Die russische Bank Tinkoff hat ein Fintech auf die Beine gestellt, das sie nun nach Europa schicken will. Zügelt sie ihr ganzes Öko-System hier hin, könnte es für einheimische Player brenzlig werden.

Sogar für Fintech-Verhältnisse ist dieses Säbelrasseln ungewöhnlich heftig: Der russische Milliardär und Gründer der Tinkoff Bank, Oleg Tinkov, postete vor ein paar Tagen auf der sozialen Plattform Instagram ein Bild von ihm, seinem Director New Products Development, Alexander Emeshev und dem Senior VP und Business Development Director, Artem Yamanov (Bild unten, v.l.n.r.)

Yamanov, der seit der Gründung der Tinkoff Bank an Bord ist, sei «definitiv sein talentiertester Manager» und gründe nun zusammen mit Emeshev ein von Tinkoff finanziertes Fintech, das in Westeuropa Finanzdienstleistungen anbieten will. Laut Tinkov soll Yamanov Revolut-Gründer Nikolay Storonsky, der zwar im Gegensatz zu Yamanov über mehr Erfahrung im Fintech-Markt verfüge, dafür viel weniger intelligent sei und weniger lernfähig sei, «in den Hintern treten».

Fünf Milliarden schwer

Der Unternehmer Tinkov ist eine schillernde Persönlichkeit. Wie bei vielen russischen Milliardären ist auch bei ihm nicht ganz klar, wie er zu seinem Reichtum gekommen ist. Seine Bank, die erst Tinkoff Credit Solutions (TCS) hiess, hat er jedenfalls 2006 gegründet, um herauszufinden, ob eine reine Digitalbank in Russland erfolgreich sein könnte. 

Sie war es, denn seit da hat Tinkoff ein ordentliches Wachstum hingelegt: So soll sie nach eigenen Angaben gleich nach der Sberbank, die sich in Staatsbesitz befindet, mit 13,2 Prozent Marktanteil die die Nummer zwei im Kreditkartengeschäft sein. An der Börse in London ist die Holding der Bank, die immer noch TCS heisst, mit rund fünf Milliarden Dollar bewertet.

Banken-Öko-System

Und nun plant dieser russische Gigant mit einem Fintech den Marsch nach Westeuropa. Darüber ist noch nicht viel bekannt. Nur dass die Bank zu Beginn «nur» 25 Millionen Euro investieren will, und dass Co-Gründer Yamanov gegenüber dem Finanzmagazin «Financeforward» gesagt hat, er und sein Team freuten sich, ihre «Deep-Tech- und UX-Expertise in einem neuen Markt anzuwenden – schliesslich suchen Kunden in Europa nach besseren, intuitiveren Finanzdienstleistungen.»

Doch die Erwartungen sind bereits hoch, schaut man, was Tinkoff in Russland bereits alles auf die Beine gestellt hat, und wovon sich auch hiesige Banken eine enorme Scheibe abschneiden könnten. TCS hat ein Öko-System gebaut, in dem sowohl Konsumenten als auch Unternehmen alles finden, was das Herz begehrt: Die 10 Millionen Kunden von TCS können – neben natürlich Bankdienstleistungen in Anspruch nehmen – Mobiltelefon-Abos und Versicherungen abschliessen, Reisen buchen und Autos mieten, Konzert- und Kinotickets kaufen, Unternehmen wird bei der Buchhaltung, beim Bau der Webseite und auch bei der Rechnungsstellung unter die Arme gegriffen.

Super-App und Sprachassistent

In Europa will das Fintech von TCS , dessen Name ebenfalls noch unbekannt ist, also Finanz- und Bankprodukte und Transaktionsdienstleistungen für Privatkunden anbieten. In Russland hat die Gruppe eine Vielzahl von Mobile-Applikationen entwickelt, unter anderem zuletzt die sogenannte Super-App: Die soll Hunderte von Funktionen und Angebote von Tinkoff und Partnerfirmen enthalten und bis 2023 20 Millionen Kunden ansprechen.

Die App «Superapp Tinkoff», so eine Mitteilung der Gruppe, sei «die nächste Entwicklungsstufe der mobilen App von Tinkoff, die das klassische Online-Banking mit anderen Finanzdienstleistungen und den Lifestyle-Diensten für verschiedene Lebensbereiche kombiniert. Yamanov sagte noch im Dezember, dass die App beziehungsweise deren Künstliche Intelligenz vorhersagen soll, was die Nutzer zum jedem gegebenen Zeitpunkt benötigen, abhängig von Zeit und Ort, den jüngsten Transaktionen und Dutzenden von anderen Faktoren.

Ausserdem verfügt die Bank laut einer Mitteilung von «banks.am» über einen vollautomatischen Sprachassistenten, nach dem Gründer Oleg benannt, der den Nutzern helfen soll, alle wichtigen Finanz- und Lifestyle-Dienstleistungen innerhalb des Tinkoff-Ökosystems per Sprachsteuerung zu verwalten. Oleg, laut Firmenangaben ein 25- bis 40-jähriger Mann, der in der Tinkoff-App lebt, kann für Kunden Geldtransaktionen auf Tinkoff- und Sberbank-Konten tätigen, Tische in Restaurants und Termine in Schönheitssalons reservieren, Kinokarten kaufen und sogar die Kunden über Aktienkäufe und andere Bankdienstleistungen beraten.

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