Einzelne Institute sind gegenüber Russland exponiert, mahnt der neue Direktor der Finanzaufsicht an deren Jahreskonferenz. Den Flächenbrand für den Finanzplatz sieht Urban Angehrn jedoch nicht – und gibt sich sonst zugeknöpft.

«Aus unserer Sicht besteht gegenwärtig keine systembedrohende Lage»: Das ist das Fazit von Urban Angehrn zu den Folgen der Ukraine-Krise. An der Jahreskonferenz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) vom Dienstag schätzte der vergangenen November neu angetretene Direktor die Risiken, die dem Finanzplatz aus dem Konflikt erwachsen, als vergleichsweise klein ein.

Natürlich gebe es einige wenige Institute, die stärker betroffen sind, räumte Angehrn ein. Er verwies hier etwa auf «Spezialisten» wie die in der Rohstoffhandels-Finanzierung aktiven Banken. Bei diesen seien die Risiken jedoch bereits rückläufig, da die Kreditkontrakte in der Regel eine Laufzeit von drei Monaten hätten.

Indirektes Risiko

Besonders unter die Lupe nimmt die Finma die systemrelevanten Grossbanken. Aber auch hier: Entwarnung vom Direktor der Aufsicht. Insgesamt seien die Risiken durch «Erstrunden-Effekte» für den Finanzplatz überschaubar.

Nur in einer Zeile liess Angehrn anklingen, dass manche Gefahrenquellen im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ukraine noch gar nicht richtig sichtbar sind. «Wir beobachten die Situation weiterhin, so auch, ob der Krieg weitere, indirekte Effekte auf die Finanzmärkte hat.» Zu den indirekten Effekten zählt wohl auch das Reputations-Risiko für den Schweiz und ihren Finanzplatz, das sich durchaus rasch vergrössern könnte, wie finews.ch bereits analysierte.

Mickrige Ausbeute

So haben sich sowohl Politiker in den USA wie auch wiederholt aus der Ukraine besorgt mit der Frage geäussert, ob die hiesigen Finanzdienstleister die Sanktions-Politik ernst genug nehmen. Der gedankliche Sprung, die Schweiz und ihren Finanzplatz als Nutzniesser des Kriegs darzustellen, ist da wohl nicht mehr weit. Die scheinbare Trägheit, mit der sich Bund, Kantone und Behörden dem Thema annehmen, droht entsprechende Vorurteile zu bestätigen.

Der Finma-Direktor beteuerte zwar: «Banken nehmen das Thema Sanktionen sehr ernst.» Doch die Ausbeute der Bemühungen scheint – zumal in der Aussensicht – minimal. So hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) infolge der Sanktionen gegen Russland bisher 5,75 Milliarden Franken an Vermögenswerten festgesetzt.

Seco am Drücker

Dies kontrastiert mit der Zahl von 874 ersonen und 64 Unternehmen und Organisationen auf den Schweizer Sanktions-Listen sowie den rund 200 Milliarden Franken an russischen Vermögen, welche die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) unlängst auf Konten bei hiesigen Banken vermutete. Eine Zahl, die übrigens Angehrn seinen eigenen Schätzungen zufolge für plausibel hält.

Die Finma ist dabei mit dem Fakt konfrontiert, dass das Seco die Massnahmen die Kontosperrungen umsetzt; die Finanzaufsicht darf allein darauf achten, dass die Banken und Versicherer den Rechtsrahmen einhalten.

Weiter ins Detail mochte der neue Finma-Direktor gegenüber den Medien in der Sache nicht gehen. «Ich gebe Ihnen keine Namen», erklärte er an der Konferenz vom Dienstag. Das entspricht zwar den Gepflogenheiten der Aufsicht, kaum je beaufsichtigte Unternehmen zu benennen; dennoch ist bei Angehrn ein merklich reservierterer Ton gegenüber der Öffentlichkeit wahrzunehmen.

Kein Blick ins Blatt

Wo Vorgänger Mark Branson gerne aus eigenem Antrieb Themen lancierte, lässt sich der ehemalige Assekuranz-Manager offensichtlich nur ungern in die Karten blicken. Die Debakel bei der CS, die Fülle der Geldwäscherei-Fälle, die bei der Finma liegen – seine Äusserungen dazu blieben minimal.

Wie er durchblicken liess, steht für den neuen Direktor das «Aufsichts-Interesse» bei der Kommunikation im Vordergrund. Sprich: Was nützt es der Arbeit der Behörde, wenn Details zu Untersuchungen nach aussen dringen? Die Antwort darauf scheint Angehrn für sich an diesem Dienstag schon gefunden zu haben.

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