Der Artikel «Die sieben Todsünden der Schweizer Privatbanken» nehme genügend Bezug auf mehr als 200-jährige Banken, um eine Reaktion der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken zu rechtfertigen, heisst es in einer Replik, die finews.ch veröffentlicht.

Von Jan Langlo, Direktor der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken

Es ist durchaus verständlich, dass die gegenwärtige Lockdown-Periode genügend Zeit lässt, um zu chronischen Lastern wie dem Banken-Bashing zurückzukehren. Es liegt auch im Trend, Berater zu zitieren, die das Ende des Private Banking prophezeien, weil Fusionen und Übernahmen für sie ein gutes Geschäft darstellen.

Die Liste der angeblichen Sünden überzeugt jedoch nicht; einige dieser Sünden gleichen sogar eher vorbildhaften Tugenden:

1. «Überdimensionierte Budgets/zu viel Personal»

Ja, Privatbanken stellen zusätzliche Mitarbeiter ein. In den vergangenen zehn Jahren haben die Mitglieder unserer Vereinigung über tausend Arbeitsplätze in der Schweiz geschaffen. Es stimmt, dass ein grosser Teil davon Compliance-Officer oder IT-Spezialisten sind, aber wäre es Ihnen lieber, wenn unsere Mitglieder Personal abbauen würden?

2. «Zu wenig digital/IT verschlafen»

Privatbanken haben nicht auf Schlagworte wie Blockchain oder Crypto-Assets gewartet, um digitale Lösungen für ihre Kunden zu entwickeln. Sie alle haben Zugang zu irgendeiner Form von E-Banking. Und die zahlreichen Transaktionen trotz Lockdown, die im Artikel erwähnt sind, zeugen von der Robustheit dieser Lösungen.

3. «Zu wenig gerechnet»

Ja, die durchschnittliche Cost-Income-Ratio (CIR) der Privatbanken ist gestiegen. Bei 80 Prozent bedeutet dies aber immer noch eine Marge von 20 Prozent. In vielen Branchen liegt dieser Wert im einstelligen Bereich. Normalerweise werden die Banken wegen der Kosten, die sie auf ihre Kunden abwälzen, kritisiert. Würden Sie es also vorziehen, wenn alle eine CIR von 50 Prozent vorweisen würden?

4. «Anschluss verpasst»

Es ist kein Geheimnis, dass die Kunden von Privatbanken im Durchschnitt näher am Ruhestand sind als an ihrer Geburt. Das bedeutet nicht, dass unsere Mitglieder nicht wissen, wie sie auf die Bedürfnisse von Unternehmern und Startups eingehen können. Übrigens sind diese Unternehmer mehr daran interessiert, ihr Geschäft weiter zu entwickeln, als ihr Vermögen zu verwalten und der nächsten Generation weiterzugeben.

5. «Fokus verloren»

In dem Artikel heisst es, dass «überlieferte Werte (Vertrauen, Qualität, Zuverlässigkeit) durchaus zählten, aber nicht nur…». Aber der Autor erklärt nicht, welche neuen Werte mehr zählen als diese. Wir glauben im Gegenteil, dass diese «alten» Werte genau die sind, die die Welt brauchen wird, und nicht eine kurzfristige Sichtweise, die nur auf Profite fokussiert. Und wenn es einem Unternehmen gelungen ist, mehr als 200 Jahre lang zu bestehen, ist die gegenwärtige Krise nur eine weitere, die überwindbar ist.

Das heisst nicht, dass es für die Schweizer Privatbanken keine Herausforderungen gibt. Die wachsende Regulierungsflut, das aktuelle wirtschaftliche Umfeld und der internationale Wettbewerb tragen dazu bei, dass die Margen sinken. Doch die Schweizer Privatbanken sind keineswegs vom Aussterben bedroht. Auch wenn ihre Zahl, wie in allen anderen Ländern seit langer Zeit, jedes Jahr ein wenig abnimmt, bleiben die verwalteten Vermögen und die damit verbundenen Arbeitsplätze und Steuern in der Schweiz.

Es erscheint daher sehr übertrieben zu schreiben, dass die Schweizer Privatbanken Todsünden begangen hätten. Im Gegenteil, wenn die grösste Tugend von allen nicht die Demut wäre, könnte man viel über ihre Moderation, ihre Geduld und besonders in diesen unruhigen Zeiten, ihre Wohltätigkeit schreiben.

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