Gemischte Führungsteams arbeiten besser als reine Männergremien. Doch vielen Banken fehle es an Mut, diese Erkenntnis umzusetzen, stellt die Ökonomin Sita Mazumder im Interview mit finews.ch fest.

Frauen sind rar im Top-Management. Dies gilt besonders für die Schweizer Bankbranche, wo der Frauenanteil in der Geschäftsleitung magere 11 Prozent ausmacht, wie finews.ch unlängst errechnete.

Augenfällig ist auch, dass Frauen, wenn Sie eine Topposition bekleiden, oft keine Umsatzverantwortung tragen, sondern primär als operationelle Leiterinnen tätig sind: Sie verantworten Bereiche wie Legal, Risk und Compliance, wie finews.ch in einer weiteren Analyse festgestellt hat.

Zu diesen Erkenntnissen aus der Datenrecherche nimmt nun Sita Mazumder Stellung. Die Unternehmerin und Professorin für Wirtschaft und Informatik an der Hochschule Luzern kennt das Swiss Banking und seine Führungsstrukturen aus nächster Nähe. Seit vergangenem Jahr sitzt sie im Verwaltungsrat der Schweizer Bankengruppe Clientis. Zuvor war sie fast fünf Jahre im Aufsichtsgremium von Coutts International tätig, bis das Unternehmen an die Genfer Konkurrentin Union Bancaire Privée (UBP) verkauft wurde.


Frau Mazumder, vor zehn Jahren gab es praktisch keine Frauen in Toppositionen bei Schweizer Banken. Die Situation hat sich seither verbessert. Was sind die Gründe?

Die allgemeine Sensibilisierung, dass wir in der Schweiz im internationalen Vergleich eine starke Untervertretung hatten, trug sicherlich dazu bei. Das hat zahlreiche Aktionspläne in Wirtschaft wie auch in der Verwaltung hervorgebracht. Aber auch Veränderungen im Zusammenhang mit neuen Arbeitsmodellen, der Digitalisierung oder den jungen Generationen leisteten und leisten einen relevanten Beitrag.

Auffällig ist, dass wenig Frauen in Positionen mit Umsatzverantwortung sitzen. Weshalb?

Dafür gibt es keinen eindeutigen Grund. Was immer wieder genannt, ist die schlechte Vereinbarkeit solcher Positionen mit dem Familieleben, weil diese oft nicht in Teilzeit angeboten werden oder höchstens in einem 80-Prozent-Pensum.

«Das eine ist nicht besser als das andere»

Fehlende operative Erfahrung in den Lebensläufen der Frauen ist ebenfalls ein Grund, den man häufig hört. Aber auch die Frauen selber finden solche Topjobs aus diversen Gründen unattraktiv – etwa wegen der damit verbundenen Unternehmenskultur.

Diverse Studien besagen, Frauen seien aufgrund ihrer angeborenen Risikoaversion bessere Managerinnen als ihre männlichen Kollegen. Ist dem so?

Aus meiner Sicht ist die Klassifizierung in richtig oder falsch unpassend. Es ist richtig, dass man in der Normalverteilung ein unterschiedliches Risikoverhalten bei den Geschlechtern beobachten kann. Das eine ist aber nicht besser als das andere, sondern die Kombination von beiden ist besser als die Homogenität. Anders formuliert: Die Kombination von weiblichem Risikoverhalten mit männlichem ist in einem Führungsgremium nachhaltiger und erfolgreicher.

Männergremien tendieren dazu, andere Männer mit hohen Positionen zu betrauen. Was bräuchte es, um diesen Zyklus zu durchbrechen?

Ich wünschte, ich hätte eine einfache Antwort auf diese Frage. Es braucht sicherlich auf allen Ebenen das Bewusstsein, dass eine Organisation mit einer bewussten Durchmischung ökonomisch erfolgreicher ist – und dann den Mut, das auch umzusetzen.

Der Kanton Basel Stadt verlangt von seinen Staatsbetrieben, darunter die Basler Kantonalbank, dass sowohl im Verwaltungsrat als auch in der Geschäftsleitung Frauen und Männer mindestens zu je einem Drittel vertreten sind. Erachten Ist eine solche Quote tauglich, um den Frauenanteil zu erhöhen?

Ich komme aus dem Wissensbereich und hoffe natürlich, dass wir die Anteile aufgrund von Wissen und Erkenntnis verbessern. So ist heute belegbar, dass Organisationen mit einer guten Durchmischung nachhaltiger arbeiten, innovativer sind und letztlich erfolgreicher.

«Die Frage ist, was dieses Nichtwollen verursacht, innere oder äussere Gründe?»

Diese Ergebnisse können sich aber erst einstellen, wenn der Anteil einer bestimmten Gruppe, in diesem Fall eines Geschlechts, 30 Prozent oder höher ist. Aus meiner Sicht sollten diese Effekte Anreiz genug sein.

Die Grossbanken UBS und Credit Suisse haben sich im vergangenen Jahr die Frauenförderung auf die Fahne geschrieben. Weshalb kommt das so spät, und wie Ernst ist es den Instituten mit der Gleichstellung?

Das steht nicht erst seit vergangenem Jahr auf deren Fahne. Die Schweizer Firmen, so auch UBS und Credit Suisse, sind schon seit Jahren aktiv in dem Thema. Es gibt Bereiche in den Firmen, in denen sich einiges positiv entwickelt, und andere, in denen man heute nicht weiter ist als vor zehn Jahren.

Sicherlich ist es so, dass wir nicht erreicht haben, was volkswirtschaftlich weiterführt. Nämlich, unsere sehr gut ausgebildeten Frauen einzubinden, was gerade mit Blick auf die Veränderungen im Arbeitsmarkt erstrebenswert wäre.

Manche Frauen wollen offenbar gar nicht ins Topmanagement, obwohl sie dafür das Knowhow hätten. Was ist da dran?

Dass eine fähige Frau, und notabene auch ein Mann, nicht in einer Managementposition tätig sein will, ist legitim. Die Frage ist, was dieses Nichtwollen verursacht, innere oder äussere Gründe?

«Ob das eine Portion Machtum beinhaltet, hängt von der Persönlichkeit ab»

Anders gesagt: Will die Person nicht, weil es unattraktiv bezüglich der eigenen Präferenzen ist, oder weil äussere Gründe wie Arbeitsmodalitäten oder das Betriebsklima diese Position unattraktiv machen. Frauen haben oft mit Letzterem ein Problem, was ihnen dann als Nichtwollen ausgelegt wird.

Brauchen Frauen eine Portion Machotum, um ganz nach oben zu gelangen?

Ich bin eine Verfechterin von Authentizität, bei Frauen wie bei Männern. Sich selbst treu bleiben, seine Stärken wie auch seine Schwächen kennen, und mit geradem Rücken seinen Weg gehen – das halte ich immer noch für die beste Art, nach oben zu gelangen. Ob das eine Portion Machtum beinhaltet, hängt entsprechend von der jeweiligen Persönlichkeit ab.

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