Das digitale Zeitalter lasse sich mit der industriellen Revolution vergleichen, sagt François Degeorge, Direktor des Swiss Finance Institute, im Interview mit finews.ch. Die Bankbranche sei besonders betroffen.


Herr Degeorge, der Einstieg in die Finanzbranche scheint im Vergleich zum Vorjahr wieder etwas attraktiver zu sein. Worauf führen Sie das zurück?

Das muss vor dem Hintergrund der Ereignisse der vergangenen Jahre betrachtet werden. Sie lösten eine grosse Verunsicherung unter den Beschäftigten im Bankensektor aus. Denn vor gut zehn Jahren brachte die Finanzkrise zahlreiche Banken in Bedrängnis, worauf die regulatorischen Anforderungen an die Institute deutlich anstiegen.

Heute steht die Finanzindustrie erneut an einem Wendepunkt beziehungsweise an der Schwelle ins digitale Zeitalter, und es zeigt sich, dass die Neupositionierung der Branche in diesem Zusammenhang offenbar erste Früchte trägt.

«Diese Veränderungen zwingen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, up-to-date zu bleiben»

Die Digitalisierung wird von den Beschäftigten zunehmend als Chance erkannt. Es zeigt sich überdies, dass die Schweiz aufgrund ihrer weltweit führenden Innovationskraft sowie ihrem hohen Bildungsniveau sehr gut darauf vorbereitet ist.

Heutzutage ist viel von permanenter Weiterbildung die Rede. Warum?

Die erwähnten Veränderungen zwingen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, «up-to-date» zu bleiben. Der Schritt ins digitale Zeitalter lässt sich mit der industriellen Revolution vergleichen. Die Job-Profile werden sich in den nächsten Jahrzehnten signifikant verändern – und ich sage bewusst «verändern».

Das heisst?

Auch Ende des 18. Jahrhunderts bestanden grosse Ängste vor einem massiven Arbeitsplatzabbau. Klar ist, dass einige klassischen Job-Profile verschwinden respektive von Maschinen oder Computern übernommen werden. Es werden aber auch neue Aufgabenbereiche entstehen.

An welche denken Sie dabei?

Wer hätte beispielsweise Anfang der 2000er-Jahre gedacht, dass heute das Berufsbild des «App-Entwicklers» existiert und eine Firma wie Snap Inc. (Betreiber der Instant-Messaging App Snapchat) mit einer Marktkapitalisierung von 15 Milliarden Dollar mehr als 1‘800 Angestellte beschäftigt?

«Am Ende des Tages liegt es an jedem Einzelnen, «Wissenskapital» aufzubauen»

Auf diese Entwicklungen müssen wir ausbildungsseitig natürlich aktiv eingehen, das gilt sowohl im Bereich der Grundausbildung an den staatlichen Schulen und Hochschulen sowie in der Weiterbildung. Am Ende des Tages liegt es jedoch in der Verantwortung jedes Einzelnen, sich in diesem rasch verändernden Umfeld weiterzubilden und, wie wir es nennen, «Wissenskapital» aufzubauen.

Wie gross ist die Nachfrage nach Aus- und Weiterbildung am Swiss Finance Institute (SFI)?

Die Nachfrage nach breiten Bank-Management-Lehrgängen ist tatsächlich rückläufig. Es wäre aber falsch, daraus einen allgemeinen Nachfragerückgang nach qualifizierter Weiterbildung abzuleiten. Im Gegenteil: Der Zusammenhang zwischen Weiterbildung und beruflichem Erfolg bleibt unbestritten.

Wie die jüngste Umfrage bestätigt, stellen wir eine Verschiebung der Nachfrage hin zu spezialisierten Ausbildungsangeboten fest. Diesem Trend begegnen wir beispielsweise mit unserem CAS-Lehrgang in Banking mit Schwerpunkt Real Estate Finance oder Ausbildungen im Rahmen der SAQ-Kundenberaterzertifizierungen.

«Natürlich ist die Finanzierungsfrage eine Hürde»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.51%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
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  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.03%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    8.99%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
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