Dass es der Credit Suisse nicht gelungen sei, die schwierige Situation allein zu meistern, verwundere nach wie vor viele Kundinnen und Kunden, sagt Andreas Luder, CEO des Zürcher Vermögensverwalters Lumen Capital, im Interview mit finews.ch. Darum sorgten sie sich nun um die Sicherheit ihrer Depotbanken und würden sich fragen, welche Möglichkeiten zur Risikominderung bestünden.  


Herr Luder, nach mehr als 25 Jahren bei der UBS haben Sie vor einem Jahr den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Sie sind nun Partner und CEO der neugegründeten Finanz-Boutique Lumen Capital in Zürich. Was gab den Ausschlag dafür?

Den Traum der unternehmerischen Selbständigkeit hegte ich schon als Student. Über die vergangenen Jahre habe ich diesen Traum dann zu einem konkreten Ziel umformuliert. Im vergangenen Jahr kamen die erforderlichen Komponenten zusammen, um den entscheidenden Schritt zu vollziehen: die richtigen Partner, das passende Setup und den grossen Zuspruch meines persönlichen Umfelds.

Als Unternehmer und Mitinhaber von Lumen Capital kann ich nun auf der Seite unserer Kundschaft stehen und als unabhängiger Berater und Einkäufer von ganzheitlichen passenden Lösungen agieren. Ich bin nun nicht mehr einfach ein Produkteverkäufer. Zudem kann ich jetzt individuell auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden eingehen und ihnen einen sehr persönlichen Service bieten, ohne Rücksicht auf interne, bankspezifische Befindlichkeiten.

Das sagen alle – sowohl die Banken als auch die unabhängigen Vermögensverwalter. Damit unterscheiden Sie sich noch kaum von der Konkurrenz.

Drei Kernelemente zeichnen die DNA von Lumen Capital aus: erstens eine 360-Grad-Kundensicht. Wir kümmern uns um die ganzheitlichen Interessen unserer Kundinnen und Kunden und behandeln ihre finanziellen Angelegenheiten so, als wären es unsere eigenen.

«Viele Kundinnen und Kunden sorgen sich um die Sicherheit ihrer Depotbanken»

Zweitens ein interdisziplinäres Team von Beratern und Anlagespezialisten, die Hand in Hand im Sinne unserer Kundinnen und Kunden arbeiten. Unsere Portfolio-Manager in Asien verleihen uns zusätzlich ein einzigartiges Differenzierungsmerkmal gegenüber unseren Mitbewerbern.

Drittens ein umfassender Wissens- und Erfahrungsschatz im Bereich der Kapitalmärkte und in der Betreuung vermögender Privatkunden. Wir profitieren zudem von der Erfahrung unseres Verwaltungsratspräsidenten, Wilfried Kofmehl, Gründer von Lumen Capital Investors (LCI), einem seit mehr als zwölf Jahren unabhängigen Vermögensverwalter und Multi-Family-Office in den boomenden Finanzmetropolen Singapur und Hongkong. Ausserdem kommt uns die gut vierzigjährige Erfahrung im Wealth Management und in den Privatmärkten unseres Verwaltungsrats, Nick Pfau, zugute.

Apropos Grossbanken: Wie haben Ihre Kundinnen und Kunden auf den Niedergang der Credit Suisse (CS) als eigenständige Bank reagiert?

Unterschiedlich, aber grundsätzlich mit grossem Bedauern, dass es einem so international tätigen Traditionshaus des Bankenplatzes Schweiz nicht gelungen ist, die schwierige Situation allein zu meistern. Gleichzeitig sorgen sich die Kundinnen und Kunden um die Sicherheit ihrer aktuellen Depotbanken und fragen sich, welche Möglichkeiten zur Risikominimierung bestehen.

Und was haben Sie ihnen gesagt?

Wir haben versucht, auf alle Fragen und Sorgen einzugehen und unsere Kundinnen und Kunden bestmöglich zu beraten. Wir haben auch betont, dass wir als unabhängiger Vermögensverwalter von der CS-Krise nicht betroffen sind und unsere Dienstleistungen weiterhin in hoher Qualität anbieten können.

Wie stark hat das CS-Debakel die Reputation des Schweizer Finanzplatzes beeinträchtigt?

Der Niedergang ist tatsächlich eine traurige Entwicklung für den Finanzplatz und für die vielen Mitarbeitenden der Bank. Kurzfristig denke ich schon, dass der Ruf des Bankenplatzes Schweiz in Mitleidenschaft gezogen wird. Mittelfristig kann sich der Fokus aber schnell wieder auf andere Themen verlagern.

«Es wird viel Zeit brauchen und ein steiniger Weg sein»

Entscheidend wird sein, den Fall sauber aufzuarbeiten und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ich hoffe, dass es jetzt nicht zu einer neuen Welle von zusätzlichen Regulierungen kommt. Das würde dem Finanzplatz nicht helfen. Grundsätzlich sehe ich für den Finanzplatz Schweiz in den nächsten Jahren aber weiterhin grosses Potenzial, nicht zuletzt aufgrund der politischen Entwicklung in anderen Regionen der Welt, beispielsweise Asien. China setzt Finanzplätze wie Hongkong oder Singapur zunehmend unter Druck.

Was ist Ihre Prognose, wie es mit der UBS und der CS weitergeht

Ich bin überzeugt, dass es der neuen UBS-Führung gelingen wird, einen überzeugenden Swiss Global Player auf die Beine zu stellen. Es wird aber viel Zeit brauchen und ein steiniger Weg sein.

Werden Sie nun Kundenberaterinnen und -berater der CS engagieren?

Das ist nicht ausgeschlossen. Aber momentan führen wir noch keine weit fortgeschrittenen Gespräche. Wir starteten erst vor gut einem Jahr, nach Erhalt der Finma-Lizenz. Seither sind wir sieben Mitarbeitende und betreuen Kundenvermögen von bereits mehr als einer Milliarde Franken.

Zudem ist es uns wichtig, dass Persönlichkeiten zu uns stossen, die zu uns passen, unsere Werte vertreten und unternehmerisch etwas erreichen wollen. Wir wollen als Team Topleistungen erbringen, aber auch zusammen Spass haben. Und wir gehen davon aus, dass es immer wieder Kundenberaterinnen und -berater von grösseren Banken geben wird, die eine Tätigkeit bei einem unabhängigen Vermögensverwalter attraktiv finden.

Welche Prioritäten setzen Sie sich selbst als Kundenberater?

Als leidenschaftlicher Tennisspieler habe ich den sportlichen Ehrgeiz, das Beste für meine Kundinnen und Kunden zu erreichen. Aus dem Tennissport kann ich dabei einige Eigenschaften mitbringen, die für meinen Beruf als Vermögensverwalter nützlich sind.

Zum Beispiel strategisches Denken, um die Stärken und Schwächen der Gegner zu analysieren, eine schnelle Reaktionsfähigkeit, um auf Marktveränderungen angemessen zu reagieren, und ein gutes Durchhaltevermögen in schwierigen Situationen.

«Danach gilt es, die Ziele laufend im Auge zu behalten»

Für jede Kundin und jeden Kunden erstelle ich ein massgeschneidertes Vermögenskonzept, das auf die definierten Anlageziele ausgerichtet ist. Danach gilt es, die Ziele laufend im Auge zu behalten und konsequent auf deren Erreichung hinzuarbeiten. Entscheidend ist auch, flexibel, nachvollziehbar und gegenüber den Kundinnen und Kunden transparent zu handeln.

Was heisst das in der Praxis?

Das kann ich in vier Punkten zusammenfassen: Wir sorgen für eine hohe Qualität unserer Beratung. Wir haben einen flexiblen Anlageprozess entwickelt, um rasch auf Entwicklungen reagieren zu können. Wir verfügen über eine breite, offene Plattform, um adäquate Lösung anzubieten. Und wir legen grossen Wert auf effiziente Prozesse und Digitalisierung.


Andreas «Andy» Luder ist seit Juni 2022 CEO und Partner von Lumen Capital (Schweiz). Zuvor war er viele Jahre bei der UBS tätig, wo er zu Beginn seiner Karriere unter anderem auch drei Jahre in Singapur tätig war. Danach arbeitete er in verschiedenen Funktionen im UBS Wealth Management. Er verfügt über einen Master in Wirtschaftswissenschaften der Universität Zürich und ist zertifizierter Wealth Management Advisor für den Schweizer Markt. Die in Zürich ansässige Firma Lumen Capital (Schweiz) ist unabhängig und verfügt seit Mai 2022 über eine Lizenz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) als unabhängige Vermögensverwalterin.