Während das Gros der Finanzbranche noch an der Digitalisierung der Systeme arbeitet, macht eine US-Bank in Asien bereits den nächsten Entwicklungsschritt – und bringt Schweizer Institute unter Zugzwang.

Die Citi Private Bank ist komfortabel die Nummer 2 hinter der UBS in der Vermögensverwaltung im asiatisch-pazifischen Raum. Dass sich die US-Bank damit nicht begnügt, hat sie verschiedentlich zum Ausdruck gebracht.

So startete die Citigroup vor zwei Jahren unter anderem eine digitale Offensive auf asiatische Affluent-Kunden. Im Zentrum steht dabei das automatisierte und standardisierte Beratungsprodukte Citi Priority, das die Bank über Online-Kanäle an die asiatische Kundschaft vertreibt.

Massiver Rollout

Und es ist die Citigroup, die nun in Asien-Pazifik – sowie in weiteren Schwellenmärkten — einen weiteren Schritt in Richtung «Banking der Zukunft» macht. Sie führt in 16 Ländern in Asien und weiteren Schwellenmärkten eine virtuelle Bankfiliale ein.

Der technische Dienstleister der Citigroup, der polnische IT-Entwickler Ailleron, überschlug sich in seiner Mitteilung zum «virtual launch» der Citigroup regelrecht in Superlativen. Es sei die grösste Lancierung virtueller Bankfilialen weltweit, mehr als 100 Millionen Bankkunden würden damit angesprochen, Kosten würden gespart – und virtuelles Banking sei für die Finanzinstitute ertragsreicher als Online-Banking.

Bis zu 95 Prozent des Bankangebots virtuell

Die Citigroup setzt dabei auf das System Livebank. Gemäss Eigenwerbung kann Livebank bis zu 95 Prozent der gesamten Angebotspalette eines Institutes digitalisieren – und gleichzeitig den direkten Kundenkontakt aufrechterhalten.

Darin liegt gemäss den Promotoren der virtuellen Bank der grosse Vorteil gegenüber dem Online-Banking: Es schliesse die Lücke zwischen dem beratungsintensiven aber teuren traditionellen und dem kostengünstigen elektronischen Banking, das bei komplexeren Angeboten rasch an seine Grenzen stosse.

Persönlicher Kontakt anstatt Call Center 

Wenn Banken dauernd von den Möglichkeiten von personalisiertem Banking durch Digitalisierung und über Online-Kanäle sprechen, bietet das virtuelle Banking genau dies. Call Center hätten ausgedient, stattdessen ermögliche die virtuelle Bank persönlichen Kontakt, Austausch und vertiefte Beratung, so Ailleron.

Zudem sei die sogenannte Konversion in virtuellen Bankfilialen höher als beim Online-Banking. Sprich: Die Kundeninteraktion ist höher und entsprechend auch der Verkauf von Dienstleistungen und Produkten.

Mehr als Video-Banking

Verschiedene Schweizer Banken wie die Glarner und die Basler Kantonalbank haben bereits virtuelle Filialen aufgebaut. Im Wesentlichen erlauben diese das Client-Onboarding, Investieren, Terminvereinbarungen und die Kommunikation mit Beratern. Andere Banken wie Raiffeisen experimentieren mit Video-Beratung in «Geister-Filialen». Zweck dieser Übung ist, mehr Kosten zu sparen als tatsächlich neue Ertragsmöglichkeiten zu erschliessen.

Citigroup geht mit Livebank einen Schritt weiter: Der virtuelle Kundenkontakt ist eng verknüpft mit digitalisierten Verkaufsprozessen und Produkteangeboten. Beratungen können «live» durchgeführt und Produkte vorgeführt werden – offenbar viel effizienter und mit weniger Zeitaufwand.

Ein klassisches «Leapfrogging»

Für die polnische Firma Ailleron ist klar, dass in Zukunft alle weltweit tätigen Institute auf die virtuelle Bank setzen werden.

Die Citigroup expandiert damit strategisch klug in Schwellenländer und vollführt dort «Leapfrogging»: Anstatt physischer Präsenz mit angehängtem Online-Banking setzt das US-Institut gleich auf Virtualität. In Ländern, in denen die Telekommunikationsnetze teilweise weit besser entwickelt sind als Verkehrsinfrastruktur und individuelle Mobilität, macht dies Sinn.

Die Bank trifft zudem auf eine potenzielle Kundschaft, die Vermögen aufbaut und bislang kaum Zugang zu Bankprodukten hatte.

Keine Schweizer Präsenz in der Virtualität

Die Schweizer Wealth-Management-Leader UBS und Credit Suisse haben dergleichen nicht in petto. Im Ausland setzen die Schweizer Banken nach wie vor auf Repräsentanz und physischen Kontakt in der Meinung, Millionäre und Milliardäre schätzten dies besonders und seien auf Grund der Komplexität ihrer Bedürfnisse auch darauf angewiesen.

Das Affluent-Geschäft gehen die Institute zögerlich mit Robo-Advice-Angeboten an. In der virtuellen Bankenwelt sind sie noch nicht präsent.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.52%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.69%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.01%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.72%
pixel