Bei EFG International ist es zu einem abrupten CEO-Wechsel gekommen. Die bisherigen Spekulationen über den Abgang von Joachim Strähle greifen indessen zu kurz, wie Recherchen von finews.ch ergaben. 

Der 50-jährige Italiener Giorgio Pradelli ist an sich die logische Wahl für den CEO-Posten bei der Schweizer Privatbank EFG International, die von der griechisch-schweizerischen Familie Latsis kontrolliert wird. Trotzdem sorgte seine Nomination am (gestrigen) Mittwoch für einige Verwunderung in der Branche. Insbesondere deshalb, weil der amtierende und weitum bekannte Joachim («Joe») Strähle abrupt geht und dabei auch nicht in den Verwaltungsrat aufrückt.

Daraus zu folgern, Strähle sei gescheitert, greift allerdings zu kurz, sofern man sich die Mühe nimmt, den wahren Begegenheiten auf den Grund zu gehen. Zugegeben, EFG International sorgte in den vergangenen Jahren nicht unbedingt für Erfolgsmeldungen am Laufband, und die Übernahme der gebeutelten Tessiner Banca della Svizzera Italiana (BSI), die in Asien kriminelle Gelder im grossen Stil wusch und so ihre Lizenz verlor, war alles andere als ein Bravourstück. Das Institut, das es heute nicht einmal mehr gibt – weil es in die EFG integriert wurde, ist auch noch immer Gegenstand von strafrechtlichen Ermittlungen in Italien.  

Eine gewisse Ironie

Es entbehrt auch nicht einer gewissen Ironie, dass Strähles Abgang genauso irritierend anmutet wie sein seinerzeitiger Amtsantritt. Der frühere Bank-Sarasin-Chef war 2015 zunächst ganz überraschend wieder in der Branche aufgetaucht, um das Präsidium des Verwaltungsrats der EFG International zu übernehmen. Doch als es dann so weit war, vollzog er mit dem damaligen CEO John Williamson eine Rochade, wie auch finews.ch berichtete.

Strähle wurde CEO, Williamson Präsident – ohne, dass je kommuniziert wurde, was der tiefere Grund dafür war. Allerdings blieb nicht viel Zeit, sich darüber gross Gedanken zu machen, da Strähle als operativer Chef auf einen ambitionierten Expansionskurs einschwenkte und sich schon bald die BSI anlachte.

Kündigung, Machtkampf, Vertrauensverlust?

Wurde Strähle gefeuert? Ist er das Opfer eines internen Machtkampfs? Oder verlor er das Vertrauen der Besitzerfamilie, namentlich jenes, des 71-jährigen Oberhaupts Spiros Latsis? Nichts von all dem.

Wie mehrere, voneinander unabhängige Quellen am Mittwoch gegenüber finews.ch bestätigten, sind es gesundheitliche Gründe, die Strähle zum Rückzug veranlasst haben. Worum es sich genau handelt, wissen indessen selbst engste Vertraute nicht. Das ist zu respektieren. Strähle war für eine Stellungnahme am Mittwoch nicht verfügbar.  

Ein unbeschriebenes Blatt

So wechselt das Zepter nun zu Pradelli, einem geradezu prädestinierten Nachfolger, amtete er doch bereits seit fast vier Jahren als Stellvertreter Strähles. Und trotz seiner zusätzlichen Verantwortung als Finanzchef ist er in der weiteren Bankszene sozusagen ein unbeschriebenes Blatt. «Er ist auch deswegen kaum bekannt, weil er sowohl Kontroversen als auch der Öffentlichkeit aus dem Weg geht», sagte ein Weggefährte aus Turin am Mittwoch gegenüber finews.ch.

Insgesamt arbeitet Pradelli bereits seit 14 Jahren für verschiedene Firmen aus dem EFG-Imperium. Doch seine Karriere in der Finanzwelt startete er 1991 im Private Banking der Deutschen Bank in Italien, wo er eine steile Karriere im Wealth und Asset Management, sowohl in Frankfurt und später auch in London, absolvierte. Unter anderem machte er sich einen Namen als Spezialist für Onshore-Private-Banking und war damit seiner Zeit weit voraus. 

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