Die Schweizer Grossbank UBS muss sich in ihrem Wachstumsmarkt Asien auf neue Zeiten und tektonische Verschiebungen einstellen. Immer weniger ist noch so wie früher.

Jahrzehntelang galt Asien als die Wachstumsregion par excellence für zahlreiche Schweizer Banken – so auch für die UBS, die über die Zeit zur führenden Vermögensverwalterin in diesem Teil der Welt avancierte. Das Kürzel «UBS» galt dabei nicht nur als Synonym für solide Schweizer Werte und Qualität, sondern auch für flexibles Banking, das mit Krediten (Lending) locker umging, so dass vermögende Kundinnen und Kunden ihre Spekulationen an der Börse noch «hebeln» konnten.

Erst in den vergangenen 18 Monaten hat sich das Blatt sukzessive gewendet. Zunächst führte die Corona-Pandemie dazu, dass viele Kundinnen und Kunden in Asien ihre Aktivitäten mit der Bank reduzierten. Dies hinterliess bereits vor ein paar Quartalen erste Bremspuren in den Abschlüssen der UBS, wie finews.asia schon früher berichtete. Die fortgesetzte Null-Toleranz-Politik Pekings in Sachen Corona schränkte den Handlungsspielraum für reiche Chinesinnen und Chinesen noch zusätzlich ein, so dass gerade dieses wichtige Geschäft an Dynamik einbüsste.

Mandate statt Kredite

Diese Entwicklung hat sich nun in den vergangenen sechs Monaten noch stärker akzentuiert. Der ungebremst eskalierende Krieg in der Ukraine hat das Werweissen über Pekings Rolle in diesem Kontext weiter erhöht. Als eine Konsequenz darauf, brach der (Vorsteuer-)Gewinn der UBS im 3. Quartal 2022 um fast 20 Prozent ein (vgl. nachstehende Grafik). Gleichzeitig zeigt sich, dass die Lending-Aktivitäten, also die Kreditvergabe an spekulationsfreudige Kundinnen und Kunden massiv zurückgegangenen ist. Dabei büsste eine wichtige Ertragsquelle der UBS an Substanz ein.

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(Zum Vergrössern, Grafik anklicken)

Nun ist es aber nicht so, dass die verunsicherten Asiatinnen und Asiaten ihr Geld bei der UBS abgehoben und zu einem anderen Finanzinstitut gebracht hätten. Sondern sie blieben der grössten Schweizer Bank treu, wie das Top-Management am Dienstagmorgen anlässlich der Ergebnispräsentation nicht genug betonen konnte. Tatsächlich hat die Klientel ihre Vermögen auf Konten geparkt oder es in Mandate der UBS investiert, die immerhin auch noch lukrativ sind, wie weiter zu erfahren war.

Chinesen mutieren zu Schweizern

Die also einstmals so trading- und gambling-orientierten Asiatinnen und Asiaten mutieren nun sozusagen zu Schweizer Kundinnen und Kunden, die ihr Geld solide und sicher einer gutkapitalisierten Bank anvertrauen. Verkehrte Welt in Asien also. Doch die Vorsicht ist nicht fehl am Platz. Denn seit dem Abschluss des jüngsten Kongresses der Kommunistischen Partei Chinas vor wenigen Tagen, der erstens die Machtfülle von Staatspräsident Xi Jinping zementierte und zweitens den weiteren Lockdown zum Imperativ erklärte, deutet vieles darauf hin, dass das Reich der Mitte zumindest im Weltmasstab seine besten Zeiten bis auf weiters hinter sich hat.

Entsprechend (negativ) reagierte in den vergangenen Tagen die Börse Chinas. Derweil nehmen immer mehr wohlhabende Chinesinnen und Chinesen aus ihrer Heimat reissaus, wie am Dienstag auch die britische Wirtschaftszeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) feststellte. Sie verlagern ihr Kapital und erwerben (käuflich) mindestens eine zusätzliche Staatsbürgerschaft.

Diese Veränderungen und Verschiebungen wirken sich besonders auf Singapur aus: Der tropische Stadtstaat, der mittlerweile definitiv das Image der «besseren Schweiz» in Südostasien geniesst, registriert seit Monaten eine nie dagewesene Zuwanderung an reichen Chinesinnen und Chinesen.

Indikator Family Offices

Der beste Indikator dafür ist die Zahl der sogenannten Family Offices, also der Firmen, die das gesamte Vermögen sehr wohlhabender Familien verwalten und betreuen. Existierten vor 5 Jahren erst etwa 50 solcher Family Offices in Singapur, sind es heute bereits 800 und weitere 600 Institute warten auf eine Lizenzerteilung durch die dortige Finanzmarktaufsichtsbehörde (MAS). Vor diesem Hintergrund überraschte es nicht, dass UBS-Chef Ralph Hamers am Dienstag betonte: «In Südostasien bauen wir unser Geschäft im Bereich Global Family and Institutional Wealth aus.»

Die UBS ist in Singapur seit mehr als 50 Jahren höchst prominent vertreten und betreut von dort die vermögende Klientel aus anderen asiatischen Ländern (offshore). Allerdings ist es ein Unterschied, wenn sie ihre Geschäfte mit Family Offices über Family Offices abwickeln muss. Denn diese Institute gelten aufgrund ihres profunden Know-hows und ihrer Kapitalkraft als überaus verhandlungsstark, was die Margen der Bank neben der Digitalisierung noch weiter unter Druck setzen wird.

Neue Zeiten

In der verkehrten Welt Asiens brechen somit selbst für die sonst so erfolgsverwöhnte UBS neue Zeiten an, die gerade aus Ertragssicht nicht so einfach zu bewältigen sein werden. Denn zweistellige Gewinnrückgänge in so wichtigen Marktregionen kann sich auch die führende Schweizer Grossbank auf Dauer nicht leisten.

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