In erster Linie Flexibilität. Wir haben eine Angebotsbreite, die eine Privatbank meistens nicht bieten kann. Damit bewegen wir uns schon im Bereich von Family-Office-Dienstleistungen.

Was heisst das?

Je länger eine Kundenbeziehung anhält, desto mehr rücken die klassischen Banking-Dienstleistungen in den Hintergrund. Die Kunden wollen dann Beratungen für eine Erbfolge oder Unternehmensnachfolge. Im Vordergrund stehen die Familie und die Sicherung der Zukunft der Kinder.

Was zeichnet russische Kunden aus?

Ich habe sie als sehr fordernd kennengelernt, aber auch als freundschaftlich und fast schon familiär, wenn sich die Kundenbeziehung gut entwickelt.

Stimmt das Klischee, dass man im Umgang mit Russen trinkfest sein muss?

Dieser Teil der Kundenbeziehung hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Die meisten meiner Kunden haben einen eher westlichen Lebensstil angenommen.

«Bei uns finanzieren die Kundenberater nicht das Golfspiel der Besitzer»

Früher gab es schon auch reichhaltigere «Wine & Dine»-Anlässe, vor allem bei Besuchen in Regionen ausserhalb Moskaus.

Das Geschäftsmodell von Clarus Capital ähnelt dem einer Plattform, auf der Vermögensverwalter weitgehend auf eigene Rechnung arbeiten. Was ist der Gedanke dahinter?

In der Vermögensverwalterbranche scheint es mir zeitweise, dass frisch angeworbene Kundenberater das Gefühl haben, sie würden zunächst das Golfspiel der Firmenbesitzer finanzieren. Wir wollen Kundenberatern ein Modell bieten, das ihnen transparent aufzeigt, wofür sie arbeiten und was sie dafür erhalten. Damit differenzieren wir uns von etablierten Institutionen, die ein diskretionäres Modell verfolgen.

Damit sprechen Sie einen besonderen Typ Kundenberater an.

Ja, das unternehmerische Prinzip, dem wir hier folgen, funktioniert nicht bei allen. Hier herrscht ein Leistungsprinzip, das den Kundenberatern auch grosse Freiheiten lässt. Ich mag nicht Diskussionen darüber führen, ob der Kundenberater nun Business Class oder Economy fliegen darf. Jeder ist seine eigene Kostenstelle. Er bezahlt seine Reisen selber oder auch eine persönliche Assistentin, sofern er eine wünscht.

Das heisst, Sie stellen die Infrastruktur?

Richtig, Clarus Capital bietet die Infrastruktur, das Asset Management sowie Risiko und Compliance.

«Zeit ist im heutigen Private Banking ein Luxus»

Deren Betrieb wird sozusagen aus einem Gemeinschaftstopf finanziert. Wir nutzen dafür eine Formel, in der Kosten und Erlöse fair und transparent aufgeteilt werden.

Wie sieht diese Formel aus?

Die Kundenberater zahlen eine fixe Monatsgebühr und liefern einen Umsatzanteil von weniger als 20 Prozent ab. Den Rest behalten die Kundenberater für sich ein. Damit gehört unsere Payout-Ratio zu den attraktivsten im Markt.

Was gewinnt Clarus Capital dabei?

Transparenz, Klarheit und das grösste Plus, das wir feststellen können: Es gibt hier keinen Neid unter den Kundenberatern. Das fördert eine Firmenkultur, die vom Zusammenhalt geprägt ist.

Und was der Kundenberater?

Er gewinnt Zeit – und das ist heutzutage im Private Banking fast schon ein Luxus. Sie können sich voll und ganz auf die Beratung konzentrieren. Der Administrations- und Bürokratieaufwand hält sich auf einem Minimum.

Clarus Capital zählt rund ein Dutzend Partner, was die Mehrheit der Angestellten ist. Ist das Partnermodell Teil ihrer Geschäftsstrategie?

Es hilft sicherlich im Kundenkontakt, wenn auf der Visitenkarte «Partner» steht. Unser Prinzip ist vergleichbar mit jenem von Anwaltskanzleien. Diese unterscheiden zwischen Partnern mit Aktienbeteiligung und Partnern mit Gewinnbeteiligung. Clarus Capital hat drei Unternehmenspartner, die übrigen sind am Gewinn beteiligt.

Insofern ist das Modell von Clarus Capital ein Zeichen der Zeit?

Ich bin davon überzeugt, dass die Schweizer Branche der unabhängigen Vermögensverwalter einer der grossen Wachstumstreiber des Finanzplatzes sein wird. Und dieser geniesst nach wie vor einen hervorragenden Ruf. Ich kenne verschiedene Beispiele von sehr vermögenden Kunden, die im Zuge der Finanzkrise nach Asien abgewandert sind. Sie sind alle wieder zurückgekommen – in die Schweiz und nach Zürich.


Giancarlo Guetg war 2011 einer von drei Gründungspartnern des unabhängigen Vermögensverwalters Clarus Capital. Davor war er lange Jahre im Wealth Management der UBS tätig, wo er vornehmlich russische Kunden betreute. Clarus Capital ist in Zürich ansässig und Mitglied im Verband Schweizerischer Vermögensverwalter. Das Unternehmen zählt derzeit 18 Mitarbeiter.

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