Viele Menschen in Hongkong würden ihre Worte in der Öffentlichkeit mittlerweile sehr sorgfältig wählen, sagt Herbert Chow, Inhaber der Kinderbekleidungskette Chickeeduck, in einem Interview mit finews.ch. Er äussert sich auch über den kulturellen Wandel in der Stadt und die Bedrohung ihrer Rolle als Finanzzentrum.


Herbert Chow, ist Hongkongs langfristiger Status als internationaler Finanzplatz gefährdet?

Ja, ganz bestimmt. Ich stelle bereits jetzt fest, dass viele Menschen in der Öffentlichkeit ihre Worte und Entscheidungen sehr sorgfältig wählen. Bei bestimmten Themen lachen Sie auch nicht mehr so laut wie früher.

Vielleicht erinnern Sie sich an den Chefökonomen einer chinesischen Bank, der gerügt wurde, nur weil er behauptete, die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des SARS-Ausbruchs seien grösser gewesen als diejenigen der pro-demokratischen Proteste. Das kam nicht gut an. Das neue Umfeld wird manchen Menschen noch viel Unbehagen bereiten.

Einige Sektoren sind stärker betroffen als andere. Die Unterhaltungsindustrie ist ein offensichtliches Beispiel dafür, dass bestimmte Inhalte eingeschränkt werden. Im Finanzsektor ist dies ebenfalls der Fall.

Können Sie das etwas genauer erklären?

Ich habe viele Freunde, die in der Finanzbranche arbeiten. Wenn wir uns unterhalten, machen wir oft Witze darüber, dass es nur sehr wenige Branchen gibt, die den US-Präsidenten Donald Trump so offen kritisieren.

«Das wird viele Expats dazu bewegen, Hongkong den Rücken zu drehen»

Wer jedoch ein staatliches oder halbstaatliche chinesisches Unternehmen kritisiert, sollte sich dies besser zweimal überlegen.

Warum?

In der Vergangenheit war es absolut sicher, frei zu reden und seine Meinung zu äussern. Jetzt sollte man sich davor hüten. Das wird über kurz oder lang auch die Arbeit der Finanzanalysten beeinträchtigen und damit auch der Investmententscheide.

Welche Auswirkungen wird diese Entwicklung auf die Expats in Hongkong haben?

Ich denke, das wird viele Expats dazu bewegen, Hongkong den Rücken zu drehen.

Bislang jedoch galt Hongkong als attraktive Stadt mit einer hohen Lebensqualität, tiefen Steuern und keinerlei Zwängen.

Ja, aber er geschäftlich mit China zu tun hat und sich der Situation anpassen kann, muss sich heute fragen: Warum nicht Schanghai? Das ist eine viel grössere Stadt mit enormen Möglichkeiten und natürlich viel grösseren Wohnungen zum gleichen Preis wie in Hongkong.

Glauben Sie angesichts der jüngsten Entwicklungen in Hongkong, dass Politik und Wirtschaft nebeneinander weiter existieren können?

Ich denke nicht, dass Politiker und Geschäftsleute sich vermischen sollten. Aber ich befürchte, dass es innerhalb der Unternehmen zwangsläufig mehr Raum für Politik geben wird.

«Dieses Vertrauensvotum aus der Bevölkerung hat mich sehr glücklich gestimmt»

Mit der Lady-Liberty-Statue (Bild unten), die ich als pro-demokratisches Symbol in einem meiner Ladengeschäfte aufgestellt habe, habe ich politisch Farbe bekannt. So habe ich erfahren, wie viele Menschen in Hongkong diese Aktion begrüsst haben.

Dieses Vertrauensvotum aus der Bevölkerung hat mich sehr glücklich gestimmt. Insofern werde ich meine unternehmerische Position weiterhin dazu nutzen, diese positive politische Botschaft an unsere Zentralregierung zu verbreiten.


Lady 513

Herbert Chow Siu-lung, geboren 1964, war mehr als ein Jahrzehnt als Marketing-Führungskraft für verschiedene Top-Marken in Hongkong tätig, bevor er 1999 Chickeeduck erwarb und seitdem als dessen CEO fungiert. Chow war Anfang dieses Jahres in den Schlagzeilen, nachdem er in einem seiner Geschäfte die Statue der «Lady Liberty» aufgestellt hatte, was er als einen Versuch verstand, die demokratischen Prinzipien neu zu beleben und der Angst vor einem offenen Dialog entgegenzuwirken.

Im vergangenen Juli gab er auch bekannt, für einen Sitz in der Legislative Hongkongs zu kandidieren. Die Wahlen waren ursprünglich für den 6. September 2020, geplant, wurden aber verschoben, angeblich wegen der Coronakrise, was aber bis heute umstritten ist.

 

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