Was verbindet HSBC-Chef Stephen Green mit Goldman-Chef Lloyd Blankfein (Bild)? Sie denken laut darüber nach, welche Banker «socially useful» sind.

Man könnte fast meinen, das sei abgesprochen: Diese Woche warfen mehrere Spitzen der Finanzwelt denselben Verdacht in die Runde – nämlich dass es viele, allzuviele nutzlose Bankdienstleistungen gebe. Und der Verdacht wurde meist verbunden mit der Einsicht, dass die unnützen – «socially useless» – Tätigkeiten durch falsche Anreize angeheizt worden seien.

So kam Stephen Green, der Chairman von HSBC, an einer Branchenkonferenz in Frankfurt zum Schluss, viele Tätigkeiten der Investmentbanken seien «socially useless».

Und insgesamt befand er: «Im schlimmsten Fall können die Finanzmärkte zu Zerstörungsmaschinen werden. In den letzten Jahren jagten die Banken kurzfristige Gewinne, indem sie komplexe Produkte einführten, welche der Menschheit keinen wirklichen Nutzen brachten.» Gewisse Produkte seiner Branche, so der HSBC-Boss weiter, hätten in den Nützlichkeits- und Transparenztests versagt.

«Komplexität überwog den sozialen Nutzen»

Lloyd_BlankfeinIm Ton etwas zurückhaltender, aber in der Sache ähnlich äusserte sich Lloyd Blankfein. Auch der Goldman-Sachs-Chef befand – an der gleichen Konferenz –, dass die Investmentbanken einige «socially useless» Produkte geschaffen hätten. «Die Branche liess es zu», so Blankfein, «dass das Wachstum und die Komplexität neuer Produkte ihren wirtschaftlichen und sozialen Nutzen überwogen – genauso wie ihre Fähigkeit, sie zu beherrschen.»

Etwas weniger vornehm ausgedrückt heisst das: Die Banken schufen Produkte, die der Gesellschaft wenig brachten und von ihnen selber zuwenig beherrscht wurden.

Green und Blankfein nahmen damit einen Ball auf, den der Chef der britischen Finanzmarktaufsicht FSA zwei Wochen zuvor gespielt hatte. Ende August machte Lord Turner die Frage des gesellschaftlichen Sinns von Investmentbank-Geschäften zu einem in England vielbeachteten Thema – verbunden mit einer klaren Drohung:

Die meisten Geschäfte, denen die Finanzprofis in der Londoner City nachgingen, seien «gesellschaftlich unnütz», sagte Turner damals. Es sei naiv gewesen, in die Fähigkeit der Finanzmärkte zur Selbstregulierung zu vertrauen.

«Wo ziehen Sie die Linie?»

Entsprechend forderte der Banken-Wächter, unnütze – «socially useless» – Banken und Bankgeschäfte höher zu besteuern. Damit erntete er allerdings auch schon bedeutsamen Widerspruch: Der britische Finanzminister Alistair Darling nahm das S-Wort ebenfalls in den Mund, befand jeoch, es sei nicht Aufgabe der Regierung zu entscheiden, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten gesellschaftlich mehr oder weniger sinnvoll seien.

«Man kommt in grosse Schwierigkeiten, wenn man eine Liste zu machen beginnt mit dem, was nützlich und was unnütz ist im Banking», sagte Darling zu Wochenbeginn in einem BBC-Interview: «Denn da wendet man subjektive Urteile an. Wo ziehen Sie die Linie?»

Dass die Banker die Frage nach dem gesellschaftlichen Nutzen ihres Tuns und ihrer Produkte jetzt plötzlich intensiver diskutieren (und sich dabei sehr einsichtig zeigen), hat einen bestimmten Grund: Was als unnütz und was als nützlich betrachtet wird, das ist letztlich eine hochpolitische Frage. Im Urteil darüber wird auch entschieden, welche Geschäfte gesetzlich eingeschränkt werden sollen – und welche freier bleiben können.

Welches Business ist «socially useless»? Es ist offenbar Zeit, dass die Banker dies selber beantworten.

 

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