Nach dem Private Banking beginnen im Schweizer Geschäft der Credit Suisse auch das Investmentbanking und das Firmenkundengeschäft zu bröckeln. Doch vor Ende Sommer will die UBS nicht über den Heimmarkt entscheiden – und nimmt dafür ein risikoreiches Vakuum in Kauf.

«Schnelligkeit ist wichtiger als Präzision»: Das sagte Sergio Ermotti kürzlich in einer «Townhall»-Rede vor der eigenen Belegschaft. Der Chef der kombinierten UBS meinte damit das Vorgehen seiner Bank beim erwarteten Personalabbau.

Doch die Aussage könnte auch für sein bisheriges Vorgehen seit dem Zwangszusammenschluss der beiden grössten Schweizer Banken vom 19. März 2023 gelten.

Im Eiltempo unterwegs

Denn Ermotti hat seither im Eiltempo seine Geschäftsleitung neu zusammengesetzt, den offiziellen Zusammenschluss am 12. Juni 2023 vollzogen und den Garantievertrag mit dem Bund abgeschlossen. Zuweilen dauerte es ein wenig länger, bis ein Meilenstein erreicht war – doch die Verspätung betrug höchstens einige Tage, nicht Monate.

Umso mehr sticht da der Entscheid der UBS-Führung heraus, sich mit dem Entscheid über die Zukunft des Schweiz-Geschäfts der CS Zeit bis Ende Sommer zu lassen. Das offizielle Diktum dazu lautet, dass sich die UBS diese Zeit benötigt, um sämtliche Optionen für das Business abzuwägen. Inzwischen drängt sich hier jedoch der Eindruck auf, dass dem Management um Ermotti im Heimmarkt die Zeit davonrennt.

Nachrichten-Vakuum mit Folgen

Denn im Nachrichten-Vakuum, das seit der Ankündigung des Fahrplans für die Schweiz herrscht, greift die Unsicherheit immer mehr um sich. Mit dem abrupten Abgang von Andreas Gerber, dem bisherigen Chef des CS-Firmenkundengeschäfts, hat jene Unsicherheit Anfang Woche eine neue Eskalationsstufe erreicht.

In der Folge ist es nicht abwegig, mit einem zweiten «Fehr-Effekt» bei der CS zu rechnen. Serge Fehr, der ehemalige Chef des Schweizer Private Banking der übernommenen Bank, wird im kommenden August die Leitung des Schweiz-Geschäfts der Genfer Privatbank Lombard Odier übernehmen. Seit im vergangenen März sein Wechsel zur Konkurrenz publik wurde, haben sich die Abgänge unter seinen einstigen Untergebenen gehäuft.

Zu viel Belastung für die Bilanz?

Nicht selten sprangen ganze Teams ab, so etwa in Bern oder Zug; in der Zentralschweizer Stadt ist es Lombard Odier deshalb möglich, gleich eine neue Filiale in Betrieb zu nehmen.

Anders als im Private Banking, wo mehr Kundenberater gewöhnlich mit mehr verwalteten Vermögen gleichzusetzen sind, und damit das CS-Frontpersonal grundsätzlich willkommen ist, dürften im Business mit Schweizer Firmenkunden – und auch im Investmentbanking – aber andere Vorzeichen gelten.

Wie nämlich Marktbeobachter berichten, macht es für die UBS ökonomisch keinen Sinn, ihre Bilanz auf längere Frist «doppelt», also zusätzlich mit sämtlichen Firmenkrediten der CS zu belasten. Die kombinierte Grossbank werde deshalb versuchen, sich schrittweise von einem Teil der Firmen mit auslaufenden Kreditverträgen zu verabschieden, sagen diese Quellen. Und wo weniger Kunden zu betreuen sind, braucht es auch weniger Betreuer.

Schlechtes Omen

Dass Gerber geht, wird CS-intern als schlechtes Omen aufgefasst, wie finews.ch vernommen hat. In der Investmentbank wie auch im Firmenkundengeschäft, wo das Personal bisher die Füsse zumeist stillgehalten hat, könnten deshalb die Fliehkräfte schon bald zu wirken beginnen.

Dabei könnten auch kleinere Akteure aus dem Inland zur Anlaufstelle werden: Von mehreren Kantonalbanken heisst es, sie seien sowohl an neuen Unternehmenskunden wie auch etwa am Business mit Anleihen-Emissionen interessiert.

Ermotti hat in jener Rede vor der Belegschaft klar gesagt, dass die UBS im Heimmarkt in allen Bereichen «fast naturgemäss eine stärkere Rolle» spielen werde. Dies nicht nur, was die Grösse betreffe, sondern vor allem, was die Bandbreite der Dienstleistungen angehe. Doch wie viel «CS» es braucht, um dieses Ziel zu erreichen, bleibt sein Geheimnis.

Die Wahrscheinlichkeit steigt jedoch, dass auch im Firmenkundengeschäft manche CS-Banker nicht abwarten, bis der UBS-Chef seinen Entscheid gefällt hat.

Weiterhin im Fahrplan

Wie die Medien bereits im vergangenen Juni kolportiert haben, könnten bei der kombinierten Bank rund 35’000 Stellen wegfallen. Die erste Entlassungswelle werde im Juli 2023 anrollen, hiess es. Zwei weitere Wellen würden im Herbst folgen. Für die Schweiz gingen Schätzungen vom Abbau von bis zu 12’000 Stellen aus.

Wenn aber begehrte Frontleute aus eigenem Antrieb gehen, dann steigen auch für die UBS die Opportunitätskosten. Wobei man im Umfeld der Bank darauf beharrt, dass die Arbeiten hin zum erwarteten Entscheid von Ende Sommer nach Fahrplan vorankommen. Im Gegensatz etwa zum Handel der CS, der von vornherein nicht zur Strategie der UBS gepasst hätte, sind die Überlegungen der UBS zum Schweizer Business der CS offenbar viel komplexer.

Hier soll demnach nicht die Maxime «Geschwindigkeit vor Präzision» gelten, sondern «Auf Anhieb richtig».

«In Zukunft neue Arbeitsplätze»

Dem Vernehmen nach ist dabei die politische Komponente – der Wegfall Tausender Jobs wäre ein höchst willkommenes Thema für die eidgenössischen Wahlen von Ende Oktober – nur eine Facette der Überlegungen. Vielmehr geht es darum, im Detail abzuklären, welche Vorzüge und Nachteile die gewählte Option für sämtliche Anspruchsgruppen der kombinierten Grossbank beinhalten.

Man nimmt sich bei der UBS darum mehr Zeit, um einen Entscheid zu fällen, der die Weichen für die nächsten Jahrzehnte stellt. Das entspricht auch dem Plan Ermottis. Die Übernahme der CS sei nur die erste Phase der «Equity Story», also der Anlegergeschichte, der UBS, so der Bankmanager im «Townhall».

Was Sie verstehen sollten

«Das ist es, was Sie verstehen sollen», sagte er seinen Mitarbeitenden, «dies ist eine Plattform, die weiterwachsen wird, und wir werden auch in Zukunft neue Arbeitsplätze schaffen.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.99%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.02%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel