Die Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank werden nicht so schnell verschwinden. Spätestens seit dem Beginn der Coronakrise scheint die Politik der ultralockeren Geldpolitik zementiert. Damit drohen die Negativzinsen zur neuen Normalität zu werden, so das Fazit eines Webinars des Swiss Finance Instituts.

Die Kritik an der Zinspolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) war vergleichsweise hart in den vergangenen Jahren. Die Negativzinsen versetzten vor allem die Banken und Vorsorgebranche in Schwierigkeiten, weil sie höhere Risiken eingehen mussten, um überhaupt eine Rendite zu erwirtschaften.

Zudem monierten Ökonomen, dass die SNB ihr Pulver verschossen hätte und im Falle einer Rezession gar nicht mehr reagieren könnte. Das Coronavirus hat nun die Rezession gebracht – und dazu die tiefste seit mindestens 45 Jahren – wenn nicht noch länger.

Nachfrageschock löst Angebotsschock ab

Quo vadis – dies war auch die grosse Frage, die an einem Webinar des Swiss Finance Institute (SFI) in Zusammenarbeit mit finews.ch am Dienstagabend zum Thema Negativzinsen gestellt wurde. Die drei Professoren Philippe Bacchetta von der Universität Lausanne, Urs Lendermann von der Hochschule der Deutschen Bundesbank und Alfred Mettler von der Universität Miami haben zusammen mit Markus Bürgi vom SFI haben dazu ein Positionspapier erstellt.

Darin ist unter anderem nachzulesen: Die Probleme hätten mit einem Angebotsschock begonnen, als die Wirtschaft in den meisten Industrieländern zu weiten Teilen stillgelegt wurde, um die Verbreitung der Pandemie zu stoppen. Dieser Schock werde allmählich durch einen Nachfrageschock ersetzt. Wie lange dieser Schock, der die Rezession erst richtig auslöst, andauern werde, müsse sich allerdings erst noch zeigen.

Sparquote steigt – Investitionen sinken

Die SNB aber, die gemäss ihrem Mandat die Entwicklung der Wirtschaft im Auge behalten muss, kann das konventionelle Mittel einer Zinssenkung nicht mehr einsetzen, so Bacchetta, weil die Zinsen sowieso schon tief im negativen Bereich liegen. Es bleibt der Aufkauf von Fremdwährungspositionen, um einer Stärkung des Frankens entgegenzuwirken und, wie an dieser Stelle auch schon besprochen, die Fiskalpolitik.

Der Druck auf die Zinsen wird voraussichtlich einige Zeit bestehen bleiben. Erstens wird die Sparquote steigen. Zweitens dürften die Investitionen aufgrund des Nachfrageschocks ins Stocken geraten. Und drittens sind die Inflationsaussichten durch die Rezession ins Rutschen gekommen.

Doppelte Frustration

«Die Schweiz kann nicht viel machen», lautete denn auch die Schlussfolgerung von Bacchetta. «Wir sehen die doppelte Frustration von tiefen Renditen und sehr geringen Optionen für die SNB und damit das Risiko, dass die Tiefzinsen zu einer neuen Normalität werden».

Martin Schlegel, stellvertretendes Mitglied des Direktoriums der SNB und Vertreter der SNB am Webinar, konterte, dass die Bank durchaus noch Handlungsspielraum habe, und dass die Zinsen erstens noch tiefer gehen könnten und zweitens Devisenmarktinterventionen ein bewährtes Instrument bleiben.

Aber auch der SNB ist klar, dass eine «geldpolitische Normalisierung in den grossen Währungsräumen aufgrund der Krise in weite Ferne geschoben» wurde.