Collardi war sich dessen bewusst. Er wollte weiterhin akquirieren, hatte die EFG International in Zürich auf dem Radar und die Notenstein La Roche Privatbank in St.Gallen. Doch die völlig neue Situation bei Julius Bär hat nun wieder eine Option in den Mittelpunkt gerückt, die in den vergangenen Jahren mehrfach für Spekulationen gesorgt hat: Eine Fusion mit der Credit Suisse (CS).

Strategisch plötzlich sinnvoll

finews.ch hörte sich bei Investmentbankern um. Und siehe da: Das Thema ist wieder aktuell. «Strategisch würde ein Zusammengehen Sinn machen», sagte der Chef Investmentbanking einer grösseren Auslandbank zu finews.ch. Ein M&A-Berater sagte, man könne sicher sein, dass CS-CEO Tidjane Thiam (Bild) sich mit seinem Management über diese Option unterhalte.

Thiam 500

Somit könnte Sauters Rettungsanker bei Thiam liegen. Denn auch der CS-CEO muss sich nach der schon fast überstandenen Restrukturierung der Grossbank die Frage stellen: Was nun?

Aufholen zur UBS

Wachstum ist auch bei der CS ein Imperativ. Während das Internationale Wealth Management unter Iqbal Khan in den letzten Quartalen gesunde Zuflüsse von Kundengeldern sah, würden die Assets einer Julius Bär das Geschäft in eine höhere Liga heben.

In Asien würde die CS mit den Bär-Geldern den Quantensprung erreichen, der sie in die Nähe der USA katapultieren würde. Und in der Schweiz könnte Thiam sein ursprüngliches Versprechen einlösen, den Heimmarkt auch mittels Akquisitionen zu stärken.

Einige hohe Hürden

Eine Fusion von CS und Julius Bär wäre finanziell höchst anspruchsvoll und komplex. Die CS müsste für die geschätzten 14 Milliarden Franken Übernahmepreis nochmals Kapital aufnehmen.

Ein weiterer Punkt sind die unterschiedlichen Unternehmenskulturen. Die CS hat mit der Integration der Clariden Leu eine schmerzliche Lektion erteilt bekommen. Bei Julius Bär arbeiten zahlreiche Kundenberater, welche keine Grossbank mehr von innen sehen wollen.

Die Erwartungshaltung ist da

Eine hohe Hürde stellen auch die IT-Systeme: Beide Banken haben grossen Modernisierungsbedarf. Es wären Ausgaben von hunderten Millionen Franken notwendig, um eine gemeinsame IT-Plattform zu schaffen, welche schlussendlich auch Kostensynergien schaffen würde.

Eine Fusion der beiden Traditionsbanken käme einem Erdbeben auf dem Schweizer Finanzplatz gleich – und wäre womöglich der grosse Wurf, der inzwischen von Beobachtern wie auch CS-Investoren von Thiam erwartet wird.

Mut und Überzeugungskraft

In seinen zweieinhalb Jahren als Chef der zweitgrössten Schweizer Bank hat sich der ivorisch-französische Doppelbürger und frühere McKinsey-Berater als kühler Stratege und harter Restrukturierer hervorgetan.

Eine Fusion mit Julius Bär anzustreben, bräuchte hingegen Thiams Mut und Überzeugungskraft. Bär-Präsident Sauter würde die Entscheidung wohl leichter fallen, weil er die deutlich kleinere und damit verletzliche Privatbank in einen «sicheren Hafen» führen würde. So oder so stehen schwere Entscheidungen an: Bei Sauter wie bei Thiam.

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