Innert weniger Wochen haben gleich drei Chefs von Schweizer Privatbanken das Handtuch geworfen. Die Gründe für die Abgänge mögen verschieden sein. Etwas ist ihnen gemeinsam.

Nun hat es auch Adrian Künzi erwischt: Fünf Jahre lang hat der ehemalige Wegelin-Partner versucht, Notenstein La Roche im Schweizer Private-Banking-Markt zu verankern – und ist schliesslich doch gescheitert.

Keine zwei Wochen vor ihm trat ein anderer Private-Banking-Kämpe unvermittelt ab: Joachim Strähle verliess die EFG International mitten im Integrationsprozess der übernommenen Tessiner Privatbank BSI. Und ein Monat zuvor nahm ein weiterer, hochdekorierter Bankmanager den Hut: Walter Berchtold trennte sich von der Falcon Private Bank im Streit mit den Aktionären.

Parallelen im Scheitern

Drei Privatbanken, drei CEO und dreimal unterschiedliche Beweggründe für den jähen Exit. Doch mit etwas Abstand zeigen sich Muster und Parallelen. Die Gründe liegen weniger in einem persönlichen Versagen als am Aufeinanderprallen zweier Welten: jene des «alten» Private Banking mit jener, des von aussen erzwungenen Wandels.

Sowohl Künzi als auch Strähle und Berchtold sind Vertreter der alten Schule im Swiss Banking, das gerade versucht, sich neu zu erfinden. Notenstein La Roche, EFG International und die Falcon Private Bank gehören zu jenen Instituten in der Schweiz, auf denen der Zwang zum Wandel besonders lastet. In dieser Konstellation offenbaren sich die gemeinsamen Schwächen von heute wie auch die Lehren, die sich für die Zukunft daraus ziehen lassen.

1. Der Bankmanager von heute hat andere Qualitäten

Wer heute eine Bank führen will, muss deutlich mehr interdisziplinäres Know-how haben als noch vor einigen Jahren. Man könnte auch sagen: Am einen Ende des Spektrums sind dies vertiefte Kenntnisse im Risikomanagement, während am anderen Ende das technologische Know-how steht.

Diese breite Anforderungspalette von Fähigkeiten und Fachwissen bedingt weniger eine Generalisten-Ausbildung, als vielmehr eine Offenheit gegenüber Veränderungen und äusseren Einflüssen. Darüber hinaus ist intellektuelle Flexibilität gefragt. Berchtold, Strähle und Künzi (Bild unten), sie alle stützten ihre Karriere auf traditionell geprägtem Banking-Know-how ab. Irgendwann wurde das im Zuge der Transformation im Finanzsektor zu wenig.

KUENZI 500

2. Banken in der Todeszone

Falcon, Notenstein und EFG operieren in der sogenannten Todeszone des Swiss Private Banking. Verschiedene Studien untermauern dies: Mittelgrosse Institute sind die klaren Verlierer der gegenwärtigen Konsolidierung in der Branche. Sie leiden am stärksten unter den Abflüssen von Offshore-Geldern. Ihre operativen Ergebnisse schrumpfen seit Jahren dramatisch.

Strähle wählte mit EFG International die Flucht nach vorn und stürzte sich in ein Übernahmeabenteuer mit der BSI. Künzi blieb in seinem Ansatz stecken, Notenstein La Roche zur führenden Privatbank im Schweizer Markt zu formen. Und Berchtold (Bild unten) musste den 1MDB-Skandal aufwischen und die vom Emirat Abu Dhabi kontrollierte Bank neu positionieren – was sich offenbar als weitaus schwieriger erwies, als er gedacht hatte.

Bertchold Walter 500

Noch lässt sich nicht abschätzen, ob die drei CEO in ihren Banken einen Scherbenhaufen hinterlassen, oder ob sie ihre Institute bereits zukunftsfähig gemacht haben. Das «Operieren in der Todeszone» hat sich aber für alle drei Manager offensichtlich als eine viel grössere Herausforderung entpuppt als sie alle drei angenommen hatten.

3. Private Banking allein ist kein Merkmal mehr

In den «Goldenen Jahren» spielten das Offering und die Positionierung eines Instituts im Swiss Banking eine untergeordnete Rolle: Die Kunden klopften mit ihren Koffern voller (unversteuerter) Millionen ohnehin an. Doch das ist endgültig vorbei.

In Zeiten der Steuertransparenz wird in der Branche Kundenorientierung als die Erfindung gefeiert. Doch damit allein ist noch nichts getan. Das Gebot der Stunde ist Differenzierung. Künzi hat dies bei Notenstein La Roche am wenigsten zustande gebracht. Seit Bestehen hat es das Institut nie verstanden, sich in irgendeiner Weise von der Konkurrenz zu unterscheiden. Allein die Tatsache, dass die Muttergesellschaft, die genossenschaftliche Raiffeisen ein Triple-A-Rating hat, reicht als Überzeugungsargument nicht aus.

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Strähle (Bild oben) vollzog im Zuge der BSI-Übernahme auch ein Rebranding der EFG-Marke. Doch die Identität des Instituts mit ihrem «praktischen Private-Banking-Ansatz» blieb austauschbar. Berchtold wiederum versuchte mit Falcon zwei Schritte in einem: die strategische Neuausrichtung und den Sprung ins digitale Wealth Management. Das Ergebnis «agile Private Banking» ist mehr Wortklauberei als klare Differenzierung von der Konkurrenz.

4. Zuruf an Verwaltungsräte: Keine Schlachtrösser mehr!

Scheitert ein CEO, so ist das gleichsam auch ein Versagen des Verwaltungsrats. Natürlich liegt es auf der Hand, dass Aufsichtsräte gerne Manager engagieren, die ihre Sporen in einem Umfeld abverdient haben, als das Gewohnheitsrecht in der Branche noch etwas galt und die Geschäftsmodelle noch unantastbar waren. Und darüber hinaus haben sich Manager wie Berchtold und Strähle in Krisen-, Umstrukturierungs- und Wachstumsphasen durchaus bewährt.

Doch heute ist die Ausgangslage ist eine ganz andere: Gegen einbrechende Margen und anhaltend tiefe Zinsen ist mit dem bisherigen Managementwissen nicht mehr viel zu bewegen. Hinzu kommen der unaufhaltbare Wandel durch die Technologie, neue Kundengewohnheiten und die muntere Konkurrenz quirliger Fintech-Firmen.

Unter diesen Prämissen braucht es Manager, die sich auch ausserhalb der Private-Banking-Domäne bewegen können, mutig bis unkonventionell sind, und die intellektuellen Voraussetzungen besitzen, um das Risiko des Wandels als Chance zu zu begreifen. Verwaltungsräte müssen sich dabei genauso umorientieren wie die Bankenmanager, die sie künftig auf die Payroll setzen.

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