Zahlreiche Finanzinstitute der Schweiz bauen ihre Infrastruktur in Spanien aus. Vor allem die Privatbanken wittern aus höchst verschiedenen Gründen lukrative Geschäfte.

Die schweizerisch-brasilianische Privatbank J. Safra Sarasin tut es. Die Zürcher Rothschild & Co Bank und Julius Bär tun es ebenfalls. Die Rede ist von der Eröffnung einer Niederlassung in Spanien oder dem Ausbau der Präsenz auf der iberischen Halbinsel, wie finews.ch bereits verschiedentlich berichtete.

Doch warum ist es zunehmend angesagt, in Spanien zu sein, zumal die grösste Schweizer Bank UBS ihr Vermögensverwaltungsgeschäft dort kürzlich abstiess? Vom Bankhaus J. Safra Sarasin hiess es Ende Januar 2022, dass es Teil der Strategie sei, die Aktivitäten in den europäischen Kernmärkten auszubauen. Die Filiale in Madrid richte sich an in Spanien ansässige Private-Banking-Kunden und an die institutionelle Klientel, wie auch finews.ch berichtete. Am Dienstag gab die in Familienbesitz befindliche Bank bekannt, dass die spanische Finanzexpertin Belén Ríos künftig die Geschicke für Institutionelle und Grosskunden in Madrid leiten werde. 

Julius Bär baut aus

Darüber hinaus wollte die in Basel domizilierte Bank aber keine Fragen beantworten. Bekannt ist indessen, dass J. Safra Sarasin am Kauf des spanischen Wealth-Management-Geschäfts der Grossbank UBS interessiert war. Allerdings kam da die spanische Singular-Bank zum Zug. Dies könnte darauf hindeuten, dass J. Safra Sarasin dann selbst die Initiative ergriff, eine Präsenz auf der iberischen Halbinsel aufzubauen. 

Die Bank Julius Bär wiederum gab im vergangenen Januar bekannt, ihr Team in Madrid auszubauen, um näher an die spanischen Vermögensverwalter heranrücken, wie finews.ch auch berichtete. Mit Claudio Beretta hat das Institut einen Veteranen des Geschäfts mit Finanz-Intermediären entsandt. Er leitet dort ein neu zusammengestelltes Team, das dieses Marktsegment in Spanien ausbauen soll.

Veteranen und Spezialisten

Beretta ist seit 2011 für die «Bären» tätig und leitete unter anderem den Service für Intermediäre in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz sowie im Fürstentum Monaco. Er hält neu den Titel des Head Intermediaries Western Europe & Head Intermediaries Iberia.

Für die Marktentwicklung zuständig ist Claudia Linares, die erst Mitte Januar 2022 zum Institut stiess. Vor ihrem Wechsel zu Julius Bär war sie ab 2010 Teil des Intermediär-Team der Schweizer Grossbank UBS in der spanischen Hauptstadt gewesen. Die Truppe komplettieren die Banker Jorge Saavedra Doménech sowie Carlos Navarro Sabán, welcher ebenfalls von der UBS zur Privatbank wechselte.

Ambitionierte Rothschild-Bank

So wortkarg wie J. Safra Sarasin ist wiederum die Zürcher Rothschild Bank bezüglich Spanien nicht. Bank-CEO Laurent Gagnebin nannte im Gespräch mit finews.ch die Hauptgründe für die Eröffnung in Madrid.

Die Bank ist bereits seit 1988 im Investmentbanking in Spanien tätig. Und dabei, also etwa beim Verkauf von Firmen, hätten sich immer wieder Möglichkeiten ergeben, den Verkäufern in der Folge zusätzliche Finanzdienstleistungen anzubieten. Diesen Umstand wolle die Bank nun mittels einer Niederlassung in Madrid verstärkt nutzen, so Gagnebin.

Erben wählen Spanien statt der Schweiz

Als zweiten Grund erwähnte er, dass es bei Rothschild zahlreiche spanische Kundinnen und Kunden mit Kontoverbindungen in der Schweiz gebe, deren Vermögen aktuell in jüngere Hände gelangten. Mit diesem Generationswechsel fliesst das Geld an Erben, die häufig aber nicht mehr mit den in der Schweiz angesiedelten Konten arbeiten wollen.

Auch aus diesem Grund habe Rothschild das Büro in Madrid eröffnet und bietet dieser Klientel nunmehr Wealth-Management-Dienste direkt in Spanien an. Andernfalls würde man diese Gelder verlieren, erklärte Gagnebin.

Der Rothschild-CEO hat aber noch zwei weitere Argumente parat, die für eine Bearbeitung des spanischen Marktes mittels eines Lokal-Offices sprechen. So sei Spanien besonders attraktiv für die Kundschaft aus Südamerika. Gerade während der Corona-Pandemie habe das Zürcher Geldhaus festgestellt, dass es praktisch ist, die Geschäfte in Madrid und nicht etwa in der Schweiz zu besprechen beziehungsweise abzuwickeln.

Praktischer Hub für Latam

Bei diesem Argument sei allerdings nicht gemeint, dass Rothschild künftig vermehrt von Madrid aus die Märkte in Südamerika bedienen wolle, sondern es stünden etwa lateinamerikanische Family-Offices im Fokus, die ihre Finanzaktivitäten in Spanien ausbauen wollten.

Andererseits, so erklärte Gagnebin weiter, decke seine Bank alle Märkte in Westeuropa mit einer Lokalpräsenz ab, und es habe in den wirtschaftsstärksten Ländern Westeuropas quasi nur noch Spanien gefehlt. Mit der Eröffnung der Niederlassung sei die Lücke geschlossen worden.

Halbe Milliarde Euro als Ziel

Die Niederlassung in Madrid soll schlank gehalten werden. Als Ziel steht eine Personalstärke von acht Personen im Raum. Wie auch finews.ch berichtete, wird das Büro in Madrid vom Spanier Hugo Martin geführt. Die Personalstärke sei erreicht, hiess es nun zum Team.

Innerhalb von drei bis vier Jahren will Rothschild die Gewinnschwelle erreichen. Dies hänge aber davon ab, wie viel etabliertes Geschäft sich von der Schweiz nach Spanien verlagere, so Gagnebin weiter. Innerhalb von fünf Jahren will die Bank aber auf mindestens rund eine halbe Milliarde Euro an verwalteten Vermögen im spanischen Lokalbüro kommen.

Zu beachten sei dabei, dass die Ziel-Kundschaft nicht wie in der Schweiz auf ein Mindestvermögen von rund 5 Millionen Franken, sondern eher zwischen 1 bis 3 Millionen Euro komme.

SIX schlägt in Spanien zu

Zahlreiche Finanzdienstleister, wie der Asset Manager Syz etwa, setzen ebenfalls auf eine Lokalpräsenz in Spanien. Selbst die Schweizer Börse SIX kann dem spanischen Finanzmarkt einiges abgewinnen, übernahm sie doch unlängst die spanische Konkurrentin BME.

Doch nicht alle Schweizer Finanzinstitute sind so optimistisch. Ende Oktober 2021 hatte die Grossbank UBS den Verkauf ihres Wealth-Management-Geschäfts in Spanien an die Singular Bank bekanntgegeben.

Christine Novakovic, CEO der UBS Europe SE and Head Wealth Management Europe, hatte dies damals mit einer internen Analyse begründet. Demnach sei das spanische Wealth-Management-Geschäft für attraktivere Wachstumsperspektiven bei einem lokalen Anbieter besser aufgehoben, lautete ihr Fazit.

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