

Im Idealfall systematisch integriert

Es zeigt sich, dass ein rein qualitativer Ansatz, der vor allem auf der Betrachtung von Initiativen oder Reglements beruht, dazu führt, dass grosse Firmen systematisch bessere Nachhaltigkeitsbewertungen erhalten. Das liegt vor allem daran, dass diese Unternehmen die zunehmende Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit für Investoren, Kunden und die Öffentlichkeit erkannt und entsprechend Ressourcen bereitgestellt haben, um ein breites Spektrum an Massnahmen und Initiativen zu erarbeiten und umfassend darüber zu informieren.

Daher ist es bei der Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen wichtig zu betrachten, was sich in der direkten Vergleichsgruppe als Standard etabliert hat. Nur so wird ersichtlich, ob sich einzelne Unternehmen wirklich positiv abheben. Die Einführung von Richtlinien und Initiativen ist ein wichtiger Schritt, sagt aber wenig über die Wirkung dieser Massnahmen aus und verzerrt daher die Nachhaltigkeitsbewertung.

Mit quantitativen Analysen hingegen werden Indikatoren erhoben, die Rückschlüsse auf die Wirksamkeit von Nachhaltigkeitsmassnahmen erlauben und ausserdem deutlich besser vergleichbar sind als qualitative Werte.

Das LGT-Cockpit

Bei LGT Capital Partners haben wir mit dem «LGT ESG Cockpit» ein System entwickelt, das auf der Daten-Grundlage externer Anbieter wie «Thomson Reuters» oder «Inrate» Nachhaltigkeitsbewertungen für Unternehmen und Staaten erstellt. Für Unternehmen nutzen wir hierbei eine Fülle von qualitativen und quantitativen Daten und Kennzahlen, um anhand eigens entwickelter Schlüsselindikatoren (sogenannte Key Performance Indicators oder KPIs) ein umfassendes Leistungsbild im Bereich Nachhaltigkeit zu erhalten.

Für die Portfoliokonstruktion werden diese Bewertungen schliesslich noch mit qualitativen Erkenntnissen unserer Sektoranalysten in Bezug gesetzt. Die Nachhaltigkeitsanalyse wird zudem mit den Ergebnissen der Fundamentaldatenanalyse integriert.

Wesentlichkeit zählt

Zudem tragen wir bei unseren Nachhaltigkeitsbewertungen einem weiteren Aspekt Rechnung, der sogenannten Wesentlichkeit. Dahinter steht die Erkenntnis, dass nicht alle Nachhaltigkeitsindikatoren für alle Unternehmen die gleiche Relevanz haben. So sind beispielsweise für eine Bank die direkten Treibhausgasemissionen weitestgehend irrelevant, da sie sich nur minimal auf den Klimawandel auswirken, während die finanzierten Projekte hierzu viel grössere Beiträge liefern.

Für ein Versorgungs- oder Energieunternehmen hingegen sind die eigenen Treibhausgasemissionen ein sehr grosser, wenn nicht sogar der grösste Einzelbeitrag zum gesamten Umwelteinfluss der wirtschaftlichen Tätigkeit und daher sehr relevant. Aufgrund dieser Erkenntnis haben wir die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte für viele verschiedene Branchen analysiert, um sie anschliessend auszuwählen und entsprechend zu gewichten.

Dabei haben wir auch industriespezifische Daten wie Betriebsunfälle oder Emissionen bestimmter gefährlicher Chemikalien berücksichtigt, die in die Gewichtung der Nachhaltigkeitswerte für verschiedene Branchen eingeflossen sind. Wir sind überzeugt, dass uns dies erlaubt, präzisiere Nachhaltigkeitsbewertungen zu erstellen.


Alexander Zanker ist bei LGT Capital Partners für das hauseigene Analysetool «ESG Cockpit» zuständig. Mit diesem wird auf der Grundlage externer Daten eine Bewertung des Nachhaltigkeitsgrades für eine Vielzahl von Firmen weltweit sowie für Länder berechnet. Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Physik an der Technischen Universität Stuttgart wandte er sich der Finanzwelt zu. Im Laufe der vergangenen Jahre beschäftigte er sich mit vielen verschiedenen quantitativen Fragestellungen in dieser Branche.