Die Privatbank Lombard Odier hat in ihrer Geschichte eines nie getan: Ihre Bilanz strapaziert und Konkurrenten gekauft. Im Gespräch mit finews.ch lässt Patrick Odier durchblicken, dass sich das ändern könnte.

Lombard Odier und Pictet liefern sich einen Wettstreit in Traditionalismus und Masshalten. Die beiden Genfer Privatbanken haben eine über zwei Jahrhunderte lange, wechselvolle Geschichte. Doch eines haben beide Instiute in der ganzen Historie nie getan: Sie haben noch nie eine andere Bank gekauft.

Dafür gibt es gute Gründe. Erstens das Risiko: Die Eigentümer und Partner der Privatbanken hafteten bis vor wenigen Jahren mit ihrem ganzen Vermögen für die Institute. Mit einem Zukauf würde das eigene Vermögen geschmälert, und die Sicherheitsgarantie für die Kundschaft würde sich massiv vermindern.

Der Wandel macht nicht halt

Zweitens die Kultur: Beide Institute berufen sich stark auf ihre Herkunft und die überlieferte Tradition. Der Kauf einer anderen Bank könnte zu einem «Clash» der Kulturen führen. Und schliesslich gibt es Fragen der Organisation. Das Management der Banken und die Funktionen der Partner sind voll auf das Geschäft mit den Kunden konzentriert. Eine Akquisition würde die Aufmerksamkeit weg vom Kunden auf Interna lenken.

Doch der Wandel im stark auf das internationale Geschäft ausgerichtete Swiss Banking macht vor den Traditionsbanken nicht halt. Sowohl Pictet als auch Lombard Odier änderten im Jahr 2014 ihre Gesellschaftsform, um den gestiegenden externen Risiken – der Steuerstreit mit den USA zum Beispiel – Rechnung zu tragen.

Nicht mehr nur massvoll

Und auch das internationale regulatorische Umfeld zwingt die Banken zu einem Umdenken. Institute mit internationalem Geschäft sind über kurz oder lang gezwungen, in den jeweiligen Onshore-Märkten eine kritische Masse an Kundengeldern zu erreichen.

Der massvolle Wachstumsanspruch, welchen die Banken lange pflegten, könnte darum schon bald einem etwas aggressiverem Auftreten weichen. Lombard Odier verzeichnete im ersten Halbjahr 2018 ein Null-Wachstum bei den Kundengeldern.

Bilanz für Neugeschäft: Niemals

Die schlechte Marktperformance frass die gewonnenen Kundengelder wieder auf. Patrick Odier, Senior Managing Partner, verneint im Gespräch mit finews.ch die Frage nach Wachstumsschwäche: «Mit der Neuentwicklung im Bereich Private Clients sind wir sehr zufrieden und liegen im Bereich unseres Zieles von 3 bis 5 Prozent Wachstum pro Jahr.»

Dennoch: Lombard Odier ist den Realitäten im globalen Wealth-Management-Geschäft ausgesetzt. Und diese lauten unter anderem: Wachstum, koste es, was es wolle.

Während andere Privatbanken dies wörtlich nehmen, von Aktionären Geld für Akquisitionen holen und ihre Bilanz vermehrt dafür nutzen, Wachstum über Kreditvergaben an Kunden zu generieren, steht dies für Odier ausser Frage. «Wir werden nie einen Mangel an Wachstum im Kundengeschäft dadurch wettmachen, dass wir unsere Bilanz für Neugeschäft einsetzen», sagt er.

Weniger restriktiv bezüglich Akquisitionen

Bei Pictet ist nun ein Partner angetreten, der mit diesem Grundsatz möglicherweise brechen wird: Boris Collardi, der bereits bei Julius Bär den Wachstumsmotor dank des Einsatzes der Bilanz am Laufen gehalten hatte. Gerade in Asien haben Wealth-Management-Kunden schlicht den Anspruch, dass ihre Bank ihnen Kredite verleiht.

Das vergleichsweise schwache Wachstum der beiden Genfer Privatbanken in Asien mag Ausdruck dieser umsichtigen, wenn auch restriktiven Politik sein. Deutlich weniger restriktiv ist Odiers Haltung gegenüber möglichen Akquisitionen.

Bislang ist Lombard Odier noch nicht zu einem Abschluss gekommen, aber mögliche Kaufobjekte werden bereits seit längerem geprüft. So hatte Lombard Odier dem Vernehmen nach ein Auge auf die Schweizer Notenstein La Roche Privatbank geworfen, schliesslich aber nicht mitgeboten. Die Zürcher Vontobel kam zum Handkuss.

Mehr als ein Sicherheits- und Liquiditätspolster

«Grundsätzlich wollen wir organisch wachsen», blieb Odier auf Nachfragen vorsichtig. Akquisitionen seien aber nicht ganz auszuschliessen. «Wir verfügen dank unserer starken Kernkapitalquote von 26,5 Prozent auch über die entsprechende Flexibilität.»

Zur Charakteristik der Umsicht und des Masshaltens in der Geschäftsentwicklung von Lombard Odier gehört demnach auch die Geduld. Sollte eine Privatbank zum Verkauf stehen, die ebenso auf ihre Eigentümerstruktur und Tradition stolz ist, könnte die Bilanz von Lombard Odier durchaus zu mehr dienen als zum Sicherheits- und Liquiditätspolster.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.98%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.02%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel