Das Finanzportal finews.ch und die Migros Bank suchen das Finanzwort, das stellvertretend für das laufende Anlage- und Finanzjahr steht. 2019 erwies sich bislang als ein gutes Anlagejahr, allen Bedenken zum Trotz.

Von Thomas Pentsy, Migros Bank

Nach den Kursturbulenzen im Schlussquartal 2018 haben Anleger allen Grund, mit der Marktentwicklung im laufenden Jahr zufrieden zu sein. Die Aktienmärkte haben sich weltweit gut entwickelt, teilweise sogar prächtig. Investoren in festverzinslichen Anlagen wie Obligationen haben ebenfalls schöne Gewinne eingefahren, sind doch an den Märkten die Anleihenrenditen kräftig gefallen.

Auch Gold, lange Zeit vernachlässigt, verzeichnet seit Jahresbeginn stattliche Kursfortschritte. Am Krypto-Devisenmarkt wiederum hat der Bitcoin die Talsohle durchschritten und zu einem neuen Höhenflug angesetzt.

Rally trotz Sorgenmix

Trotz der üppigen Gewinne hat sich keine Euphorie an den Märkten breitgemacht. Denn Anlass zur Sorge gibt es reichlich. Die Weltkonjunktur flaut aufgrund der Zwistigkeiten zwischen China und den USA ab. Vor allem die Industrie leidet unter dem Handelsstreit und den damit verbundenen Störungen in den weltweiten Lieferketten. Die Wachstumszahlen aus China belegen, dass die bisherigen Stimulierungsmassnahmen nicht ausreichen, um eine Wachstumsverlangsamung zu verhindern.

Auch mit Blick auf die EU sind allfällige Sondereinfuhrzölle nicht vom Tisch. US-Präsident Donald Trump dürfte schon bald die Automobilzölle der EU ins Visier nehmen. Ganz allgemein scheinen in der Weltwirtschaft Handelshemmnisse eher zu- als abzunehmen.

Politische Unwägbarkeiten

In Europa wiederum belasten politische Unwägbarkeiten die Investorenstimmung und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Die Aussichten, dass Grossbritannien Ende Oktober geordnet aus der EU austritt, haben sich unter dem neuen britischen Premier Boris Johnson nicht verbessert, während Italien ein politischer Unruheherd bleibt.

Die Schweiz als kleine, aber sehr offene Volkswirtschaft ist von den wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten gleich mehrfach betroffen: Der Handelskonflikt trübt die Perspektiven für die Exportwirtschaft. Gleichzeitig steuert der wichtigste Handelspartner der Schweiz, unser nördlicher Nachbar Deutschland, einer Rezession entgegen.

Gefragter Franken

In ungewissen Zeiten wie diesen ist der Franken als sicherer Anlagehafen gefragt: Er hat sich gegenüber dem Euro kräftig aufgewertet. Unsere starke Währung bremst die Exporteure zusätzlich. Auch an anderer Front sorgte die Schweiz zwischenzeitlich für Schlagzeilen: So liess Brüssel im Ringen um das Rahmenabkommen die Börsenäquivalenz im Sommer auslaufen.

Die EU anerkennt die Schweizer Börse nicht mehr als gleichwertig. Für Wertschriftenhändler aus dem EU-Raum ist es damit schwieriger geworden, Schweizer Wertpapiere zu handeln.

Tief im Negativbereich

An den internationalen Obligationen- und Aktienmärkten werden die genannten Risikofaktoren unterschiedlich aufgenommen. Die Anleger scheinen sich uneins zu sein, wie sich Konjunktur und Märkte weiterentwickeln: anhaltender Abschwung oder baldige Erholung? Die Obligationenmärkte preisen schwache Konjunkturdaten, Rezessionsängste, sinkende Inflationserwartungen und weitere Spannungen im Handelskonflikt zwischen China und den Vereinigten Staaten ein.

In etlichen Ländern, vor allem in der Schweiz, sind die Anleihenrenditen noch tiefer in den Negativbereich vorgestossen, da die Notenbanken wegen des Sorgencocktails die Normalisierung der Geldpolitik aufgeschoben haben. Die Aktienmärkte dagegen hoffen auf weitere Zinssenkungen der Zentralbanken, neue Impulse zur Stimulierung der chinesischen Konjunktur und ein Handelsabkommen im Hinblick auf die Wiederwahlkampagne von US-Präsident Trump.

Aktien oder Obligationen?

Wer hat recht? Die Notenbanken haben die Zinszügel bereits teilweise gelockert, um das Wirtschaftswachstum zu stützen. Weitere Zinsschritte werden wohl folgen. Dies verleiht den Aktienmärkten Auftrieb. Und zumindest in den USA dürften sich die Unternehmensgewinne im Jahresendviertel ein Stück weit verbessern. Allerdings spricht ein gewichtiger Indikator für die Sicht des Obligationenmarkts und sorgt in Anlegerkreisen für anhaltende Rezessionssorgen: die invertierte Zinsstrukturkurve.

Die Renditen für Obligationen mit kurzer Laufzeit sind höher als jene für Anleihen mit langer Laufzeit. In den vergangenen fünfzig Jahren ist jeder Rezession in den Vereinigten Staaten eine inverse Zinskurve vorangegangen. Diese Zinskurve muss zwar einige Monate invers sein, um das Rezessionsszenario zu untermauern. Sie ist aber ein überzeugendes Argument für Vorsicht.

An Libra scheiden sich die Geister

Von den Unsicherheiten hat unter anderem der Bitcoin profitiert, als Alternative zum «Papier-Geld» der Notenbanken. Nach dem letztjährigen Crash hat sich dessen Kurs zeitweise fast verdreifacht. Beflügelt wurde der Aufwärtstrend vor allem durch die Ankündigung des US-Internetkonzerns Facebook, eine Kryptowährung namens Libra einzuführen.

Viele Beobachter denken, Libra könnte virtuellen Währungen endgültig zum Durchbruch verhelfen und so mehr Akzeptanz für Kryptowährungen schaffen. An der «Facebook-Währung» scheiden sich allerdings die Geister.

Kritiker meinen unter anderem, Libra sei keine richtige Kryptowährung, vielmehr handle es sich um ein globales Zahlungssystem. Andere führen Sicherheitsbedenken ins Feld, zumal Facebook in der Vergangenheit durch mehrere Datenskandale aufgefallen ist.


Finanzwort des Jahres 2019

Welches Schlagwort, welches Thema beschreibt Ihrer Meinung nach die gegenwärtige Lage in der Finanzwelt besonders treffend? Das ereignisreiche Finanzjahr 2019 hat uns eine breite Auswahl spannender Themen beschert. Jetzt ist Ihre Meinung gefragt! Machen Sie mit beim Finanzwort des Jahres 2019.

Beim Thema sind Sie frei, die obgenannten Beispiele sollen nur inspirieren. Senden Sie uns Ihren Vorschlag und gewinnen Sie ein Essen für zwei Personen mit der Jury sowie einen Migros-Einkaufsgutschein über 200 Franken.

  • Finanzwort des Jahres 2018: Strafzoll
  • Finanzwort des Jahres 2017: Bitcoin
  • Finanzwort des Jahres 2016: Negativzinsen
  • Finanzwort des Jahres 2015: Frankenschock
  • Finanzwort des Jahres 2014: Nullzinspolitik
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.2%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
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  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.89%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.47%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
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