Das Schweizer Unternehmen Blue Orchard führt den grössten Mikrofinanzfonds der Welt – und gehört seit vergangenem Jahr dem Asset Manager Schroders. Doch nun stottert der Motor. Ist der Fonds zu gross für Mikrofinanz geworden?

Es gibt einige Beobachter auf dem Finanzplatz, die behaupten: Der Verkauf des Schweizer Mikrofinanz-Managers Blue Orchard an den britischen Asset Manager Schroders habe vielen genutzt – der Sache der Mikrofinanz allerdings kaum. 

Tatsächlich hat Schroders mit Blue Orchard Zugang nicht nur Zugang zu einer neuen und stark gefragten Assetklasse erhalten. Die Briten haben auch Know-how und Expertenwissen dazu gewonnen, um die Themen Impact- und ESG-Investing breiter abdecken zu können.

Erfolg von Peter Fanconi

Die Blue-Orchard-Aktionäre haben mit dem Verkauf von rund 70 Prozent an Schroders ein sehr gutes Geschäft gemacht, und Verwaltungsratspräsident Peter Fanconi gelang – nach dem Verkauf des Hedgefonds Harcourt an Vontobel 2005 – ein zweiter lukrativer Exit.

Der Erfolg von Blue Orchard ist zu einem guten Teil Fanconi zuzuschreiben. Als der 53-Jährige Banker 2013 als CEO zum Unternehmen stiess, lagen im Microfinance Fund rund 200 Millionen Dollar. In der Folge gingen Fanconi und sein Verkaufsteam bei institutionellen Investoren «Klinken putzen», um das damals eher unbekannte Anlagethema Mikrofinanz populär zu machen.

Wachstum kommt zu einem Preis

Heute ist der Microfinance Fund mit knapp 2,5 Milliarden Dollar der grösste seiner Art und mit einer annualisierten Rendite von 3,6 Prozent (in Dollar) auch der renditestärkste. Mit den Geldern konnten in Schwellenländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas bislang mehr als 27 Millionen Kleinstunternehmen finanziert werden.

Doch Wachstum hat stets auch seinen Preis, auch bei Blue Orchard, wo es nach einer Reihe von Abgängen im Vertrieb zuletzt auch zu einem CEO-Wechsel kam, wie finews.ch berichtete.

Im vergangenen November wurde der Microfinance Fund geschlossen – ein vorübergehendes Soft-Closing, hiess es, um die Interessen der Investoren zu wahren und um die Anlagestrategie nicht zu verwässern. Seither nimmt der Fonds keine neuen Investorengelder mehr an.

Noch keine Öffnung geplant

Rund 500 Millionen Dollar liegen derzeit liquid im Fonds, also gut ein Fünftel. Doch Blue Orchard macht auch nach über acht Monaten «Soft Closing» keine Anstalten, den Fonds wieder zu öffnen.

Im Gespräch mit finews.ch sagte CEO Philipp Müller, die Pipeline fülle sich zwar wieder mit Projekten, «aber mit Blick auf die Corona-Pandemie bleiben wir vorsichtig in Bezug auf eine neuerliche Öffnung.» Die hohe Liquidität habe insbesondere saisonale Gründe und könne sich schnell ändern.

An Anlagemöglichkeiten sollte es bei zweistelligen Wachstumsraten im Mikrofinanz-Markt und mit Tausenden von Mikrofinanz-Instituten weltweit nicht fehlen. Schroders will denn auch alle seine rund 500 Milliarden Dollar an Kundengeldern in nachhaltige Anlagen stecken – gerade dafür hat er auch Blue Orchard gekauft.

Wächst die Bilanz, ändert sich das Kreditbuch

Ein Grund, warum der Mikrofinanz-Pionier Mühe bekundet, geeignete Projekte zu finden, könnte schlicht an der Grösse des Fonds liegen. Im Jargon spricht man dabei von einem «Style Drift»: Wächst die Bilanz einer Bank, ändert sich auch das Kreditbuch.

Die fünf wichtigsten Banken, mit denen Blue Orchard in Lateinamerika und in Georgien zusammenarbeitet, sind mit den Jahren beachtlich gewachsen. Mikrofinanz ist einerseits nicht mehr der Fokus, andererseits haben sich die langjährigen Mikrofinanz-Kreditnehmer auch weiterentwickelt und sind eher als KMU einzustufen.

 Kapazität könne noch ausgeweitet werden

Das sei zu begrüssen und zeige den Erfolg von Mikrofinanz, sagte Müller. Die Frage, ob die Bezeichung «Microfinance Fund» dann noch die richtige sei, beantwortete Präsident Fanconi so: «Die Bezeichnung ‹Microfinance Fund› ist selbstverständlich noch richtig. Denn sie bezeichnet genau das, war wir tun und weiterhin tun werden: Kredite im Bereich Mikrofinanz vergeben.»

Blue Orchard könne die Kapazität des Fonds noch massgeblich ausweiten.

Eine weitere Auswirkung des «Style Drifts» ist, dass die Korrelation des Fonds mit anderen Vermögensklassen eher zunimmt – ein Effekt, den Investoren möglicherweise nicht schätzen, zumal sie in Mikrofinanz investieren möchten, was möglichst wenig mit der Börse korrelieren sollte.

Trennung von Liechtensteiner Fonds

Das mag eine Rolle in der Entscheidung des Liechtensteiner EMF Microfinance Funds gespielt haben, sich im Frühling dieses Jahres von Blue Orchard als Advisor zu trennen.

Blue Orchard hatte den von namhaften Unternehmensstiftungen lancierten Fonds während drei Jahren verantwortet. Jetzt sind es ehemalige Mitarbeiter von Blue Orchard, die den Liechtensteiner Fonds führen – und wieder «pure Microfinance» machen wollen.

 

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