Bitcoin und Gold haben ihre Qualitäten als sichere Vermögenswerte in der Coronakrise bewiesen, sagt Yves Longchamp, Research-Chef der Seba Bank gegenüber finews.ch. Und er erklärt, wie aus der Volatilität im Bitcoin eine Rendite erzielt wird.


Herr Longchamp, Seba Bank bezeichnet krisenresistente Anlageklasse: Resistent ist Bitcoin angesichts seiner Volatilität jedoch keineswegs.

In der Covid-Krise hat die Suche nach Liquidität die Suche nach Sicherheit im März eindeutig dominiert. Infolgedessen verlor Gold mehr als 10 Prozent während sich die liquiden US-Staatsanleihen sehr gut entwickelten. Bitcoin ist von Natur aus näher an Gold als an US-Staatsanleihen und die Liquidität im Markt ist nicht mit derjenigen von US-Staatsanleihen vergleichbar. Dies ist der Hauptgrund, warum wir glauben, dass Bitcoin wie Gold ein sicherer Vermögenswert bleibt. Da sich die Bitcoin-Preisdeterminanten von allen anderen Anlageklassen unterscheiden, verbessert die Kryptowährung die Risiko-Diversifizierung eines Portfolios.

Eigentlich ist Bitcoin seit einem Jahr – da lag der Kurs bei knapp 11'000 Dollar – wieder im Abstieg begriffen. Warum?

Mitte Februar 2020 erreichte der Bitcoin Preis seinen höchsten Stand in diesem Jahr und lag knapp über 10'500 Dollar. Derzeit wird er bei 9'200 Dollar gehandelt. 
Zusätzlich zum Covid-Schock erlebte Bitcoin im Mai die sogenannte Halbierung – ein Ereignis, das alle vier Jahre stattfindet und sich dadurch auszeichnet, dass sich der Block Reward halbiert. Trotz dieser beiden negativen Schocks blieb der Bitcoin-Preis unter seinem von uns geschätzten Zielwert von 10'670 Dollar.

Seit dem grossen Absturz 2018 spricht die Kryptowelt ständig von neuen, bevorstehenden Höchstkursen des Bitcoins. Aber passieren tut es nicht. Warum?

Unser Fair-Value-Modell ergibt einen Preis von 10'670 Dollar pro Bitcoin, der deutlich unter dem Höchststand von 2018 liegt. Bitcoin-Fundamentaldaten zeigen an, dass sein Wert stetig steigt. An den Finanzmärkten ist es häufig der Fall, dass der Preis vom Fair-Value abweicht.

Seba Bank hat sich Volatilität in Bitcoin zunutze gemacht und ein Zertifikat lanciert, das mit einer annualisierten Rendite von bis zu 44 Prozent wirbt. Mit Verlaub: Das klingt zu gut, um wahr zu sein.

Die aufs Jahr hochgerechnete, maximale Rendite liegt durchaus auf diesem Niveau oder sogar höher. Dies ist deshalb möglich, weil die Schwankungsbreite des Bitcoin ein mehrfaches der Schwankungsbreite einer Aktie entspricht. Daher kann es für Anleger interessant sein, diese Volatilität über ein Zertifikat in eine hohe Zielrendite umzuwandeln.

Was ist das Downside bei diesem Zertifikat?

Das Dual Currency Zertifikat hat die Payoff-Struktur eines Short Puts auf Bitcoin/Dollar. Solange dieses Währungspaar am Verfalltag des Zertifikates nicht tiefer als 6 Prozent am Fixierungstag liegt, erhält der Anleger die Rendite von 3,23 Prozent für die Laufzeit von gut drei Wochen. Notiert Bitcoin/Dollar am Verfalltag jedoch tiefer als der Strike Price, erfolgt eine Rückzahlung im Gegenwert des Bitcoin/Dollar-Kurses am Verfalltag plus proportionale Rendite.  

In der Coronakrise lag der Fokus viel mehr auf Gold als auf Bitcoin. Was fehlt der Kryptowährung, um als Assetklasse in einem Atemzug genannt zu werden?

Kryptowährungen sind neu, ihre Funktionsweise unterscheidet sich stark von allen anderen Anlageklassen und sie werden häufig mit Argwohn betrachtet. Dies sind unserer Ansicht nach wesentliche Gründe,  warum sie noch nicht wie Gold angesehen werden.

«Diese Entwicklungen gehen Hand in Hand»

Die Blockchain-Technologie, die Kryptowährungen zugrunde liegt, hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. J.P. Morgan schlägt eine JPM-Münze vor, um die Interbankenzahlungen zu verbessern. Die Zentralbanken entwickeln CBDC – Central Bank Digital Currencies – und Facebook zeigt mit dem Stable Coin Libra das wachsende Interesse an Lösungen auf Basis dieser Technologie. In Bezug auf Investitionen beobachten wir auch ein wachsendes Interesse von institutionellen Anlegern an Digital Assets und den Möglichkeiten, die sich ihnen bieten. So hat zum Beispiel Paul Tudor Jones, der legendäre Hedgefonds-Manager, zwischen 1 und 2 Prozent seines Vermögens in Bitcoin investiert.

Eine Assetklasse muss, um im institutionellen Bereich sich etablieren zu können, liquide sein. Aber Bitcoin wird gehalten und nur wenig gehandelt. Muss sich das ändern?

Ohne Liquidität zieht ein Markt keine institutionellen Anleger an, und ohne institutionelle Anleger ist der Markt nicht liquide. Wir glauben, dass diese Entwicklungen Hand in Hand gehen. Wir stellen fest, dass institutionelle Anleger in Kryptowährungen investieren und dass sich die Gesellschaft vermehrt für die Themen Kryptowährungen und Blockchain interessiert.

«Die hohe Transparenz verringert das Manipulationsrisiko»

Es gibt Informationsbedarf und Schulungsangebote in diesen Bereichen und es werden Standard-Finanzprodukte entwickelt – dies alles sind Signale, dass sich die Akzeptanz ständig vergrössert.

Untersuchungen zeigen, dass der grösste Anteil von Bitcoin in den Händen weniger Investoren liegt. Das ist ein Risiko für Marktmanipulation. Wie gehen regulierte Anbieter wie Seba Bank mit diesem Risiko um?

Es ist wahr, dass einige Wale viele Bitcoins halten. Im Gegensatz zu herkömmlichen Finanzierungen sind alle Wallets von Bitcoin-Inhabern für jeden sichtbar. Während die Pseudonymität verhindert, dass beispielsweise bei einem Bankkonto bekannt ist, wer sich hinter der Wallet befindet, können alle Transaktionen auf die jeweilige Wallet zurückgeführt werden. Dank dieser hohen Transparenz wird jede Transaktion, die aus dem Wallet eines Wals getätigt wird, sofort bearbeitet. Und gerade dieses hohe Mass an Transparenz verringert das Risiko von Marktmanipulationen.


Yves Longchamp ist Head Research bei Seba Bank. Zuvor war er tätig bei Ethenea, Pictet, UBS und bei der Schweizerischen Nationalbank. Marktfinanzierung und Makroökonomie sind die Forschungsthemen die ihn von der Nationalbank zu Grossbanken und Vermögensverwaltern in die Welt der digitalen Assets führte.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.88%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.34%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
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