Mit der definitiven Übernahme der Bank am Bellevue fällt der Startschuss für einen Wachstumsschub von Quintet in der Schweiz. Wie er diesen inmitten der Corona-Krise bewerkstelligen will, erklärt Schweiz-Chef Emmanuel Fievet im Interview mit finews.ch.

Emanuel Fievet, worauf wird sich der Schweizer Ableger von Quintet konzentrieren? 

Wir werden unseren Fokus auf Einwohner der Schweiz legen, wollen aber auch internationale Kunden aus schnell wachsenden Regionen betreuen: Aus dem Nahen Osten, Lateinamerika, Asien. Wir werden auch eine Brücke nach Grossbritannien schlagen, weil wir glauben, dass deren Beziehung zur Schweiz in den nächsten Jahren enger werden wird. Davon wollen wir profitieren. 

Was unterscheidet Quintet – bis vor kurzem noch die Bank am Bellevue – von anderen Schweizer Privatbanken? 

Wir wollen keinen Nobelpreis in Innovation gewinnen. Wir glauben, dass unsere Grösse eine Stärke sein wird, ebenso wie unsere Verbindung von Kultur und Zusammenarbeit. Wir haben alle Zutaten, die für den Erfolg notwendig sind: Ein erfahrenes Team mit der Motivation, etwas zu verändern.

«Viele Organisationen tun sich schwer damit, ihre Mission zu erfüllen»

Wir sind unabhängig und haben einen Aktionär, der uns voll unterstützt und kürzlich erneut 112 Millionen Euro in unser Mutterhaus investiert hat. 

Was meinen Sie mit der Verbindung von Kultur und Zusammenarbeit?

Viele Organisationen tun sich schwer damit, ihre Mission zu erfüllen, weil die interne Komplexität zu hoch ist oder die Kultur nicht stimmt. Wer für eine grosse Bank arbeitet, muss sich mit diesen Problemen herumschlagen. Unsere Mission ist, gegenüber unseren Kunden zu liefern und uns auf ihre Bedürfnisse zu konzentrieren. 

Nun müssen Sie diese Mission in der Schweiz ohne Jürg Zeltner erfüllen, einen legendären Schweizer Banker, der das Projekt Quintet vorangetrieben hat und dabei auf enormen Rückhalt der Mitarbeiter zählen konnte. 

Jürgs Tod ist wirklich tragisch. Aber er hat uns ein grosses Geschenk hinterlassen: Ein perfekt aufgestelltes Team.

«Eine Mini-UBS ist das letzte, was wir sein wollen»

Wir sind alle hier, weil wir wirklich an dieses Projekt glauben. 

Nun starten Sie in der Schweiz inmitten von enormen Verwerfungen durch die Coronavirus-Pandemie. Wie wollen Sie in dieser Situation Kunden gewinnen?

Durch das Social Distancing wird das natürlich schwieriger. Aber dank der technologischen Möglichkeiten ist es bei weitem nicht unmöglich. Für den Moment müssen wir uns mehr auf Anrufe verlassen und auf Werkzeuge wie Teams (eine Zusammenarbeits-Software von Microsoft) – welcher sichere Kanal auch immer am besten für den Kunden funktioniert. Und wir wissen, dass dieser Sturm vorüberziehen wird. 

Quintet hat sehr viele UBS-Banker abgeworben. Wird die Bank zur Mini-UBS? 

Eine Mini-UBS ist das letzte, was wir sein wollen. Wenn sich ein Banker in einer kleineren, Boutique-artigen Organisation nicht wohl fühlt, sollte er wahrscheinlich bleiben, wo er ist.

Der Fokus liegt darauf, die richtigen Profis einzustellen»

Das zeigt sich allerdings erst mit der Zeit, es ist nicht immer von Anfang an klar, ob sich die Leute an ein neues Umfeld anpassen können.

Bis Ende Jahr wollen Sie in der Schweiz weitere 40 Leute einstellen. Wie viele davon sind Private Banker? 

Die grosse Mehrheit. Ich bin sehr zufrieden mit der Aufbauarbeit, die meine Vorgängerin am Fundament der Bank, am Middle- und Backoffice geleistet hat. Nun liegt der Fokus darauf, die richtigen Profis für unsere Schlüsselmärkte einzustellen. 

Wie einfach wird es sein, in der Krise Leute zum Wechsel zu bewegen? 

Wir haben schon Teams, die nur auf den Abschluss des Kaufs der Bank am Bellevue gewartet haben, um nun zu uns zu stossen. Ich fange also nicht erst heute Morgen an, Kandidaten anzurufen.

«Wir haben kein kurzfristiges Ziel»

An anderen Standorten haben wir gesehen, dass wir ein Magnet für Talente mit Unternehmergeist sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir bis Ende Jahr 20 bis 25 zusätzliche Kundenberater in der Schweiz haben werden.  

Wie wird sich das auf die hier verwalteten Vermögen auswirken?

Wir haben dafür kein kurzfristiges Ziel. Unsere Priorität ist es, die richtigen Leute zu finden, um die Marktabdeckung aufzubauen. 

Quintet hat in den vergangenen 12 Monaten etwa 200 zusätzliche Mitarbeiter an Bord geholt, aber Sie wollen die Mitarbeiterzahl konstant halten. Wo werden Sie abbauen? 

Wir suchen immer nach Möglichkeiten, effizienter zu werden.

«Unser Fokus liegt auf organischem Wachstum»

In der Schweiz sind wir im Aufbau, während es richtig ist, dass andere Standorte nach Wegen suchen, effizienter zu werden und Synergien zu schaffen. 

Können Sie diese Massnahmen quantifizieren? Bis wann soll der Prozess abgeschlossen sein?

Nein, dazu kann ich nichts sagen.

Quintet existiert in der Schweiz dank einer Übernahme. Kommt da noch mehr?

Unser Fokus liegt nun auf organischem Wachstum. Wir glauben, dass die Konsolidierung im Markt weitergehen oder sogar noch zunehmen wird. Es kann gut sein, dass wir dabei eine Rolle spielen, aber unser Plan A ist, aus eigener Kraft zu wachsen.

«Einige werden Alternativen finden müssen»

Falls sich interessante Gelegenheiten bieten, haben wir ein Team, welches diese anschaut. 

Hat dieses Team in den letzten Wochen angesichts der Krise mehr Möglichkeiten für M&A gesehen?

Ja. Diese Krise verdeutlicht, dass es ohne Plan, das richtige Team, das nötige Kapital und einen langfristigen Horizont sehr schwierig werden wird. Einige werden also Alternativen finden müssen. Andere wiederum werde nach Kapital suchen, weil sie Wachstumsmöglichkeiten sehen.


Emmanuel Fievet wurde vor fünf Wochen zum CEO von Quintet in der Schweiz ernannt. Der 50-jährige Private Banker war Chef der Bank in Luxemburg, bevor er nach dem Tod von Quintet-Mastermind Jürg Zeltner vor sechs Wochen seinen neuen Job antrat. Der Belgier Fievet war von 2014 bis 2019 CEO von Edmond de Rothschild in der Schweiz. Davor arbeitete er im Wealth Management bei Barclays, UBS, Citi, und J. P. Morgan in London und Genf. Den Start seiner Karriere machte er im Corporate Banking bei der Dresdner Bank in Frankfurt. 

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