Rückblende: Nachdem Vorgänger Patrick Odier Rücktrittswünsche hatte durchblicken lassen, machte sich die Findungskommission unter dem Vorsitz von Credit-Suisse-Präsident Urs Rohner, und zu der auch Mirabaud-Teilhaber Yves Mirabaud sowie Zürcher-Kantonalbank-Chef Martin Scholl gehörten, auf die Suche nach einem Nachfolger.

Doch diese Suche, berichten Quellen übereinstimmend, gestaltete sich gar nicht so einfach.

Zu den Wunschkandidaten zählten damals der eben als Schweiz-Chef zurückgetretene UBS-Banker Lukas Gähwiler sowie Pierin Vincenz, der im Begriff war, sein Amt als Raiffeisen-CEO abzugeben. Beide sollen abgewunken haben. Im Falle des Kandidaten Vincenz sind die Parteigänger wohl hinterher froh gewesen, sitzt er doch inzwischen wegen Verdachts auf ungetreue Geschäftsbesorgung in Untersuchungshaft.

Ungeschriebenes Gesetz erfüllt

Damals, berichten mehrere Quellen, soll sich Scheidt ins Spiel gebracht haben. Die SBVg-Verwaltungsräte neigten aber dem damaligen Julius-Bär-Chef Boris Collardi zu. Dieser schien zuerst Bereitschaft zu signalisieren – und winkte dann kurz vor der Wahl ebenfalls ab. Der Bankiertag 2016 rückte näher. Der Verband drohte ohne Präsident dazustehen.

Mit der Wahl Scheidts entging der Verband dieser enormen Peinlichkeit, heisst es. Zudem wurde damit dem ungeschriebenen Gesetz entsprochen, dass sich auf dem SVBg-Präsidium immer ein «klassischer» Privatbankier aus der Romandie und der Deutschschweiz abwechseln.

Beim Dachverband betont CEO Margelisch heute: «Es gab keine anderen Kandidaten.» Herbert Scheidt sei einstimmig gewählt worden.

Streit um Auslandsengagement

Unbestritten ist, dass der neue Präsident sogleich eine grosse Umtriebigkeit an den Tag legte. Für den Bankenplatz schmiedete er fleissig Beziehungen in Asien und in Nahost. Spulte schon mal 37 Meetings in 7 Tagen ab.

Doch die Tragik dieser enormen Bemühungen ist, dass sie zu Hause in der Schweiz nur bedingt Anklang fanden: Über die Ausgaben fürs Auslandsengagement entspann sich sogar ein Streit, wie finews.ch schon früher in Erfahrung brachte.

Lobbying selber in die Hand nehmen

So gelangen manche Schweizer Banken zur Überzeugung, das Lobbying für ihre Anliegen selber in die Hand zu nehmen. Ein Indiz dafür war die Gründung des Verbands Schweizer Regionalbanken (VSRB) Anfang Mai. Dieser ordnet sich zwar dem Dachverband unter, will aber explizit «spezifische Anliegen mit einer gemeinsamen Stimme» vertreten, wie es damals hiess.

«Nach der Beendigung des Steuerstreits mit dem Ausland verpasste die Bankiervereinigung eine grosse Chance», resümiert ein Beobachter. «Sie hätte den Fokus voll auf die Reputation der Banken im Inland legen sollen.»

Wer dann?

Dazu Margelisch: «Mindestens 80 Prozent der Arbeiten der Bankiervereinigung und des Präsidenten beziehen sich auf das Inland.» Um die Wahrnehmung in der Schweiz über die Qualität und Professionalität des Finanzplatzes Schweiz zu stärken, wurden auf Initiative des Präsidenten zusätzliche Mittel gesprochen und verschiedene Massnahmen beschlossen, so der SBVg-Chef. «In anderen Worten ist dem Präsidenten die Finanplatzpromotion im Inland genauso wichtig wie im Ausland.»

Doch offenbar kommen jene Bemühungen in der Branche zu wenig an. Trotz des Unmuts hat man sich dort bis jetzt aber vor offener Kritik an die Adresse Scheidts zurückgehalten. Denn die Frage steht im Raum: Wenn Scheidt es nicht macht – wer dann?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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