Die Sanktionen im Zahlungsverkehr mit Russland sorgen juristisch gesehen für eine Reihe von Grauzonen. Das könnte auch für eine Schweizer Grossbank Folgen zeitigen.

Darf man die Coupons auf russische Anleihen an die Investoren ausschütten oder nicht? Dürfen westliches Unternehmen die Miete für die Niederlassung in Moskau zahlen, wenn der Vermieter sanktioniert ist? Das sind Fragen, die derzeit Juristen auch von Finanzunternehmen schwer beschäftigen – auf die Ankündigungen der letzte Woche folgt nun das Hickhack des Vollzugs.

Im Anleihenbereich treffen die Akteure auf ungewohnte Zustände. Der Zahlungsfluss zwischen Anleihe-Emittenten und Anlegern ist gestört, wie die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete. Die Anwälte bei Banken und anderen Finanzinstituten sind damit beschäftigt, die Risiken abzuschätzen, wenn es darum geht, im Auftrag von Unternehmen mit Verbindungen zu Russland zu handeln.

Zwischen Stuhl und Bank

In der Regel können Fondsmanager davon ausgehen, dass die Coupon-Zahlungen von Anleihen regelmässig und sicher auf ihrem Konto landen. Doch die EU-Sanktionen, denen sich auch die Schweiz angeschlossen hat, bringen das Räderwerk des Finanzwesens ins Stocken.

Firmen, die diese Zahlungen abwickeln, geraten rechtlich gar zwischen Stuhl und Bank. Welche Verpflichtungen können sie erfüllen, ohne gegen die Beschränkungen zu verstossen? Anderseits drohen den Unternehmen Klagen von Kunden, wenn diese wegen Eingriffen Zahlungsausfälle erleiden.

Auf dies Seite des Zauns kommt es an

«Als Portfoliomanager ist es normalerweise nicht unsere Aufgabe, die Feinheiten der Zahlungssysteme zu verstehen. Aber jetzt müssen wir alle aufpassen», erklärte ein US-Fondsmanagerin der Zeitung.

Inzwischen gebe es eine Reihe von Fällen, bei denen nicht klar sei, ob eine Zahlung erfolgt ist oder nicht. Was nicht bedeuten muss, dass nicht gezahlt wurde, wird ein britischer Anwalt zitiert. «Es kommt darauf an, auf wessen Seite des Zauns das Problem liegt».

Amerikaner frieren Zinszahlungen ein

Als Beispiel wird der Stahlkocher Sevestal genannt. Das Unternehmen ist nicht sanktioniert, wohl aber sein Mehrheitsaktionär Alexei Mordaschow, der in Grossbritannien und der EU auf der Liste steht, aber nicht in den USA. Hier hat die US-Bank Citigroup offenbar eine Zinszahlung in Höhe von 12,6 Millionen Dollar an Fonds eingefroren.

Auch der Goldproduzent Petropawlowsk habe am vergangenen Freitag eine fällige Zinszahlung in Höhe von 560’000 Dollar nicht leisten können. Grund hier: Grossbritannien hat die Vermögenswerte des Hauptkredit-Gebers Gazprombank festgesetzt.

CS bei Firma von Roman Abramowitsch zur Miete

Einem rechtlichen Problem ganz anderer Art sehen sich eine Reihe westlicher Firmen gegenüber, die weiterhin in Russland aktiv sind. Laut der «Financial Times» sind die Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS), die US-Konkurrentin Morgan Stanley, British American Tabaco (BAT) und Imperial Brands Mieter zur Miete in Moskauer Gebäuden, die der Millhouse-Investmentgruppe von Roman Abramowitsch gehören.

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(Büro der JSC Bank Credit Suisse; Bild: Four Winds Plaza)

Abramowitsch, Noch-Eigentümer des Fussballclubs Chelsea, steht auf den Sanktionslisten des Vereinigten Königreichs und der EU. Damit ist es den Unternehmen untersagt, Zahlungen an ihn oder seine Unternehmen zu leisten. Doch Zahlen die Unternehmen den Zinse nicht, könnten sie aus ihren Büros geschmissen werden.

Verträge überdauern Sanktionen

«Vertragliche Verpflichtungen werden durch Sanktionen nicht unbedingt hinfällig», wird ein Londoner Anwalt zitiert. «Die Sanktionen machen Geschäfte in Russland zunehmend schwieriger, in vielen Fällen sogar unmöglich. Mehr und mehr Unternehmen wollen sich einfach auflösen und verschwinden», so der Anwalt weiter.

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