Die Schweiz-Chefin der UBS will sich noch bei einem anderen Weltkonzern einbringen. Wie geht das, im Zeitalter der Transparenz und angesichts der enormen Anforderungen in solchen Top-Jobs?

Die Nachricht, wonach UBS-Schweiz-Chefin Sabine Keller-Busse im Verwaltungsrat des Zurich-Konzerns Einsitz nehmen soll, ist grundsätzlich eine gute. Die Ankündigung passt nicht nur zum Bestreben in unserer Zeit, mehr Frauen in Top-Positionen zu sehen, sondern die UBS-Managerin bringt zweifelsohne auch das erforderliche Rüstzeug mit, um einen solchen Posten zu versehen.

Trotzdem wirft diese Nomination bei genauerem Hinsehen einige Fragen auf. Zumal die Ausgangslage gerade in diesem spezifischen Fall doch etwas aussergewöhnlich ist. Oder ganz profan gefragt: Wie kann Keller-Busse das überhaupt schaffen? Sprich, den an sie gestellten Aufgaben und Anforderungen in einer so wichtigen Funktion gerecht zu werden. Die Frage ist berechtigt – aus vielerlei Überlegungen.

Totale Reorganisation

Keller-Busse hat aktuell nicht weniger als drei wichtige Rollen innerhalb der grössten Bank der Schweiz inne. Sie ist Schweiz-Chefin der UBS; sie nimmt Einsitz in der Konzernleitung der Gruppe und teilt sich – allerdings nur übergangsmässig – mit Mike Dargan den Posten des Chief Operating Officers (COO). Darüber hinaus ist sie noch – als Vertreterin der UBS – Vizepräsidentin des Verwaltungsrats der SIX-Gruppe, also der Schweizer Börse.

Das sind alles zeit- und Ressourcen absorbierende Ämter, zumal beispielsweise das Schweiz-Geschäft der UBS seit dem Abgang von Lukas Gähwiler Ende 2016 nie mehr denselben Erfolg einheimsen konnte wie damals, und der Co-COO-Posten in einer Unternehmung einen umso grösseren Stellenwert hat, wenn sie sich aufgrund eines brandneuen CEOs, Ralph Hamers, gerade in einem Prozess der totalen Reorganisation befindet.

Drohender Rücktritt

Hinzu kommt, dass Hamers in einer sehr heiklen Situation steckt. Ihm droht ein langwieriger Gerichtsprozess in Holland, wo er sich aufgrund von Geldwäscherei-Vergehen seiner früheren Arbeitgeberin, der ING-Bank, zu rechtfertigen hat. Das könnte ihn von seiner jetzigen Arbeit ablenken, und im schlimmsten Fall sogar zum Rücktritt zwingen. In dem Fall wäre Keller-Busse eine der zuverlässigsten Kandidaten für dessen Nachfolge.

Alles in allem befindet sich Keller-Busse also in einem beruflichen Ökosystem, das ihr, so scheint es zumindest, kaum viele Kapazitäten offenlässt, um sich noch im Gremium eines anderen Weltkonzerns zu engagieren.

Anspruchsvolles Amt

Die UBS-Medienstelle wollte sich auf Anfrage von finews.ch zu diesen Fragen nicht äussern. Sie stellte lediglich fest, dass diese Angelegenheit eine persönliche, von Frau Keller-Busse sei. Soweit so gut.

Die Thematik lässt sich indessen auch aus entgegengesetzter Optik betrachten. Verwaltungsrat respektive Verwaltungsrätin eines SMI-Konzerns zu sein, der eine Börsenkapitalisierung von knapp 56 Milliarden Franken hat, gut 54'000 Personen beschäftigt und zuletzt einen Gewinn von 3,8 Milliarden Dollar erzielte, ist ohne Zweifel ein anspruchsvolles Amt.

Hohe Reputationsrisiken

Kommt hinzu, dass die Anforderungen an Verwaltungsräte gerade in einem zunehmend reglementierten Umfeld immer höher und komplexer werden – was wiederum mit enormen Reputationsrisiken einher geht. Dieser Anspruch auf eine umsichtige, professionelle und absolut sichere Pflichterfüllung in diesem Job, setzt ein substanzielles Zeitbudget voraus. Hat Keller-Busse dieses – mit ihren bereits drei Funktionen bei der UBS?

Natürlich kann Keller-Busse ein beträchtliches Banken-Know-how in das Aufsichtsgremium der Zurich einbringen. Doch ein Blick in den Verwaltungsrat des Versicherungskonzerns zeigt, dass mit Catherine «Cathy» Bessant bereits eine gestandene Bankerin dasitzt, die, gemessen an ihrer Kompetenz, der UBS-Managerin in nichts nachsteht. Wozu also noch eine Bankerin?

Bruch mit einer Tradition

Die Verpflichtung Keller-Busses ist schliesslich auch ein Bruch mit einer Tradition – zumindest innerhalb der UBS. Denn seit der Schweizerische Bankverein (SBV) und die Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) 1998 zur heutigen UBS fusionierten, galt es als ungeschriebenes Gesetz, und damit letztlich als Verpflichtung zur Glaubwürdigkeit und zur betriebswirtschaftlichen Hygiene, dass sich operative Führungskräfte nicht in anderen respektive in fremden Aufsichtsgremien tummelten. Alle UBS-Chefs, die länger im Amt waren, haben sich an diese Maxime gehalten: Marcel Ospel, Peter Wuffli, Oswald Grübel und auch Sergio Ermotti.

Umso mehr verwundert es, dass Keller-Busse nun ein Amt annimmt, das öffentlichkeitswirksam und verpflichtend ist. Im Zeitalter der viel gepriesenen Transparenz und mit dem Anspruch auf Nachvollziehbarkeit wäre es durchaus erhellend, wenn die Motive dieses Engagements besser zum Ausdruck kämen.

 

 

 

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