Das Swiss Private Banking sieht im Wachstum das Allheilmittel gegen die Probleme der Branche. Eine neue Studie sagt jetzt: Diese Doktrin ist unter heutigen Vorzeichen ruinös.

Es ist bezeichnend, dass Headhunter auch in der Coronakrise nicht um ihr Geschäft mit der Vermittlung von Private Bankern bangen. Nach den Verwerfungen wolle ja die Branche wieder wachsen, so das Credo. Und das gehe eben nur mit Beratern, die ihre Bücher an die neue Adresse zügeln. Diese Sicht der Dinge bestätigt gegenwärtig die Privatbank Quintet, die kurz nach dem offiziellen Start in der Schweiz ihren Personalbestand an der Front verdoppeln will.

Mehr Volumen, mehr Skalen, mehr Preismacht und damit mehr Gewinn: Das ist die gängige Strategie im Swiss Private Banking, um den eigenen Fortbestand angesichts von steigenden Kosten und sinkenden Margen zu sicher. Gegenstimmen sind kaum zu vernehmen – dazu muss man schon nach Deutschland gehen.

Weitere Verschlechterung der Ertragslage

Dort sind 15 Privatbanken im Rahmen einer Befragung durch die Beratungsfirma DPC jüngst zum Schluss gelangt, dass sie im Geschäft mir reichen Privatkunden aktuell nur noch knapp profitabel arbeiten, wobei eine weitere Verschlechterung der Ertragslage erwartet wird. Die lesenswerte Studie wurde bereits vom deutschen Branchenportal «Private Banking Magazin» reflektiert.

Die deutschen «Kollegen», die in der Regel mit dünneren Margen operieren, führen dabei dieselben Gründe an wie ihre Schweizer Pendants. Etwa: mehr Regulation, preissensitivere Kunden, tiefere Zinsen, Digitalisierung. Und auch im Nachbarland ist die Hoffnung zu hören, dass sich dem mit mehr Wachstum begegnen liesse. Doch die DPC-Experten erteilen dieser Haltung eine klare Abfuhr.

Das nächste Mal sofort Verlust

«Viele Institute erwarten, dass sie ihre Herausforderungen durch Wachstum bewältigen können, durch Abwerbung von Mitarbeitern und deren Kunden vom Wettbewerb.» Indes: angesichts des erwarteten mässigen Wachstums des Gesamtmarktes und bei sich erhöhendem Margendruck wird eine solche Strategie zu einem massiven Verdrängungswettbewerb bei steigenden Personalkosten führen, so die Berater. «Das kann für die Branche insgesamt nicht erfolgreich sein.»

Die Coronakrise, deren Effekte auf die verwalteten Vermögen im Private Banking noch gar nicht abschätzbar sind, dürfte den «Paradigmenwechsel», den die deutsche Experten beobachten, noch unterstreichen. Ein «Weiter so», sagen sie, berge ein zu grosses Risiko, beim nächsten Markteinbruch sofort in die Verlustzone abzurutschen.

Besser: fokussieren

Besser als Wachstum um seiner selbst Willen ist aus der Sicht der Studienautoren deshalb der Fokus. Was in der Schweiz nur als Nischenstrategie gebilligt wird, sollte sich DPC zufolge eine jede Privatbank überlegen: Wofür steht «man» eigentlich? Ist das Institut ein Voll-Service-Anbieter wie eine UBS oder Credit Suisse, eine Vertriebsbank, die alles auslagert ausser dem Kerngeschäft – oder ein Spezialanbieter mit exklusiver Expertise?

Ist der strategischer Fokus formuliert, folgt jener auf die Prozesse. Im Vordergrund stehen dabei die Dienstleistungen, das Pricing, die Entwicklung der Mitarbeitenden, die Digitalisierung von Arbeitsschritten – und ja, auch die Kontrolle einer Expansion. Diese stellt sicher, dass Wachstum nicht auf Kosten der Profitabilität geht.

Zwischen Marginalisierung und Wachstum

Was die Digitalisierung angeht – die Studie heisst «Erfolgsmodelle für eine digitale Zukunft» – sind die Autoren eher zurückhaltend. Sie favorisieren das «hybride» Modell, bei dem die Beratung immer noch durch Private Banker aus Fleisch und Blut durchgeführt wird. Hebel erkennt DBC eher beim Drum und Dran, abseits des Kerngeschäfts: «Die notwendige Digitalisierung sollte als Chance verstanden werden, administrative und regulatorische Themen effizienter zu erledigen und sich auf Kundenberatung zu fokussieren, was immer Anspruch der Branche war und weiterhin sein muss.»

Nicht genug betonen können die Autoren allerdings, dass das Umdenken für die Branche jetzt zwingend nötig sei. Zitat: «Das Wealth Management steht am Scheideweg zwischen Marginalisierung und Wachstum – die weitere Entwicklung liegt bei den Entscheidern.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.49%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.56%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.26%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.12%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.57%
pixel