Die Coronakrise hat auch die Versicherungsbranche beeinträchtigt. Viele Unternehmen trennen sich nun von einzelnen Geschäftsbereichen. Für spezialisierte Firmen sind diese Altlasten-Portefeuilles ein lukratives Geschäft.

Der Versicherungssektor zählt zu den wenigen globalen Branchen, die sich trotz Digitalisierung der Disruption entziehen konnten. Tatsächlich gelang es den meisten Unternehmen über die vergangenen Jahre, ihre Geschäftsmodelle mehr oder weniger erfolgreich fortzuführen.

Doch das könnte sich nun ändern. Denn aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie dürften die Prämieneinnahmen und das Anlagekapital in Mitleidenschaft gezogen werden – zumal sich im anhaltenden Tief- oder Negativzinsumfeld rückläufige Prämieneinnahmen nicht so leicht durch eine höhere Anlage-Performance oder durch eine globale Diversifikation erzielen lassen.

Gänzlich neue Geschäftsmodelle

Um die Profitabilität zu sichern und die Kapitalquoten zu halten, sind daher Massnahmen gefragt, welche die Versicherungsbranche disruptiv verändern werden. Dazu gehören Fusionen und Übernahmen, die Abspaltung einzelner Firmenteile oder gänzlich neue Geschäftsmodelle.

Parallel dazu werden gewisse Geschäftsbereiche eingestellt, weil sie nicht mehr in die jeweilige neue Strategie passen, respektive obsolet sind. Die fortlaufend verschärfte Regulierung innerhalb der EU dürfte diese Entwicklung unter den rund 2'500 Nichtleben-Versicherungen noch zusätzlich beschleunigen.

Digitale Plattformen

In die Bresche springen hoch spezialisierte Firmen, die diese Altlasten-Portefeuilles übernehmen. Sie verwalten die Risiken weiter und wickeln das Geschäft bis zum Auslaufen der letzten Police ab. Zu den führenden Firmen auf diesem Gebiet zählt die Hamburger Gossmann & Cie. Dank der fortschreitenden Digitalisierung kann das Unternehmen die Verbindlichkeiten und Risiken über die verbleibenden Jahre sehr genau feststellen, wie Firmengründer und CEO Arndt Gossmann im Gespräch mit finews.ch erläutert.

Zum Einsatz kommt dabei die digitale Versicherungsplattform Legacy 2.0, die gemeinsam mit dem Zürcher Software-Unternehmen Deon Digital entwickelt wurde. Sie ermöglicht dank einer datengesteuerten und skalierbaren Software in der Cloud die Automatisierung und Rationalisierung von Abläufen.

Digitales Rückgrat

Dank der Leistungsfähigkeit einer Distributed Ledger Technologie (DLT) lassen sich die Verträge automatisch verwalten. «Legacy 2.0 ist ein Paradigmenwechsel dazu, wie die Run-off-Abwicklung von Versicherungspolicen bisher funktionierte», erklärt Gossmann weiter. «Die Plattform ist das digitale Rückgrat des Unternehmens.»

Das sogenannte Legacy-Geschäft verfügt gemäss neusten Zahlen über ein riesiges Potenzial. Die Beratungsfirma PwC beziffert in ihrer «Global-Run-off-Studie 2021» das Geschäftsvolumen in Europa und Grossbritannien auf mehr als 300 Milliarden Dollar. Und weltweit ist von Gesamtvolumen von fast 900 Milliarden Dollar die Rede sowie von einem jährlichen Marktwachstum von knapp 10 Prozent.

Neue Anlageklasse

Gleichzeitig stellt das Legacy-Geschäft auch eine neue Anlageklasse dar, die im derzeitigen Zinsumfeld umso attraktiver ist. Zudem korreliert sie höchstens geringfügig mit der Entwicklung an den Finanzmärkten oder rezessiven Bedingungen in der Welt. Vor diesem Hintergrund will Gossmann & Cie. den ersten Insurance Liability Management Fund (ILFM) lancieren, wie weiter zu erfahren war.

Dabei investiert der ILMF in auslaufendes und aufgegebenes Versicherungsgeschäft von europäischen Nicht-Lebensversicherungen. Im Zuge dieser Aktivitäten kommt dem Fonds die Prämie zugute, die ein Versicherer für die De-Konsolidierung von Altbeständen zahlt. Unter diesen Prämissen peilt Gossmann eine Rendite im tiefen zweistelligen Bereich an.

Niederlassung in Zürich geplant

«Die realistische Vorhersagbarkeit und Nichtkorrelation zu den externen Makrobedingungen sind eine wichtige Absicherung für den Erfolg des Portfolios und so auch für den Fonds», erklärt der Firmengründer. Die Schweiz sei mit ihrer hohen Dichte an Family Offices, unabhängigen Vermögensverwaltern und Banken auch prädestiniert, solche Anlagemöglichkeiten zu vertreiben, wie Gossmann weiter erklärt. Darum plant er noch diesem Jahr, eine Niederlassung in Zürich zu eröffnen.

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