Eine unkritische Finanzanalystin der Commerzbank informierte das Top-Management von Wirecard heimlich darüber, dass in Investorenkreisen ein Betrugsverdacht gegen den deutschen Zahlungsdienstleister kursierte. Das hat ein Nachspiel.  

Eine renommierte Kaderfrau der deutschen Commerzbank lieferte dem Wirecard-Management vertrauliche Informationen aus Analystenkreisen, wie die britische Finanzzeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) am Freitag meldete. Auch «Spiegel Online» (Artikel bezahlpflichtig) berichtet gleichentags darüber.

Konkret setzte die Analystin Heike Pauls den Finanzchef Burkhard Ley sowie die Investors-Relations-Chefin von Wirecard, Iris Stöckl, darüber in Kenntnis, dass unter Investoren ein Betrugsverdacht kursierte.

«Zu gut, um wahr zu sein»

Diese Informationen waren Pauls im Verlauf von Gesprächen mit dem Hedgefonds Greenvale Capital zugetragen worden. Dieser hatte bereits 2016 festgestellt, dass die Geschäftszahlen des Zahlungsdienstleisters Wirecard «zu gut aussähen, um wahr zu sein», und dass «nicht alles, aber zumindest ein Grossteil des Geschäfts fake» sein müsse. Daraus leiteten die Investmentspezialisten von Greenvale ihren Betrugsverdacht ab.

Damit lagen sie nicht einmal falsch. Denn im vergangenen Juni stellte sich heraus, dass der deutsche Konzern bilanzierte Vermögenswerte von nicht weniger als 1,9 Milliarden Euro nicht hatte belegen können – und in der Folge Insolvenz anmelden musste.

Stutzig geworden

In mehreren, sehr persönlich gefärbten Mails warnte Pauls das Management von Wirecard vor dem kritischen Investor Greenvale Capital. Darüber hinaus betonte sie, dass Greenvale insbesondere anlässlich der Übernahme des Perpaidkarten-Geschäfts der Citigroup in Indien durch Wirecard stutzig geworden sei.

In anderen Passagen der E-Mail geht Pauls auf weitere Geschäfte ein, durch die bei Greenvale Betrugsverdacht aufgekommen sei. Insbesondere hege der Investor den Verdacht, die Ankündigung der Partnerschaft mit Alipay sei von Wirecard aufgebauscht worden.

Nur lobende Worte

Im Frühjahr 2019 verfasste die Commerzbank-Analystin noch eine Research-Note, in der sie die Recherchen der «Financial Times», die letztlich den Wirecard-Skandal ans Tageslicht brachten, als «Fake News» bezeichnete.

In ihrer Funktion als Finanzanalystin wäre sie zu einer unabhängigen und neutralen Berichterstattung verpflichtet gewesen. Die Commerzbank zog später diesen Report wieder zurück und entschuldigte sich bei den Empfängern.

Interne Untersuchung

Während die behördlichen Untersuchungen zum Wirecard-Fall in Deutschland immer weitere Kreisen ziehen, ist auch die Commerzbank in Sachen Heike Pauls nicht ganz untätig geblieben.

Dem Vernehmen nach ist der Research-Bereich der Analystin (Telekommunikation und Medien) temporär ausgesetzt worden und soll intern neu verteilt werden. Ausserdem sei eine interne Untersuchung im Gang.  

Längst tabu

Unter diesen Prämissen kommt das deutsche Magazin «Der Aktionär» zu einem klaren und zugleich mitleidlosen Fazit: «Analystin Pauls droht damit nun womöglich das gleiche Schicksal wie der Wirecard-Aktie – nämlich das Abstellgleis. Denn auch wenn der Kurs zuletzt wieder allerhand Kapriolen geschlagen hat: Als ernsthaftes Investment ist die Wirecard-Aktie längst tabu.»

   

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