Der Brexit führt zur Schwächung des Finanzplatzes London und zur Stärkung von Banken-Städten wie Frankfurt, Paris oder Madrid. UBS-Investmentbank-Chef Andrea Orcel vertritt da eine andere Meinung.

Der einzige Profiteur der Folgen eines harten Brexits wären die USA. So viel ist für Andrea Orcel, President der UBS Investmentbank, klar. Orcel sagte gemäss «Business Insider» am Dienstag an einem Anlass in London, dass der Brexit weder für Grossbritannien noch für das restliche Europa einen Gewinn darstellen würde, käme es zu einer Aufsplitterung der Finanzindustrie in Europa.

Orcels Befürchtungen sind berechtigt. Es besteht die Möglichkeit, dass Grossbritannien für die dort ansässigen Banken den EU-Passport verliert. Um ihre Dienstleistungen weiterhin in Europa anbieten zu können, müssten diese Banken neue Niederlassungen in einem EU-Land gründen.

Kein Grund zur Freude

Zahlreiche Grossbanken sind bereits daran, sich auf dieses Szenario einzurichten, was Befürchtungen eines Banker-Exodus aus der Londoner City schürt. Auf der anderen Seite frohlocken Standortförderer in Frankfurt, Paris, Dublin oder Madrid, wohin die Investmentbanken Teile ihres Personals verlagern wollen.

Orcel sieht keinen Grund, diese Freude zu teilen. Sollte Grossbritannien tatsächlich den EU-Passport verlieren, «wären die USA der alleinige klare Profiteur», so der UBS-Topmanager. Er sieht die Nachteile einer Fragmentierung vor allem auch in Bezug auf die für den Markt notwendige Liquidität.

Das «Ökosystem» Londons

New York würde als Nummer 1 der wichtigsten Finanzplätze der Welt unanfechtbar. Die regulatorischen Bedingungen sind dort klar, stabil und werden sich laut Orcel in nächster Zeit auch nicht ändern.

Doch der CEO der UBS Investmentbank malt den Teufel nicht an die Wand. London werde weiterhin höchstwahrscheinlich der wichtigste Finanzhub Europas bleiben, da die City über ein «Ökosystem» verfüge, welches andere Städte kaum ersetzen könnten. Orcel meint damit Dienstleistungsangebote und -sektoren, die sich um die Finanzindustrie gebildet haben, wie Schulen, Wohnungsangebote, Kultur und andere.

Niemand will weg

Zudem habe London eine gewisse «stickiness», sprich, Banker würden die Stadt nur höchst ungern verlassen, um woanders ein neues Leben anzufangen. Orcel weiss, wovon er spricht, lebt er doch selber teilweise in London.

Ausserdem tut sich der Investmentbank-Chef offenbar selber schwer mit der Entscheidung, wohin die UBS ihre Investmentbanker verschieben soll: Frankfurt, Paris oder Madrid. 

Forderung nach Klarheit

Orcel wiederholte auch am Dienstag, dass die UBS sich ihre Optionen offen halte. Ursprünglich war die Rede von rund 1'500 Jobverlagerungen, sollte Grossbritannien den Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren. Orcel sagte aber, dass die UBS eigentlich niemanden zwingen will, London zu verlassen und darum Freiwillige sucht.

Es sei von höchster Wichtigkeit, dass bezüglich des Brexit und seiner Ausgestaltung möglichst bald Klarheit herrsche. Spätestens im kommenden ersten Quartal müssten die Banken wissen, was Sache ist, um ihr Verlagerungspläne zu konkretisieren. Denn der Aufbau einer neuen Niederlassung braucht unter den gegenwärtigen regulatorischen Bedingungen mindestens ein Jahr.

 

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