Patrick Odier, Senior Managing Partner von Lombard Odier, sprach mit finews.ch über die Besonderheiten der diesjährigen Building Bridges-Konferenz und erklärte, was die Ursache für Greenwashing ist.

An der viertägigen Konferenz «Building Bridges» sind dieses Jahr in Genf zum dritten Mal Vertreter aus dem Genfer Finanzsektors, den Vereinten Nationen (Uno), Nichtregierungsorganisationen, Regierungsbehörden und der Wissenschaft zusammenkommen. Vieles drehte sich an dem Anlass über nachhaltige Finanzen darum, wie der Übergang zur Erreichung der sozialen Entwicklungsziele der Uno finanziert werden kann.

An der Veranstaltung wurde aber auch deutlich, dass der Krieg in der Ukraine ein anderes Licht auf Investitionen in Rüstungsunternehmen wirft und Länder ihren Ausstieg aus der fossilen und nuklearen Energie rückgängig machen müssen. Zudem hat die Finanzbranche beim nachhaltigen Anlegen mit verschiedenen Fällen von Greenwashing zu kämpfen.

Es braucht eine Lingua franca

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, wenn sich alle an einen Tisch setzen.  Für den Vorsitzenden von Building Bridges, Patrick Odier, dabei am wichtigsten ist, dass die Akteure anfangen, «dieselbe Sprache zu sprechen».

Zwar wurden seit der Uno-Klimakonferenz in Paris 2015 Fortschritte zum Verständnis eines nachhaltigen Übergangs gemacht. Doch bleiben ein gemeinsames Verständnis, gemeinsame Definitionen und Standards nach Ansicht von Odier weiterhin der Schlüssel, um einen solchen Übergang zu ermöglichen.

Die Komplexität als Stolperstein

«In der Komplexität des Nachhaltigkeitskonzepts liegt auch die Ursache für Greenwashing», sagte er und fügte an, dass Klimathemen und Nachhaltigkeit auch für Wissenschaftler und Politiker schwer zu durchschauen sind.

Odier sieht den Finanzsektor, in dem er als Nachkomme der Gründerfamilie der Genfer Privatbank Lombard Odier gearbeitet hat, als einen der zahlreichen «Hebel», die zum Übergang zu einer Netto-Null-Wirtschaft bis 2050 beitragen werden.

Triebkräfte der Veränderung

Laut Odier gibt es heutzutage kaum noch jemanden, der nicht daran interessiert ist zu verstehen, wie man die Erwärmung des Planeten messen kann. Diese Leute sind in den Worten von Odier «konstruktiv beeindruckt», wenn sie sich mit diesen neuen Konzepten beschäftigen.

«Viele unserer Kunden sind überrascht, wenn sie feststellen, dass sie neben der Performance und dem Risiko auch die Temperaturmetrik anspricht und leicht zu verstehen ist.»

Nicht nur Kunden aus dem Private-Banking, sondern alle, die in einer Pensionskasse versichert sind, können eine treibende Kraft einer Bewegung sein, die Unternehmen dazu bringt, mehr Kapital für erneuerbare Energien bereitzustellen, betonte er.

Neuinterpretation des Anlageauftrags

Darüber hinaus sei die Welt des Investierens noch nie so interessant gewesen, da 95 Prozent der Branchen unseres derzeitigen Wirtschaftsmodells vom Übergang betroffen seien, erklärte Odier.

Abgesehen davon, dass nachhaltige Anlagen eine höhere Überschussrendite als traditionelle Anlagen aufweisen, könnten nachhaltige Anlagen die Vermögensverwalter dazu bewegen, ihre Kernaufgabe zu überdenken und die Bedeutung ihrer treuhänderischen Pflichten neu zu interpretieren.

Die Pflicht, im besten Interesse ihrer Kunden zu handeln, kann die Anlageberater gemäss Odier animieren, über die blosse Unterstützung bei der Erzielung höherer Renditen hinauszugehen.

Für Odier ist die Zeit reif, es als Notwendigkeit zu sehen, alle Anleger über die Auswirkungen ihrer Investitionen auf den Planeten und die Gesellschaft aufzuklären und ihnen die damit verbundenen Risiken vor Augen zu führen.