Die Privatbank Julius Bär ist nach dem Abtritt von Boris Collardi verletzlich geworden. Präsident Daniel Sauter braucht einen Rettungsanker – und der könnte Tidjane Thiam sein.

Daniel Sauter (Bild unten) hat die wohl schwierigsten Tage seiner Karriere. Unvermittelt steht die Privatbank Julius Bär ohne ihren Erfolgsgaranten Boris Collardi da.

Verwaltungsratspräsident Sauter muss sich den Vorwurf gefallen lassen, für diesen Fall nicht vorgesorgt zu haben. Den neuen CEO Bernhard Hodler präsentierte der Verwaltungsrat gleichsam als «lame duck»: Der 58-jährige frühere Risikochef ist offensichtlich nicht die definitive Wahl. Ein Evaluationsprozess für die langfristige Führung der Gruppe sei eingeleitet, hiess es.

Daniel Sauter

Sauter könnte selber Gegenstand der Nachfolgeplanung sein. Der Bär-Präsident möchte die Bank per Ende 2018 verlasssen, sagte eine gut informierte Quelle zu finews.ch. Julius Bär dementierte dies am Dienstag umgehend. Sauter hege keinerlei Rücktrittsgedanken, hiess es beim Zürcher Institut.

Ein seltsam unsichtbarer Präsident

Der 60-Jährige ist auch in seinem fünften Jahr als Verwaltungsratspräsident der renommierten Privatbank seltsam unsichtbar geblieben – wie auch seine Gremiumsmitglieder. Die Wachstums- und Erfolgsstory der einst verschlafenen Zürcher Privatbank gehört alleine Collardi.

Sauter und der Verwaltungsrat machten nie den Eindruck, als ob sie die strategischen Geschicke der Bank in der Hand hätten, geschweige denn den «Vollgas»-Banker Collardi unter Kontrolle.

Schalten und walten

Das ging lange gut. Mit nur 34 Jahren CEO geworden, baute Collardi (Bild) Julius Bär mittels Übernahmen wie Merrill Lynch, Bank Leumi, Commerzbank und Kairos und opportunistischer Personalpolitik zu einem globalen Player im Wealth Management mit knapp 400 Milliarden Dollar an Kundengeldern auf.

Collardi 502

Auch die Beilegung des Steuerstreits mit den USA war Collardis Werk. Der Erfolg gab ihm recht. Dafür konnte der heute 43-Jährige unter den Augen des Verwaltungsrates scheinbar schalten und walten, wie er wollte.

Collardi wollte weiter akquirieren

Das Ergebnis jener losen Zügel: Ohne Collardi ist Julius Bär über Nacht verletzlich geworden. Die Wachstumsfantasie ist mit einem Mal verpufft. Die Bank muss sich drängenden Fragen über ihre Zukunft stellen, denn die Wachstumskurve bei den Kundengeldern wird unweigerlich flacher, während der Druck auf die Margen kaum nachlässt.

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