Die Spannungen in der Schweizerischen Bankiervereinigung werden für die wichtige Lobby-Organisation zur Zerreissprobe, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Der Graben zwischen Gross- und Inlandbanken ist tief. Präsident Herbert Scheidt ist kein Brückenbauer.

Von Peter Hody und Samuel Gerber

Eine Variante, die unter den Mitgliedern der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) tatsächlich diskutiert werde, sei die Auflösung der Organisation. «Jede Gruppe lobbyiert dann für sich selber, wie es die Inland- und Grossbanken teils heute schon tun», sagt ein mit den Vorgängen im SBVg-Verwaltungsrat vertrauter Schweizer Banker gegenüber finews.ch.

Auch im dritten Jahr seiner Präsidentschaft ist es Herbert Scheidt nicht gelungen, die tiefen Gräben in der Bankiervereinigung zwischen Gross-, Privat- und Inlandbanken zuzuschütten. Manche Beobachter geben dem Präsidenten eine Teilschuld für die anhaltenden Spannungen. Er sei kein Brückenbauer und sehe die SBVg-Mitglieder als reine Befehlsempfänger.

Differenzen haben sich verstärkt

Die Spannungen in der Bankiervereinigung sind nicht neu. Markus Gygax, der abgetretene Valiant-CEO sagte einst: «Es gibt Themen, bei denen Gross-, Privat- und Inlandbanken nur noch das Wort Banken gemeinsam haben».

Bei einer Lobby-Organisation mit rund 250 Mitgliedern und Banken, welche aufgrund ihrer Strategie, Grösse, Marktgebiete und Geschäftsmodelle teils höchst unterschiedliche Interessen haben, verwundert das nicht. Doch Personen aus dem Umfeld des SBVg-Vorstandes sagen gegenüber finews.ch, dass sich die Differenzen eher noch verstärkt haben.

Hochmut der Manager kontrastiert ihre strategischen Probleme

Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zum einen entfremden sich die Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) in der Wahrnehmung vieler Inlandbanker zunehmend vom Schweizer Finanzplatz. Das grossspurige Gebaren der Jahr für Jahr Millionen an Salär und Boni kassierenden Manager kontrastiere die offensichtlichen strategischen Probleme der beiden grössten Schweizer Banken und die Unfähigkeit, die Geschäftsmodelle anzupassen, heisst es.

Das anhaltende Klagen über das regulatorische Korsett und die Kapitalanforderungen aus den Teppichetagen der UBS und CS sind die Inlandbanker leid. Der Frust unter den Schweizer Banken, die mit hohem Aufwand und entsprechenden Kosten die Mifid-II-Regulierung übernommen haben, ist gestiegen, seit der seit Jahren geforderte freie Marktzugang zur EU ausbleibt.

Verteilkämpfe haben zugenommen

Dass die Grossbanken dabei für das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU werben, stösst manchem Schweiz-Banker sauer auf. Ein weiterer Insider beobachtet, dass Stimmung in der Branchenorganisation zunehmend gereizter wird, seid die Verteilkämpfe im Schweizer Bankenmarkt zugenommen haben. Die von vielen Privatbanken gefeierte »Neuentdeckung» des Heimmarktes und das Negativzinsumfeld haben den Wettbewerb unter den Instituten deutlich verschärft.

Insider berichten, dass namentlich Raiffeisen-Präsident Guy Lachappelle und UBS-Vertreter Axel Weber öfter aneinander geraten. Mit dem einer ländlichen Basis von Tausenden Raiffeisen-Bankern verpflichteten Lachappelle und dem professoralen Weber, der den grössten Wealth Manager in der Bankiervereinigung vertritt, prallen zwei Welten aufeinander.

Urs Rohner fehlte zuletzt öfters

Tatsächlich nehme Weber an den Zusammenkünften sehr viel Raum ein, so ein weiterer Insider gegenüber finews.ch. Er komme jeweils bestens vorbereitet in die Sitzungen und rede viel und ausführlich in seinem präsidialen Stil. Bankier-Präsident Scheidt wird dem Umfeld der Grossbanken-Vertreter zugeordnet.

Wobei CS-Präsident Urs Rohner in letzter Zeit an den diversen Sitzungen gefehlt habe. «Wenn er einmal dabei ist, redet er meist Weber das Wort», so der Insider zur Rolle Rohners. Die Konstellation führt dazu, dass andere Bankenvertreter argwöhnen, dass mit Scheidt und Weber zwei Deutsche dem Rest des Bankier-Verwaltungsrats erklärten, wie der Schweizer Finanzplatz funktioniere.

Differenzen verlangsamen Entscheidungsfindung

Die zunehmenden Differenzen im Gremium verlangsamten die Entscheidungsfindungen bei so wichtigen Themen wie der Ausgestaltung der Verrechnungssteuer und der Abschaffung der Stempelsteuer. Tiefe Gräben taten sich vergangenen Herbst in der Frage um die Umsetzung von Basel III auf.

UBS und CS hätten auf gleiche Spielregeln für alle Institute gepocht, was für viele der kleineren Banken einen unsinnigen Aufwand bedeutet hätte.

Rückwärts mit McKinsey-Stratregie?

Auch wenn es keine konkreten Austrittspläne gibt: Diverse Bankenvertreter stellen sich offenbar die Frage, wozu sie noch beim SBVg sind. Bilateral wird darüber nachgedacht, welche Strukturen die Branchenvereinigung haben müsste, um die Interessen ihrer einzelnen Mitgliedergruppen spezifischer wahrnehmen zu können – und wie die Governance verbessert werden könnte.

Entsprechende Arbeiten in der SBVg sind offenbar in Gang gekommen. Ein erster Schritt: Die vom Beratungsunternehmen McKinsey geprägte letzte Strategie wird nun überprüft, wie die Bankiervereinigung in einer ausführlichen Stellungnahme bestätigte.

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