Patrik Läser, der neue CEO der skandalgeschüttelten Bank Alpinum, erklärt im Interview mit finews.ch, wie er mit dem Liechtensteiner Finanzinstitut wieder auf Kurs kommen will, nachdem die Behörden das Bewilligungsentzugsverfahren eingestellt haben.


Herr Läser, eine grundsätzliche Frage: Warum löst man eine Bank wie Alpinum nicht einfach auf, nach allen Skandalen, die in den vergangenen Jahren vorgefallen sind?

Es ist tatsächlich so, dass wir durch eine schwierige Zeit gegangen sind. Ich will die diversen Probleme in der Vergangenheit nicht beschönigen. Wir haben uns inzwischen in den Bereichen Compliance, Risk Management und Strategie neu aufgestellt.

Die Bank ist im Kern gesund, mit einer funktionierenden Infrastruktur und Prozesslandschaft sowie einer soliden Kapitalbasis mit einem Tier 1 Ratio von 24 Prozent.

«Den Darknet-Fall hat es tatsächlich gegeben, aber die Bank hat ihre Sorgfaltspflicht erfüllt»

Sie arbeitet effizient und war lange operativ profitabel. Mit unserer neuen Strategie können wir uns eine starke Marktstellung in der Vermögensverwaltung sowie in Zusammenarbeit mit Treuhändern und deren Kunden erarbeiten.

Trotzdem, in den vergangenen Jahren kam es innerhalb der Bank zu dreisten Betrügereien durch einen Mitarbeiter; ein Kunde versuchte, Gelder aus kriminellen Geschäften im Darknet zu waschen, Alpinum verlor seine Korrespondenzbank für Dollar-Zahlungen, und problematische Kredite riefen die Finanzaufsicht auf den Plan. Wie war das alles nur möglich?

Die Vergangenheit lässt sich nicht verneinen. Gleichwohl muss man präzisieren, dass die Aussenwahrnehmung nicht ganz korrekt ist.

Inwiefern?

Den Darknet-Fall hat es tatsächlich gegeben, aber die Bank hat ihre Sorgfaltspflicht erfüllt. Die Aufsicht hat uns diesbezüglich auch kein Vergehen vorgeworfen.

Die Millionenbetrügereien Ihres Mitarbeiters wollte die Bank angeblich vertuschen.

Ich möchte hier klarstellen, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Vertuschung gegeben hat und jederzeit die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten wurden. Der Frontmitarbeiter hat der Bank einen Schaden von sechs Millionen Franken verursacht.

«Seit September 2019 ist eine vollständig neue Geschäftsleitung unter meiner Verantwortung im Amt»

Der Fall war denn auch der Auslöser dafür, dass der Verwaltungsrat beschlossen hat, ein gänzlich neues Kontroll-, Compliance- und Risikosystem einzuführen, so dass wir heute allen Geldwäscherei-Vorschriften und Sorgfaltspflichten nachkommen.

Das hat dazu geführt, dass die liechtensteinische Finanzmarktaufsicht (FMA) Mitte Juli 2020 ihr Bewilligungsentzug-Verfahren gegen die Bank Alpinum per sofort eingestellt hat.

Im negativen Fall hätte die Bank Alpinum ihre Lizenz verloren?

Für den eigentlichen Entzug wären neue Prozessschritte eingeleitet worden. Es sah aber zu keinem Zeitpunkt danach aus.

Dass die Bank Betrügereien vertuschen wollte, hatte also keine Konsequenzen?

Nochmals, wir haben uns an die Bestimmungen gehalten. In der Aufarbeitung des Falles und der Korrektur des Risk- und Compliance-Setups hat der Verwaltungsrat auch die Organisation angepasst. Seit September 2019 ist eine vollständig neue Geschäftsleitung unter meiner Verantwortung im Amt.

Wem gehört die Bank Alpinum?

Hinter der Bank stehen seit mehr als zehn Jahren unverändert mehrere Vertreter des in St. Gallen ansässigen Transport- und Logistikunternehmens Transinvest Holding. Einer davon ist die Familie des Unternehmers Yousef Sherkati.

Bekannt ist, dass auch Yousef Sherkatis Tochter, Elnas Azar Sherkati involviert ist; und deren Gatte, Peter Cott, als Verwaltungsratspräsident der Bank Alpinum amtet.

Das ist richtig. Frau Sherkati ist Sekretärin des Verwaltungsrats der Bank Alpinum. Operative Funktionen hat sie keine.

Sie, Herr Läser, waren zuvor 17 Jahre für die Credit-Suisse-Gruppe im Trust- und Versicherungsgeschäft tätig. Warum haben Sie zu einer Bank wie Alpinum gewechselt?

Ausschlaggebend für mich war die unternehmerische Herausforderung. Ich habe rasch gemerkt, dass ich die Zielsetzungen und die Vision des Verwaltungsrats teile und mit der Neupositionierung der Bank in der Vermögensverwaltung sowie als digitale Anlaufstelle für Finanzintermediäre, namentlich Treuhänder, ein grosses Potenzial sehe.

«Natürlich haben wir gewisse Limitationen, aber diese wiegen nicht schwer»

Dies jedoch stets im Wissen, dass ich mich da auf eine enorme Herausforderung einlasse.

Hat die Bank Alpinum noch immer kein Dollar-Clearing?

Das hatte ebenfalls nichts mit dem FMA-Verfahren zu tun. Die Vorgeschichte war, dass unserer Dienstleistungs-Plattform die Beziehung zur Dollar-Korrespondenzbank gekündigt wurde. Dadurch fiel für uns das Dollar-Clearing weg.

Mit der Konsequenz, dass Sie keine Dollar-Geschäfte mehr tätig können.

Nicht ganz. Genau genommen geht es nur um den Transfer, also die Überweisung von Dollar von einer Bank zur andern. Dollar zu halten, Dollar zu investieren oder Wertschriften in Dollar zu halten, ist für uns unverändert möglich. Und mit dem Euro als Transaktionswährung kommen wir zurecht, zumal unsere Klientel mehrheitlich aus dem deutschsprachigen Raum sowie aus Osteuropa und den früheren GUS-Staaten stammt. Natürlich haben wir gewisse Limitationen, aber diese wiegen nicht schwer.

Suchen Sie wieder eine Korrespondenzbank?

Das Thema war während des FMA-Verfahrens nicht im Fokus. Im Zuge der neuen Strategie nehmen wir es sicherlich wieder auf die Agenda.

Macht es Ihnen Spass, sich tagtäglich mit so vielen Altlasten zu befassen?

Wir haben die meisten Altlasten aus dem Weg geräumt. Und einen ersten grossen Meilenstein haben wir mit der sofortigen Einstellung des Bewilligungsentzugs-Verfahrens erreicht.

«Dabei wurden Kontrollmechanismen missachtet»

Das verschafft uns Möglichkeiten, mit unseren Dienstleistungen für Aussenwirkung zu sorgen.

Was genau waren die Auslöser für dieses Verfahren?

Zum einen der interne Betrugsfall, von dem wir bereits gesprochen haben, zum andern ein Kreditportefeuille balkanischer Herkunft. Dabei wurden Kontrollmechanismen missachtet.

Können Sie das genauer ausführen?

Im Jahr 2018 stellte die Bank fest, dass ein Kreditportfolio restrukturiert werden musste, weil die hinterlegten Vermögenswerte als Sicherheit nicht mehr ausreichten. Die Alpinum-Aktionäre haben in der Folge diese notleidenden «Assets» in eine Auffanggesellschaft ausgegliedert, was ein in der Praxis übliches Vorgehen ist.

«Konkret geht es darum, den Onboarding-Prozess für Stiftungen komplett digital abzuwickeln»

Dies war bereits ein Teil des Prozesses in Zusammenarbeit mit der liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht. Unabhängig davon hat die Bank sämtliche Kundenportfolios überprüft und nachdokumentiert. Das war ein Auftrag des Verwaltungsrats im Rahmen der Aufarbeitung und eine Anforderung des revidierten Sorgfaltspflichtgesetzes, das seit 2018 im Fürstentum Liechtenstein in Kraft ist.

Sie haben eingangs erwähnt, dass ein Pfeiler der neuen Strategie das digitale Onboarding von Stiftungen ist. Das müssen Sie uns genauer erklären.

Konkret geht es darum, den Onboarding-Prozess für Stiftungen komplett digital abzuwickeln – von der Kundenidentifikation, den verschiedenen Stakeholdern, der Erstellung der Dokumente bis hin zur digitalen Signatur. Zentral ist dabei, dass ein Treuhänder seine Mandanten online durch den Prozess führen und interaktiv mit der Bank kommunizieren kann.

Was ist der Vorteil dieses Tools für die Bank?

Die Durchlaufgeschwindigkeit beschleunigt sich, da der Treuhänder in Real-Time mit seinem Kunden durch den Prozess geht. Ausserdem führt das Ganze zu einer grösseren Effizienz und für die Bank vereinfacht sich administrativ einiges. Generell wird der Dialog mit dem aufgewertet.

Stiftungen geniessen in der Öffentlichkeit nicht unbedingt den besten Ruf. Laufen Sie da nicht Gefahr, betrügerischen Kunden nun digital aufzusitzen?

In Sachen Stiftungen ist sicherlich noch sehr viel Aufklärungsarbeit nötig. Der Finanzplatz Liechtenstein hat sich diesbezüglich bereits stark engagiert, mit seiner proaktiven Weissgeld-Strategie und der regulatorischen Entwicklung.

«Stiftungen, insbesondere in Liechtenstein, sind heute transparenter als manches Bankkonto»

Die Strukturierung grosser Vermögen über Stiftungen, Trusts und Kapitalgesellschaften entspricht dem Bedürfnis sehr vermögender Kunden und Familien. Und die Zusammenarbeit mit Treuhändern hat im Fürstentum Liechtenstein Tradition.

Stiftungen gelten als intransparente Finanzvehikel.

Ich würde eher behaupten, dass Stiftungen, insbesondere in Liechtenstein, heute transparenter sind als manches Bankkonto in anderen Ländern.

Wie kommen Sie darauf?

Stiftungen müssen aufgrund ihrer oftmals weit verzweigten Strukturen mit verschiedenen Stakeholdern in verschiedenen Jurisdiktionen rapportieren, nicht zuletzt seit der Automatische Informationsaustausch (AIA) der OECD und das US-Regelwerk Fatca in Kraft sind. Bei Bankkonten ist dies nicht in dem Ausmass der Fall.

Ist die Bank Alpinum das erste Finanzinstitut, das ein solches digitales Onboarding für Stiftung anbietet?

Nach unserem Wissen, ja.

Und das Ganze ist skalierbar?

Ja, international, sowohl für andere Gesellschaftsformen als auch für Privatkunden. Was auch unser Ziel respektive Bestandteil unserer neuen Strategie ist.

Der zweite Pfeiler Ihrer Strategie ist die Vermögensverwaltung. Das ist nun nicht sonderlich innovativ.

Unser Fokus liegt auf Technologie-unterstütztem Portfolio-Management. So lassen sich alle unsere Mandate und Strategien technisch abbilden, was vorher nicht möglich war. Wir haben während des Lockdowns damit sogar eine bessere Performance erzielt als unsere Peers.

Ihre verwalteten Kundenvermögen haben sich im vergangenen Jahr gegenüber 2018 von 1,2 Milliarden Franken auf 685 Millionen Franken fast halbiert. Und unter dem Strich resultierte ein Verlust von 3 Millionen Franken, nach einem Minus von bereits 822‘000 Franken 2018. Welches Ziel haben Sie sich mit aktuell rund 40 Mitarbeitenden in der Bank zum Ziel gesetzt?

Wir veröffentlichen unsere Semesterzahlen in rund zwei Wochen. Jetzt schon kann ich sagen, dass sich die Geldabflüsse deutlich verlangsamt haben.

«Wir haben einen Dreijahresplan vor Augen, mit dem wir signifikant wachsen wollen»

Wir rechnen in diesem Jahr zwar nicht mit schwarzen Zahlen. Doch wir haben einen Dreijahresplan vor Augen, mit dem wir signifikant wachsen wollen. Wir peilen sicherlich nicht 20 Milliarden Franken an, aber zumindest ein Kosten-/Ertragsverhältnis, das einer Privatbank würdig ist.

Das da wäre?

Konkrete Planzahlen verwenden wir nur intern. Aber tiefe Werte wie früher im Markt von 50 oder 60 Prozent werden wir auch nicht erreichen. Mit unserem Investment in ein umfassendes Kontroll-, Compliance- und Risikosystem, der Aufarbeitung der Vergangenheit und der Lancierung unserer neuen Dienstleistungen haben wir aber gute Vorkehrungen für Wachstum getroffen.

Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Mit der Einstellung des Verfahrens sehen wir jetzt nicht alles rosarot.


Patrik Läser ist seit September 2019 CEO der Bank Alpinum. Zuvor arbeitete er insgesamt 17 Jahre für die Credit-Suisse-Gruppe im Trust- und Versicherungsgeschäft. Weitere berufliche Stationen waren die Swissair und Roland Berger. Er studierte an der Universität St. Gallen und schloss seine Ausbildung mit einem Master in ‹Finance & Capital Markets› ab. 

 

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